Ein Hilferuf in bitteren Zeiten Diese Familie weiß kaum noch weiter

Blieskastel · Die Mitglieder des Zirkus Althoff sitzen seit 2019 verzweifelt in Breitfurt fest. Und hoffen auf die Tierliebe der Menschen.

 Unser BIld zeigt Mitglieder der Zirkusfamilie in ihrem Winterquartier in Breitfurt.

Unser BIld zeigt Mitglieder der Zirkusfamilie in ihrem Winterquartier in Breitfurt.

Foto: Joana Sperlich

,,Unsere Lage ist bedrückend und wird langsam bedrohlich. Wir wissen kaum noch weiter.“ Die verzweifelten Worte von Joana Sperlich gehen unter die Haut. Sie ist eine der führenden Köpfe des Zirkus Althoff, der seit November 2019 in seinem Winterquartier in Breitfurt gestrandet ist. „Wir hätten es niemals für möglich gehalten, dass wir nun bereits den zweiten Winter hier verbringen müssen, und wir sehen auch noch kein Licht am Ende des Tunnels“, so Sperlich.

Neun Jahre lang verbrachte die Artistenfamilie, die bereits seit acht Generationen mit ihren Tieren und Artisten durch das Land tourt, ihre Winter auf dem bereit gestellten Platz an der Bliesmühle, bevor sie dann im Frühjahr weiter zog, um ihre Vorstellungen in allen Regionen des Landes zu zeigen. Doch dann kam das Virus und mit den Pandemie-Auflagen und Lockdowns die Absagen – der Zirkus saß fest. Alle geplanten Shows wurden abgesagt. Bereits gedruckte Plakate waren wertlos, der Familie blieb nichts anderes übrig, als auf dem Gelände in Breitfurt zu bleiben und abzuwarten. Auf einen Schlag waren sämtliche Einkommensmöglichkeiten weggebrochen (wir berichteten mehrfach).

„Auch für das kommende Frühjahr und für Sommer 2021 haben uns bereits einige Städte Termine abgesagt. Das wären so wichtige Gastspiele gewesen, die wir dringend für das Überleben unseres Betriebes gebraucht hätten“, erzählt die Zirkus-Chefin verzweifelt. Die staatliche Soforthilfe für Klein-Unternehmer ist längst aufgebraucht. Versicherungen, Strom, Wasser, Gas haben alles gefressen. Zwischenzeitlich leben die zehn Erwachsenen und vier Kinder, die zwischen einem halben Jahr und neun Jahre alt sind, von Hartz IV. „Das ist etwas, was wir nie wollten. Wir waren immer finanziell unabhängig“, so Joana Sperlich. Für die etwa 30 Tiere (Pferde, Kamele, Ponies, Ziegen, Esel und Hunde) gibt es keine staatliche Unterstützung. „Hier sind wir dringend auf Spenden angewiesen“, erklärt die Zirkusfrau. Denn mit der teuerste Faktor sei die Unterhaltung der Tiere. Diese benötigten täglich Heu, Futter, Einstreu, Wasser und Pflege für etwa 150 Euro. Die sparen sich die Artisten vom Munde ab.

In den letzten Monaten wurde wegen des trockenen Sommers 2020 sogar das Heu knapp. „Die meisten Bauern benötigten die produzierten Mengen für ihr eigenes Vieh“, sagt Joana Sperlich. Die Zirkusfamilie hat vieles versucht, um die Versorgung ihrer Tiere zu sichern. Sie bauten die Manege ab, legten Holzböden ins große Zelt und boten Theatervorstellungen und Puppentheater an. Im Gelände richteten sie einen Hüpfburgen-Parcours ein, boten Ponyreiten und gestalteten Kindergeburtstage. Das alles wurde von der Bevölkerung gut und gerne angenommen. Im Herbst planten die Artisten schließlich Oktoberfest-Tage mit Musik und typischen kulinarischen Angeboten. „Aber dann stiegen die Infektionszahlen wieder und mit ihnen kamen neue Kontaktauflagen. Das war ein finanzielles Fiasko, all unsere Investitionen waren umsonst“, erzählt die Artistin traurig. Auch eine Süßigkeitenbude auf einem Supermarkt-Parkplatz mit gebrannten Nüssen, Popcorn und anderen Leckereien brachte nicht das ein, was sich die Familie erhoffte.

Die Nachbarschaft und die Dorfbewohner unterstützen die Artistenfamilie weiterhin so gut sie können. Manchmal kommen Familien mit ihren Kindern und bringen Karotten und Äpfel und füttern die Tiere. Das Sport- und Schuhgeschäft Eifler in unmittelbarer Nähe hatte zudem immer eine Spendendose am Eingang stehen, in die Kunden regelmäßig etwas einwarfen. Aber durch den Lockdown bleiben nun auch diese Möglichkeiten verwehrt, das Geschäft ist geschlossen, zufällige Passanten und Kundschaft bleiben aus, die Lage wird immer dramatischer. „Wir schlafen in unseren Wohnwagen und verbringen die Zeit am Tag gemeinsam im großen Zelt, das wir beheizen und wo wir alle zusammen essen oder uns mit Spielen oder Spazierengehen die Zeit vertreiben, sobald die Tiere versorgt sind.

Auf ihrer Internetseite weist die Stadt Blieskastel auf die Notlage der Zirkusfamilie hin und ruft zu Spenden auf ein eigens eigerichtetes Spendenkonto hin, das bereits im April mit Hilfe von Bürgermeister Bernd Hertzler, dem Beigeordneten Guido Freidinger und Ortsvorsteher Martin Moschel eingerichtet wurde. „Der Betrieb ist unverschuldet in Not geraten. Unser Ziel ist es, zu helfen und zu überbrücken, bis es weitergehen kann“, sagt Martin Moschel, der das Konto treuhänderisch verwaltet. Wer ein Herz für die Zirkustiere hat, kann gerne eine dringend benötigte finanzielle Spende auf das Spendenkonto der Stadt einzahlen. Die Abgabe von Sach- und Futterspenden kann direkt mit Joana Sperlich unter Tel. (01577) 216 07 41 vereinbart werden.

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