Wie Caroline Wilhelmine Auguste einst die Strippen zog Von der mächtigsten Frau im Herzogtum

Die 1748 geborene Caroline Wilhelmine Auguste galt als die „Grande Maitresse“ des Landesherrn Karl II. August. Sie besaß Grundstücke und Prachtbauten. Auch am Bau der Residenz Karlsberg hatte sie wohl Anteil.

 Carolina Augusta von Esebeck geborene Gayling von Altheim (1748-1823) hatte als Mätresse des Herzogs Karl II. August großen Einfluss auf den Hofstaat und auch die Politik Pfalz-Zweibrückens.

Carolina Augusta von Esebeck geborene Gayling von Altheim (1748-1823) hatte als Mätresse des Herzogs Karl II. August großen Einfluss auf den Hofstaat und auch die Politik Pfalz-Zweibrückens.

Foto: Martin Baus

Alles fing an in dem heute so verschlafenen Fachwerkstädtchen Bouxwiller (Buchsweiler) im nördlichen Elsass. Dort besaß die Adelsfamilie Gayling von Altheim ein (heute nicht mehr existierendes) Schloss, in dem 1748 Caroline Wilhelmine Auguste als Freiin Gayling von Altheim das Licht der Welt erblickte. Sie sollte wenige Jahrzehnte später zur mächtigsten Frau im Herzogtum Pfalz-Zweibrücken werden, als „Grande Maitresse“ des Landesherrn Karl II. August nämlich. In Homburg und dessen Umgebung nannte sie in der Endzeit dieses Herzogtums ein Palais mit stattlichem Park und einige größere Gehöfte ihr Eigen, in Gonnesweiler im nördlichen Saarland gehörte ihr ein Schlösschen, repräsentativer Englischer Garten inklusive.

Das Verhältnis zwischen der Baronin und dem späteren Herzog begann freilich bereits ein gutes Stück bevor der Zweibrücker Thron für Karl August in Sichtweite kam. Dieser und sein Bruder Max Joseph (der später erster König von Bayern werden sollte) hielten sich in ihrer Jugend regelmäßig eben in Bouxwiller bei ihrer Tante Henriette Caroline auf, die Goethe als „große Landgräfin“ in die Literaturgeschichte eingehen ließ. Bei einem dieser Aufenthalte sollen sich Karl August und die nahebei wohnende Caroline Auguste erstmals begegnet und nahe gekommen sein. Von den „zarten Banden der Jugendliebe“, die in dem Residenzstädtchen geknüpft wurden, ist die Rede. Freilich war die Gaylingerin dem Wittelsbacher standesgemäß nicht ebenbürtig, und da man sich am Zweibrücker Hof einiges Kopfzerbrechen um die Thronfolge im eigenen Land machte, galt spätere Heirat a priori als kategorisch ausgeschlossen. So wurde Karl August 1774 also mit der sächsischen Prinzessin Maria Amalia von Sachsen (der Tochter des Kurfürsten Friedrich Christian von Sachsen und seiner Gemahlin Antonia von Bayern) vermählt, denn schließlich stand er nicht nur vor dem Erbe Pfalz-Zweibrücken, auch die Kurpfalz und obendrein die bayerische Krone winkten ihm. Seine eigentliche Herzdame wurde im Juli 1766 von dem 25-jährigen Johann Friedrich Ludwig Jordan von Esebeck geehelicht, der als Landjäger- und Oberforstmeister in Diensten des Zweibrücker Herzogs Christian IV stand. Dieser setzte auch als erster seine Unterschrift unter den Ehevertrag, in dem etwa geregelt war, dass Caroline von Esebeck im Fall der Verwitwung im „Münzhof“, dem Esebeckschen Anwesen in Zweibrücken, Obdach bekommen sollte.

Karl II. August gelangte 1775 als Herzog in Amt und Würden, und sogleich bekam das Ehepaar Esebeck Schlüsselstellungen im Dienste des Zweibrücker Ländchens, dessen Hofhaltung der neue Amtsinhaber völlig umkrempelte. Die besonderen Rollen, die den Esebecks dabei zufallen sollten, wurden von allem Anfang herausgekehrt. Ein groß angelegtes Dinner im Zweibrücker Schloss war die Bühne, auf der Esebeck seinen ersten Auftritt haben sollte: Er hatte die Order, den bisherigen Hofstaat zu entlassen. Während er selbst zunächst zum „Konferenzminister“ ernannt wurde und dann als Staatsminister den höchsten Beamtenrang einnahm, wurde seiner Gattin der Titel einer „Oberhofmeisterin“ verliehen, die das Hofleben quasi zu organisieren hatte. „Sie wurde gar bald die Mittlerin der Gnaden und Gunstbezeugungen, und infolgedessen drängte sich eine stattliche Schar ergebener Hofleute um sie“, berichtet Johann Christian Mannlich, der Baumeister von Schloss Karlsberg und Chronist des höfischen Lebens in Homburg und Zweibrücken, wie die Fäden bei der herzoglichen Konkubine zusammenliefen. Sainte Foy, der französische Gesandte bei Hof, redete nicht so schwülstig um den heißen Brei herum, sondern fand deutlichere Worte: „Der Herzog hat sich für die Frau seines Großjägermeisters entflammt. Ihretwegen hat er früher einmal größte Opfer bringen wollen. Er hat sie als Obersthofmeisterin der Herzogin eingesetzt, und er wirft ihr Blicke zu, die ein wenig zu öffentlich werden“, schrieb er Anfang 1776 an seinen Außenminister.

Der zunehmende Einfluss auf den Herzog war also nicht mehr zu übersehen. Auf Betreiben der Freifrau hin soll die Hofhaltung von Zweibrücken weg in das neue Schloss Jägersburg verlegt worden sein, und es wird Caroline von Esebeck auch zugeschrieben, dass sie es gewesen sei, die Karl II. August dazu überredete, den auf dem „Buchenberg“ bei Sanddorf stehenden „Louisenhof“ zu erwerben und dort die prunkvolle Residenz „Karlsberg“ zu bauen. Dass sie zu dieser Zeit bereits als Mätresse dem Herzog zu Diensten war, plaudert Mannlich in seinen Memoiren ebenfalls unumwunden aus: „Der Herzog besichtigte eines Tages mit mir das Innere des Hauses und fragte mich, ob man nicht eine Geheimtreppe anbringen könne; sie solle aber so verborgen sein, dass sie niemand zu ahnen vermöge“. Über einen Wandschrank konnte sich Karl II. August bald unbemerkt in die Gemächer seiner Gespielin schleichen, wann immer ihn die Lust dazu übermannte.

Noch enger wurde das Verhältnis zwischen den beiden mit dem Tod des gerade acht Jahre alten Erbprinzen Karl August Friedrich am 21. August 1784. Herzogin Amalie zog sich von nun vorwiegend in ihr Palais an der Fasanerie zwischen Bruchhof und Erbach zurück. Die Mätresse übernahm das Zepter und konnte auf Schloss Karlsberg nun schalten und walten, fast wie sie wollte. Wie ein weiblicher Zerberus wachte sie darüber, wer zum Herzog vorgelassen wurde und wer nicht. Die Baronin nutzte ihre Stellung auch, um ihren Brüdern, Neffen und Schwagern einträgliche und auch einflussreiche Stellungen in zweibrückischen Diensten zu verschaffen. Der Herzog spendierte ihr seinerseits ein Palais am Rand der Stadt Homburg, zu dem auch weitläufige Park- und Gartenanlagen gehörten. Südlich des Schlossberges entstanden in dieser Zeit gleich drei derart repräsentative Anwesen: Neben der Mätresse bezogen der – ziemlich zwielichtige – herzogliche Berater Abbé Pierre Salabert sowie Finanzminister Karl August Kreutzer ihre noblen Quartiere. „Reichsfreifrau von Esebecks Behausung und Garten nebst Bad-Haus auf einer Insul“ soll nahezu gleichgroß gewesen sein wie die gesamte Bebauung der Stadt Homburg. Sie selbst, ihr herzoglicher Galan und der jedwedem Vergnügen stets sehr zugeneigte Abbé trafen sich in dieser Behausung übrigens regelmäßig – zum Kartenspiel, wie es offiziell kund gemacht wurde.

Aber es wurde auch Politik gemacht, und zwar beinahe wie in einem kitschigen Groschenroman. Ein angeheirateter Neffe der Oberhofmeisterin hatte beispielsweise in Erfahrung gebracht, dass Österreich ihrem Schwager Max Joseph 500 000 Gulden angeboten hatte, wenn dieser auf seine Erbrechte in Sachen Bayern verzichtet. Dieser, ohnehin als Schuldenbuckel berüchtigt und entsprechend stets knapp bei Kasse, war auf die Offerte angesprungen und vertraute das Vorhaben einer Schauspielerin an, die wiederum den Esebeckschen Neffen ihrer Liebe teilhaftig werden ließ und ihm in schwacher Stunde das Geheimnis kundtat. Der freilich zögerte nicht und weihte brühwarm seine Tante, die Oberhofmeisterin, ein. Die ihrerseits setzte postwendend Herzog und Gatte über das Vorhaben in Kenntnis, und sofort erging an Außenminister Hofenfels die Order, Preußen um Unterstützung anzurufen. So soll der österreichische Zugriff auf Bayern im Keim vereitelt worden sein.

Allerdings war die Gunst des Herzogs für Caroline von Esebeck nicht von endloser Dauer. Als der Landesherr eine neue Favoritin fand, begann der Stern der bisher so mächtigen Mätresse rasch zu verglühen. Die Französische Revolution war schon in Reichweite, als die Oberhofmeisterin sich ihre Pfründe durch die Auflösung der vereinbarten ehelichen Gütergemeinschaft sicherte. Ihr wurden das Homburger Palais, der in „Carolinenhof“ umbenannte „Schwarzweiherhof“ in Altstadt, der von ihr in „Augustenbergerhof“ umbenannte Lappentascherhof sowie weitere Immobilien und Einkünfte als Alleinbesitz überschrieben. Vom Herzog ließ sie sich noch Ende 1791 ihr Salär von jährlich 4000 Gulden, 60 Malter Korn und 60 Klafter Holz in eine lebenslängliche Alimentierung umwandeln.

 Es soll „die Esebeck“ gewesen sein, die den Zweibrücker Herzog Karl II. August zum Erwerb des Louisenhofes bei Sanddorf und zum Bau der „Karlsberg“-Residenz überredet hat. Die Französische Revolution ließ nur Ruinen von dem Prachtbau – wie hier die Orangerie.

Es soll „die Esebeck“ gewesen sein, die den Zweibrücker Herzog Karl II. August zum Erwerb des Louisenhofes bei Sanddorf und zum Bau der „Karlsberg“-Residenz überredet hat. Die Französische Revolution ließ nur Ruinen von dem Prachtbau – wie hier die Orangerie.

Foto: Martin Baus
 Bevor Schloss Karlsberg gebaut bezugsfertig war, war es dem Einfluss der herzoglichen Mätresse Caroline von Esebeck geschuldet, dass die Zweibrücker Hofhaltung auf Schloss Jägersburg verlegt wurde. Die Darstellung der Ruine stammt aus dem Jahr 1802.

Bevor Schloss Karlsberg gebaut bezugsfertig war, war es dem Einfluss der herzoglichen Mätresse Caroline von Esebeck geschuldet, dass die Zweibrücker Hofhaltung auf Schloss Jägersburg verlegt wurde. Die Darstellung der Ruine stammt aus dem Jahr 1802.

Foto: Martin Baus

Schloss Karlsberg war bereits niedergebrannt, als sie 1793 in Mannheim um ihre Entlassung als „Obristhofmeistern“ nachsuchte. Sie verließ den Zweibrücker Hof und kehrte in den Schoß der eigenen Familie zurück. Deren Oberhaupt, ihr Bruder Christian von Gayling-Altheim, fungierte unter anderem als großherzoglich-badischer Finanzminister. Sie übernahm sein Haus in Karlsruhe, wo sie am 7. Februar 1823 ohne Nachkommen starb. Eine detaillierte Biographie jener Frau, von der die Politik in der Endphase des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken so maßgeblich bestimmt wurde, ist bis heute übrigens noch ungeschrieben.

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