Ein einzigartiges Gebäude - nicht nur im Bliesgau Ein stolzes Jubiläum für ein herrliches Haus

Blieskastel · Vor 350 Jahren wurde die Orangerie in Blieskastel errichtet. Das Kulturamt der Barockstadt berichtet aus der Historie.

 Die Orangerie in Blieskastel. Um sie herum soll es im Frühjahr wieder blühen und sprießen.

Die Orangerie in Blieskastel. Um sie herum soll es im Frühjahr wieder blühen und sprießen.

Foto: Fredi Brabänder

An der Schlossbergstraße, über dem Stadtkern von Blieskastel, steht das wohl eindrucksvollste Renaissance-Bauwerk in ganz Südwestdeutschland: der Lange Bau. Das im Volksmund „Orangerie“ genannte Gebäude ist der wichtigste erhaltene Rest der einst weitläufigen Schlossanlage der späteren Grafen von der Leyen. Er zählt zu den bemerkenswertesten Resten deutscher Baukunst des 17. Jahrhunderts im Saarland. Eine wissenschaftliche Untersuchung des Bauholzes ergab, dass der Dachstuhl 1669 aufgerichtet wurde, der Bau somit 1670 vollendet war. Dem zweigeschossigen Bau dient als Rückwand ein Teil der mittelalterlichen Burgmauer. In ihrer westlichen Verlängerung mündet die Mauer in einen Eckraum mit den Resten eines angegliederten quadratischen Turms. Zu erkennen sind noch Ansätze eines Kreuzrippengewölbes aus dem 14. Jahrhundert. Dieser Turm hat vermutlich als Verlies, als Gefängnis gedient.

Der Lange Bau war der nördliche Abschluss des „oberen Lustgartens“ der barocken Schlossanlage. Von dem ursprünglich zwölf Achsen langen Gebäude haben sich nur die östlichen fünf Achsen erhalten. Durch die unsichere politische Lage um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert mussten die Arbeiten an diesem sehr qualitätsvollen Bau immer wieder unterbrochen werden. 1721 wurden Reparaturen am provisorischen Westwalm des Daches durchgeführt und dieser dauerhaft hergerichtet. Offensichtlich wurde mit einer Fortführung der Arbeiten nicht mehr gerechnet. Das Obergeschoss ging vermutlich nicht über die heutigen fünf Achsen hinaus. In ihm sollte eine Ahnengalerie für die Bauherren und deren Familien eingerichtet werden. Der Zugang zur zweiten Etage befand sich nach einem Plan von 1704 in dem angrenzenden Torbau. Dessen ehemaliger Standplatz ist auf dem Straßenpflaster farbig abgesetzt zu erkennen.

Zur Gartenseite hin rahmen im Erdgeschoss mächtige, schwach gekurvte und nach oben sich verjüngende Quaderlisenen die breiten Korbbogenarkaden ein. Heute sind die Arkaden verglast, ursprünglich waren sie aber offen. Das Erdgeschoss kann also nicht zum Winteraufenthalt von Orangenbäumen oder anderen Südfrüchten gedient haben, obwohl es in einer Häuseraufnahme des Jahres 1792 als „das Orangerie Gebäud“ bezeichnet wird. Das Erdgeschoss des Langen Baues diente den Leyenschen Familienmitgliedern und ihren Gästen wohl als Wandelhalle. In den Arkadenscheiteln ließen die Bauherren, Carl Caspar (*1618, †1676) und Damian Hartard von der Leyen (*1624, †1678), unter einer Krone Schlusssteine mit den Wappen ihrer Eltern anbringen: das Wappen des Herren Damian von der Leyen (1583, †1639) und seiner Gattin Anna Chatarina Waltbot von Bassenheim (*1587, †1666). Rechts und links der Quaderlisenen, in den Bogenzwickeln, sind – jeweils unter einer Krone und von Laubwerk umrankt – Wappensteine mit einem sich wiederholenden Monogramm ineinander verschlungener Anfangsbuchstaben angebracht. Man glaubt zu erkennen: FDHVD (spiegelverkehrt) L: Freiherr Damian Hartard von der Leyen.

Durch den Entschluss des Baumeisters – ganz gegen den damaligen Zeitgeschmack – die Proportionen des Hauptgesimses allein auf die Höhe des Obergeschosses mit den schlanken toskanischen Halbsäulen zu beziehen, erhielt der Lange Bau seine Zierlichkeit und Schönheit. In den fünf Feldern des Obergeschosses sitzen doppelte Fenster mit Ohrenfaschenrahmung und aufgebrochenen Segmentbogengiebeln. Eine kräftig genutete Bandrustika umzieht die übrigen Wandflächen.

Im Rahmen der Restaurierung dieses im Saarland einzigartigen Gebäudes durch das Staatliche Hochbauamt in Saarbrücken während der Jahre 1982 bis 1986 wurde auch der Garten in seiner Grundgestaltung wieder an seine barocken Vorläufer angepasst. Der Gartenbereich erfuhr eine Einteilung in vier gleich große Felder. Durch eine viertelkreisförmige Ausschneidung der Ecken entstanden an den Kreuzungs- und Endpunkten der Gartenwege Rund- bzw. Halbkreisformen. Der Garten spiegelt somit eine im Barock beliebte und für das Ende des 18. Jahrhunderts typische Art der Gartengestaltung wider.

Vor dem Langen Bau liegt die „obere Etage vom Lustgarten“. Über eine doppelte Rampe bzw. Treppe stieg man im 18. Jahrhundert von links oder rechts auf das untere Parterre, auf Plänen auch als „Küchengarten“ bezeichnet, herab. Zwischen den Fußpunkten der beiden Treppenläufe schmückt eine in die Stützmauer eingelassene halbkreisförmige Grotte den Aufgang zur Gartenterrasse. Ursprünglich war die Mauer der Treppe gleich hoch und lang wie die Stützmauer. Gegenüber der Grotte befanden sich Arkaden-Öffnungen.

Die Orangerie wird heute – zu normalen Zeiten, versteht sich – zu Vorträgen, Ausstellungen und Konzerten im Rahmen der Reihe „Kultur in historischen Gebäuden“ genutzt.

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