Alessandro Sorce vom Boxsportverein St. Ingbert Kampf im Ring und für den guten Zweck

Homburg/St Ingbert · Alessandro Sorces Karriere begann im Boxsportverein St. Ingbert. Er nutzt seine Kontakte für Benefizprojekte.

 Alessandro Sorce will möglichst viele Mitstreiter für seine Benefizprojekte gewinnen.

Alessandro Sorce will möglichst viele Mitstreiter für seine Benefizprojekte gewinnen.

Foto: Stefan Holzhauser

Der 41-jährige St. Ingberter Alessandro Sorce ist bereits seit fast 30 Jahren im Kampfsportbereich aktiv. Alles fing 1993 im Training mit dem Boxsportverein St. Ingbert an. Bislang gab es aber nicht nur viele sportliche Höhepunkte, er konnte auch als Funktionär einiges erreichen. Mittlerweile ist der zum Großmeister erhobene Sorce Schirmherr für verschiedene gemeinnützige Projekte.

Herr Sorce, werfen wir bitte einen Blick in Ihre Kindheitstage zurück. Wie fing alles an?

Alessandro Sorce: Ich bin in Sizilien aufgewachsen. Im Alter von sieben Jahren bin ich dann nach Deutschland gekommen. Es ging direkt in die zweite Grundschulklasse hinein. Wir hatten eine tolle Lehrerin, die in Sachen Integration einfach nur klasse war. Wir Gastarbeiterkinder wurden äußerst herzlich empfangen. Auch bei anderen Nationalitäten sah dies ähnlich aus. Ich hatte mich von Beginn an sehr wohl gefühlt. Es gab recht schnell keinerlei Sprachbarrieren mehr. 

Den sportlichen Beginn gab es ja dann beim Boxsportverein St. Ingbert, oder?

Sorce: In Italien war ich noch Fußballer gewesen. In Deutschland angekommen, ging es zunächst auch mit dieser Sportart beim FC Viktoria St. Ingbert weiter. Als Stürmer gab es auch einige Tore. Über die Anfrage eines Freundes hin hatte ich mir dann das Training beim Boxsportverein St. Ingbert angeschaut. Auch dort wurde ich super integriert und war in allerbesten Händen. Ich wurde Saarlandmeister und südwestdeutscher Meister. Leider konntest du dich damals als Italiener nicht für die deutschen Meisterschaften qualifizieren. Ich bin ja heute noch von der Staatbürgerschaft her reiner Italiener. Ich informiere mich allerdings gerade über die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft von Italien und Deutschland. Aber zurück zum Boxen: Ich konnte sogar einen Kampf gegen einen späteren französischen Meister mit einem Unentschieden ausgeglichen gestalten. Im Alter von gerade einmal 17 Jahren folgte dann auch bereits der erste Boxtrainerschein. Ein absoluter Glücksfall war mit Sicherheit Erwin Jene. Er war weit über die Landesgrenzen hinaus im Boxen eine herausragende Persönlichkeit. Leider ist er mittlerweile verstorben. Nach einer kurzen Pause im Boxsport, aufgrund von privaten und beruflichen Angelegenheiten, entstand dann Kontakt zum Saar-Gym in Scheidt. Dort gab es dann auch erstmals Bezug zum Muay Thai. Das ist eine traditionelle Kampfkunst aus Thailand. Dort standen Muay Thai und Boxen auf der Tagesordnung, das war 1999. Ich bin zwar ein Kind des Boxens, aber Muay Thai gefiel mir auch mit der Zeit immer besser. 2004 kam auch der Trainerschein Muay Thai hinzu. Es kam dann allerdings auch wieder der Kontakt zum Boxsportverein St. Ingbert zustande und ich war nun dort der erste Boxtrainer. Das Saar-Gym und der Boxsportverein konnten sich auch bezüglich von Trainingszeiten gegenseitig unterstützen.

Zu dieser Zeit begann ja auch die Karriere ihrer Frau Monika. Erzählen Sie bitte auch von ihren Anfängen.

Sorce: 2004 fing sie mit Boxen an. Es gab zunächst fünf Siege bei Saarlandmeisterschaften. Sie lernte auch das Kickboxtraining kennen und war dadurch unheimlich vielseitig aufgestellt. Im Kickboxen wurde sie sogar deutsche Meisterin. Ihr Hauptaugenmerk legte sie aber dennoch auf das klassische Boxen. Ich selbst wurde 2011 Bundestrainer des Verbandes AFSO. Wir waren sehr erfolgreich. Mir gelang es sogar, bei der Pointfight-Weltmeisterschaft, Dritter zu werden. 2011 wurden wir erstmals mit unserer Tochter Giulia Serafina Eltern. Alles lief bestens. Im Juli 2012 wurde dann bei ihr eine Krebsdiagnose gestellt. Anschließend war alles drumherum nebensächlich. Es ging auf und ab. 2013 verstarb unsere Tochter. Die Leere war riesengroß. Ich war bei meinem Arbeitgeber ZF Saarbrücken, wo ich als gerlernter Industriemechaniker mittleweile im 27. Jahr tätig bin, noch eine Zeit lang krankgeschrieben. Ich musste wieder Ziele vor Augen haben und wollte etwas für den guten Zweck tun. Es gab zugunsten des Kinderhospiz eine Großveranstaltung in der Saarbrücker Joachim-Deckarm-Halle, bei der die Resonanz überwältigend war. Wir konnten rund 20 000 Euro für den Hospizdienst Saar spenden. Es waren etliche Kampfsport-Verbände beteiligt, schließlich ging es ja um die gute Sache. Ich wurde dann sogar Weltkoordinator der AFSO. Privat ging es auch mit der Geburt von zwei weiteren Töchtern wieder aufwärts. Mittlerweile bin ich auch der ausführende Präsident unseres Verbandes AFSO. 2014 gab es eine eigene Weltmeisterschaft, bei der ich im Pointboxen Erster werden konnte. Auch wenn der Erfolg sehr schön war, sollte dennoch immer der Spaß im Vordergrund stehen.

Nun lief es also wieder sehr gut, oder?

Sorce: Natürlich werden wir nie unsere verstorbene Tochter vergessen. Aber mit Zielen im Leben lässt es sich auch wieder etwas besser nach vorne schauen. Die WTKA in Italien kam auf mich zu und bat mich darum, für die Weltmeisterschaft in Italien meine Kontakte einzubringen. Als AFSO-Weltvertreter war ich plötzlich Mitorganisator. Ich wurde dann auch WTKA-Vertreter Deutschlands und später Strippenzieher für den Profibereich. Und schließlich durfte ich auch den Verband WBC Muay Thai Deutschland übernehmen. Obwohl es ja viele Verbände gibt, ist gerade dieser Verband geprägt durch Glanz und Gloria – es ist also eine hohe Auszeichnung. Der WBC-Champion ist der wahre Weltmeister im Muay Thai. Im Vordergrund stand und steht stets das Engegement für soziale Projekte. Es geht unter anderem darum, sich für Kinder und Frauen einzusetzen. Ende 2019 wollte dann auch meine Frau noch einmal antreten. Die Kinder waren nun vormittags nicht mehr zu Hause. Sie hat für ihr Comeback gekämpft wie eine Besessene. Bei der Saarlandmeisterschaft im Boxen wurde Monika überraschend Erste, trotz der langen Pause. Und es folgte auch eine Teilnahme im Kickboxen bei deutschen Meisterschaften. Auch dort wurde sie Goldmedaillengewinnerin. Und in Italien gab es dann bei der WM die nächste große Überraschung: fünf erste Plätze. Und so wurde Monika 2019 sogar Weltkampfsportlerin des Jahres. Daran hätten wir, nach all den langen Jahren mit einer Pause, niemals gedacht. Ihre Erfolge als Amateursportlerin sind richtig, richtig toll. Ich würde es ihr sogar zutrauen, ins Frauen-Profiboxen zu kommen. Als es diesbezüglich Überlegungen gab, kam die Corona-Pandemie. Nun ist sie 38. Wir überlegen immer noch, diesen Schritt zu gehen. Doch was würde passieren, wenn sie sich als Mutter etwas schwerer verletzt? Wir als Familie brauchen sie ja gesund. Aber natürlich hast du auch Träume, wenn du erfolgreich und so ehrgeizig wie Monika bist. Schauen wir mal, was noch kommt.

 Saarlandmeisterschaften im Boxen 2010: Alessandro Sorces Frau Monika Sorce (Boxsportverein St. Ingbert, Mitte) gegen Sabrina Persico. 2019 wurde Monika Sorce Weltkampfsportlerin des Jahres.

Saarlandmeisterschaften im Boxen 2010: Alessandro Sorces Frau Monika Sorce (Boxsportverein St. Ingbert, Mitte) gegen Sabrina Persico. 2019 wurde Monika Sorce Weltkampfsportlerin des Jahres.

Foto: Oliver Dietze

Mittlerweile ist Ihnen von der WBC Cares auch der Titel Botschafter in Deutschland übertragen worden.

Sorce: Ja, das ist eine Riesenehre. Ich kann nun auch über diese Auszeichnung als Schirmherr für verschiedene gemeinnützige Projekte wirken. Bei dieser Organisation waren bereits Legenden wie Muhammad Ali oder auch Mike Tyson Weltmeister. Ich will mehr machen – das ist schon eine Lebensaufgabe. Es geht unter anderem um eine Challenge an verschiedenen Kampfsportschulen. Wir wollen Kinder und Jugendliche bis 15, 16 Jahre fitter machen. Der Sport soll zu den Kindern gebracht werden. Und jedes Kind soll Zugang haben – auch wenn es ansonsten vielleicht für diese Kids aufgrund ihres sozialen Hintergrunds extrem schwer wäre, überhaupt einem Verein beizutreten. Die Kinder und Jugendlichen müssen die Möglichkeit bekommen, sich mit viel Spaß zu bewegen und nicht aufgrund fehlender Mittel ausgebremst zu werden. Alles läuft nun nach Corona an und soll deutschlandweit über die Bühne gehen. Auch ansonsten gibt es sehr viele Ideen, was wir künfig noch machen könnten. Was extrem wichtig ist: Mitstreiter suchen und für gemeinsame Projekte gewinnen. Denn nur in der Gemeinschaft ist man richtig stark. Ich würde gerne eine große Benefiz-Kampfsportgala in St. Ingbert ausrichten. Ich bin hier mit den Menschen und der Region verbunden. Von daher wäre es so klasse, gemeinsam in St. Ingbert etwas für die gute Sache machen zu können. Aufgrund der Corona-Pandemie könnte es noch etwas dauern, aber man muss sich ja auch Ziele für 2022 und 2023 setzen. Ich kann nur dazu appellieren, auch kleinere Sachen für den guten Zweck zu organisieren. Jeder noch so kleine Erlös ist wichtig und kann helfen. Mir liegt es am Herzen, mit den entscheidenden Menschen der Städte und Gemeinden zusammenzuarbeiten. Wie gesagt: Es gibt noch viel zu tun. Und für diese Dinge will ich möglichst viele Mitstreiter ins Boot holen.

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