So etwas gibt es auch nur einmal in Blieskastel Kleiner Vogel legt großen Porsche lahm
Blieskastel · Erstaunlich, wo das Federvieh gelegentlich brütet. In Blieskastel wählte ein Hausrotschwanz ein Auto als Heimstatt.
Wenn man denkt, man hat schon alles an Kuriositäten gesehen, gelesen oder gehört, dann kommt da ein kleines Federvieh um die Ecke und setzt noch eben eins drauf. So geschehen in Blieskastel. Die Story vom findigen Vogel, der sich dort niederließ, wo Katz’ und Kater nicht hinkommen können, erzählen uns ganz aktuell Etienne Sand und seine bald angetraute Ehefrau Ann-Christine Fries.
Zu diesem Zweck begaben sich Reporterin und Fotograf in ein schmuckes Wohngebiet hoch droben über der Barockstadt, von wo aus man einen ungetrübten Blick auf die gerade herrlich blühenden Streuobstwiesen hat.
Es war am Mittwoch vergangener Woche, als Etienne Sand seinen Augen nicht recht trauen wollte. Zunächst aber steuerte er, der Parfümdesigner mit Firmen-Niederlassung in Saargemünd, mit seinem schwarzen, etwas verstaubten Porsche Cayenne eine Autowaschanlage an. Das ging auch alles gut, und dann brauste er da, wo es eben erlaubt ist, mit etwas erhöhter Geschwindigkeit zu seinem Ziel.
Als er wieder aus dem Büro kam, betrachtete er ziemlich verwundert die Vorderfront des Wagens und war ein wenig sprachlos. Nanu, dachte er, da komme ich doch erst aus der Waschanlage und da vorne ist es immer noch schmutzig. Als er sich hinab beugte, um sich das Ärgernis näher anzusehen, da stutzte er – und staunte doch gewaltig: Hinter dem Kühlergrill entdeckte er ein fertig gebautes Vogelnest – mit bereits zwei Eiern ausstaffiert. Ein kleiner Vogel hatte sich tatsächlich mit all seinem Nestbau-Material ein ums andere Mal durch die Querverstrebungen des Kühlergrills wohl weniger gequetscht als elegant hinein bugsiert und dort eine für ihn wohl ideale Brutstätte gefunden.
Und was macht man jetzt? „Ich bin ganz langsam nach Hause gefahren“, erzählt Etienne im Beisein seiner Ehefrau in spe. Er habe inständig gehofft, dass den Vogeleiern durch die Waschanlage und durch das Tempo auf der Hinfahrt nichts passiert ist. Geschwind hat er sich mit dem Nabu Blieskastel in Verbindung gesetzt, um zu erfahren, ob da noch was zu retten sei. Und siehe da: Es ging wohl alles gut. Denn kurz danach lagen schon drei Eier im automobilen Nest, danach dann fünf. Und es kam auch wieder der Besitzer der Eier zum Vorschein: dunkelgrau mit schwarzem Schnabel. An diesem Dienstag erfuhr Etienne dann auch durch den Nabu, der einige ornithologische Experten in seinen Reihen hat, dass es sich – nach der übermittelten Beschreibung – bei dem Vögelchen um einen Hausrotschwanz handelt. Im Internet kann man nachlesen, dass sowohl die Wahl des Nistplatzes als auch der Bau des Nests fast ausschließlich durch das Weibchen erfolgt.
Um das Brüten nicht weiter zu stören, drehte vor der Haustür in Blieskastel der Besitzer des Porsche nach seiner aufregenden Entdeckung den Zündschlüssel um und legte somit den Wagen vorübergehend still. Und nun ist die ganze Familie rund um Ann-Christine und Etienne gespannt, wann der Nachwuchs schlüpft, und wie sich das weitere Zusammenleben gestalten wird. „Die machen nur Dreck und zahlen keine Miete“, sagt der 32-jährige Hausherr und lässt ein fröhliches Lachen folgen. Im Übrigen erzählt er, dass ihr Labrador im Garten ein Kuscheltier bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt hatte, und sich der Vogel einen Teil der Füllung schnappte, um das Nest schön mollig auszupolstern, was das dazugehörige Foto auch sehr deutlich zeigt.
Ann-Christine Fries (28) hat mal nachgeschaut im Internet, ob schon einmal ein Vogel hinterm Kühlergrill eines Autos brütete. Und siehe da: Der WDR berichtete kürzlich über ein Rotkehlchen, das in Dortmund ebenfalls einen Pkw vorübergehend stilllegte. Bis eben die Küken flügge waren und die Brut auf ihre Unterkunft nicht mehr angewiesen war.
Richtig schön an der Geschichte ist auch, dass die in der Pharmaindustrie tätige Ann-Christine und ihr Mann, mit dem sie im August Hochzeit feiern wird, selbst Nachwuchs erwarten. Ein Mädchen wird’s, sagen beide voller Vorfreude – und verweisen schmunzelnd auf die Tatsache, dass sich also summa summarum sechsfacher Nachwuchs angekündigt hat.
Das junge Paar, das sich schon sehr auf die gefiederten Tierchen freut, will unsere Zeitung auf dem Laufenden halten. Sobald das eine oder andere Kerlchen hoch droben über der Barockstadt aus dem Auto hüpft und zu flattern anfängt, sollen wir davon wissen. Bis dahin wünschen wir eine gute Zeit – und weiterhin erfolgreiches Brüten im Vogelparadies Blieskastel.