Corona und die Folgen Zuhören und reden hilft in Krisenzeiten

Homburg · Das Caritaszentrum Saarpfalz arbeitet derzeit – bis auf einige Angebote wie die Hospizbegleitung – telefonisch und online. Die Beratung wird stark nachgefragt.

 Häuslicher Stress und Streitigkeiten sind eine große Belastung.

Häuslicher Stress und Streitigkeiten sind eine große Belastung.

Foto: Caritas

„Sei gut, Mensch“, heißt die aktuelle Jahreskampagne der Caritas – ein Motto, das in der Corona-Krise gerade aktueller ist denn je. Eigentlich habe man damit auf die Diffamierung von ehrenamtlichen Helfern als „Gutmenschen“ reagieren wollen. „Jetzt brauchen wir wieder die Gutmenschen“, sagt Andreas Heinz, Leiter des Caritaszentrums Saarpfalz mit Sitz in Homburg.

Denn gerade zurzeit in der Corona-Krise zeige sich, dass viele Saarländer und auch Geflüchtete bereit seien, anderen Gutes zu tun, zum Beispiel in der Nachbarschaftshilfe beim Einkaufen. „Und wir wollen auch jetzt in der Krise Sterbende nicht allein lassen und halten deshalb unsere Hospizbegleitung, wo 70 Ehrenamtliche tätig sind, aufrecht.“ Natürlich unter Beachtung von Schutz- und Hygienemaßnahmen – gleiches gilt für die Essensausgabe an Wohnungslose im St. Ingberter „Treff em Gässje“ und die Verwaltung der Postadressen. Die Caritas nimmt dabei für über 700 Wohnungslose in der Saarpfalz die Post an (in Homburg für rund 40 bis 50 Wohnungslose), so gelangen zum Beispiel Behördenschreiben zu ihrem Empfänger, auch wenn der keinen festen Wohnsitz hat. Ein Angebot, das immer mehr und vor allem jüngere Kunden der Beratungsstelle in Anspruch nehmen.

Die Beratung der Caritas läuft derzeit telefonisch und online –  „obwohl wir schon merken, dass der persönliche Kontakt zu den Ratsuchenden fehlt“, räumt Heinz ein. Einmal aus ganz praktischen Gründen: Zum Beispiel bei Migranten mit (noch) geringen Sprachkenntnissen ist die Verständigung per Telefon schwieriger. Und manches lässt sich im persönlichen Kontakt doch anders besprechen. Die Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung des Caritas-Zentrums Saarpfalz hat eine Hotline eingerichtet.

Jetzt in der Corona-Krise rufen deutlich mehr Menschen bei der Beratung an, auch viele, die vorher noch nie Kontakt zur Caritas hatten  – die Themen hier seien vor allem Stress und Streitigkeiten in der Familie, Isolation durch die Ausgangsbeschränkungen, Ängste wegen der Krankheit, aber auch Existenzängste und finanzielle Probleme, skizziert Andreas Heinz ein weites Themenfeld.

„Es ist schon eine Verunsicherung zu spüren, viele haben Angst, oder fühlen eine individuelle Bedrohung, zum Beispiel, wenn sie Asthmapatienten sind. Und auch Fragen wie ‘Ist das alles denn notwendig?’ kommen zur Sprache.“ Durch die Corona-Krise und die damit verbundenen Ausgangsbeschränkungen und Veränderungen brechen für viele gewohnte Strukturen im Alltag, in Arbeit, Schule, Vereinsleben, weg, es fehlen auch Ventile oder Ablenkungen. Dadurch sind Menschen auf sich selbst zurückgeworfen, mehr allein oder im Gegenteil verstärkt im engen Familienverbund. Beides kann zu Stress, Druck und Ängsten führen.

 Andreas Heinz ist Leiter des Caritas-Zentrums Saarpfalz

Andreas Heinz ist Leiter des Caritas-Zentrums Saarpfalz

Foto: Heinz/Caritas

„Ein Patentrezept gibt es nicht, aber es ist wichtig, dass man den Menschen zuhört, sie ernst nimmt mit ihren Sorgen“, sagt Andreas Heinz, oft hilft es den Menschen, mit jemandem zu reden, „wo nötig, vermitteln wir auch weiter an andere Hilfsangebote, und zum Teil können wir auch selbst helfen“. So habe man zum Beispiel von zwei Wohltätigkeitsclubs im Saarpfalz-Kreis Spenden erhalten, die ganz konkret als finanzielle Hilfen für in Not geratene Menschen eingesetzt werden.

In der Erprobungsphase ist derzeit ein „Erzähltelefon“, eine Idee einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin, wie Heinz sagt. „Sie steht einfach zur Verfügung, wenn jemand ein freundliches Gespräch sucht, einfach ein wenig plaudern will“.

Mit Blick auf den Jahresbericht 2019 ist für Heinz der Höhepunkt vor allem die offizielle Eröffnung des Standortes im Familienhilfezentrum in der Spitalstraße 9 in St. Ingbert. „Verschiedene Träger und Angebote sind hier unter einem Dach.“

In Bexbach wurde eine weitere Außensprechstunde im Bereich Migration und Integration gestartet. Damit ist die Caritas an fünf Standorten im Saarpfalz-Kreis präsent – Homburg, St. Ingbert, Blieskastel und Gersheim und nun Bexbach –, „was unseren Kunden die teuren Anfahrtskosten des saarländischen Nahverkehrs erspart und den Zugang zur Beratung erleichtert“.

Tätigkeitsfelder sind unter anderem Migration und Integration (1297 Menschen wurden beraten und betreut/ 1634 im Vorjahr), Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung (301 Personen /269 im Vorjahr), Schwangerschaftsberatung (241 Personen, 272 im Vorjahr), Schuldner- und Insolvenzberatung (686 Personen, davon 100 Neuzugänge/734 im Vorjahr) und Suchtberatung (430 Personen, 1742 Beratungen/im Vorjahr: 456 Personen, 1499 Beratungen). In den meisten Fällen ging es um Abhängigkeit von Alkohol, aber auch Cannabis, Amphetamin oder Glücksspiel und exzessiver Medienkonsum. Das Caritas-Zentrum Saarpfalz übernimmt für weitere zwei Jahre den Vorsitz der saarländischen Landesstelle für Suchtfragen. Eine weitere Säule ist die  Hospizbegleitung. Über 70 Hospizbegleiter (61 im Vorjahr) kümmerten sich um 285 Patienten und deren Angehörige (245 im Vorjahr). „Unser Ausbildungskurs für ehrenamtliche Hospizbegleiter  ist und war sehr nachgefragt. Wir konnten bei weitem nicht alle in den Kurs aufnehmen, die sich dafür interessierten.“ Die Hospizkurse liegen derzeit wegen der Corona-Beschränkungen ebenso „auf Eis“ wie viele andere Angebote vor Ort. Dennoch sei man für die Anliegen der Menschen da – Gutes tun funktioniert auch per Telefon.

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