Bundestagswahl 2021 in Blieskastel Ein erzürnter „Reichsbürger“ und eine Stimme für den FC Bayern: So lief der Wahlabend im Blieskasteler Rathaus

Blieskastel · Warum die Stadtverwaltung 20000 Bleistifte kaufte und die Wahlzettel Löcher hatten. Ein Witzbold wählte gar den FC Bayern München.

 Bürgermeister Bernd Hertzler (links) und Wahlleiter Jens Welsch analysieren die ersten Ergebnisse.

Bürgermeister Bernd Hertzler (links) und Wahlleiter Jens Welsch analysieren die ersten Ergebnisse.

Foto: Erich Schwarz

Verwaltungsrat Jens Welsch, oberster Wahlleiter der Stadt Blieskastel, wirkte nach 18 Uhr am Wahlabend eher entspannt: „Es läuft prima. Wir hatten keine Probleme“, fiel die Anspannung von ihm ab. Als erster Wahlbezirk hatte Böckweiler ausgezählt, kurz darauf Bierbach. Auf dem Computer von Welsch liefen schon kurz nach 18 Uhr die ersten Ergebnisse ein. Die Bierbacher Wahlhelfer waren es, die als erste die Wahlurnen mit den Stimmzetteln zur Nachkontrolle ins Rathaus am Paradeplatz brachten. Der städtische Wahlleiter ist als akribischer Verwaltungsbeamter bekannt, der im Vorfeld schon versucht hatte, alle Probleme aus dem Weg zu räumen. So hatte er bereits im Frühjahr alle Wahllokale besichtigt. Und wegen der Pandemie mussten in einigen Stadtteilen (Aßweiler, Biesingen, Bierbach, Webenheim und Niederwürzbach) die bisherigen Wahllokale aufgegeben werden. Man zog unter anderem aus den Schulsälen aus und in die weitläufigeren, gut zu belüftenden Hallen ein.

Wie bei jeder Wahl konnte der kommunale Wahlleiter Jens Welsch auch von einigen Kuriositäten berichten. So hatte ein „Witzbold“ bei der Briefwahl das Vereinslogo des FC Bayern München in den Wahlzettel hineinkopiert. Ein sogenannter „Reichsbürger“ mokierte sich über das Loch im amtlichen Wahlzettel. Dies sei, so Jens Welsch immer in Absprache mit den Blindenvereinen vereinbart, welche dann besser Stimmzettelschablonen herstellen können. Auch habe sich der „Reichsbürger“ über die Verwendung von Bleistiften bei der Wahl aufgeregt. Diese seien deshalb besser geeignet, so Welsch, weil sie auch für Menschen (etwa Parkinson-Kranke) mit Handicaps besser zu handhaben seien. Auch sollten die Stifte wegen der Pandemie nicht von Wähler zu Wähler wandern, sondern sind nur zum einmaligen Gebrauch gedacht. Übrigens hatte Jens Welsch für die Wahl 20 000 Bleistifte angeschafft, Gesamtpreis 700 Euro, also pro Stift 0,035 Euro. Wer wollte, durfte aber auch mit einem eigenen Stift wählen.

Wegen des hohen Anteils an Briefwählern hätte es in den kleineren Stimmbezirken sein können, dass eventuell weniger als 50 Wahlberechtigte direkt ins Wahllokal zur Stimmabgabe hätten kommen können. Dann wären (aus Gründen des Wahlgeheimnisses) die Urnen mit größeren Stimmbezirken zusammen ausgezählt worden. Aber dies war weder in Seelbach noch in Böckweiler oder Pinningen der Fall, den kleinsten Stimmbezirken.

Und wie waren die Einschätzungen der lokalen Politgrößen unmittelbar nach der Wahl? Blieskastels Bürgermeister Bernd Hertzler (SPD) sah kurz nach 18 Uhr ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, war sich aber zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich sicher, dass Esra Limbacher den Wahlkreis für sich und die SPD gewinnen werde. Für Achim Jesel, Fraktionschef der SPD, war jedenfalls der Wählerwille schon früh am Abend klar erkennbar: „SPD und Grüne haben so viel Zuwachs bekommen, dass klar ist, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Wechsel wollen“, unterstrich der SPD-Frontmann im Blieskasteler Rat.

Jutta Schmitt-Lang, Blieskasteler Landtagsabgeordnete der CDU, sprach zwar von einer „Aufholjagd“ ihrer Partei, war aber mit dem Ergebnis gleichwohl unzufrieden. Lag es denn womöglich am Kanzlerkandidaten Armin Laschet? „Das kann man so einfach nicht sagen. Das Ergebnis muss in der gesamten Breite der Partei aufgearbeitet werden“, stellte die Abgeordnete heraus.

Lukas Paltz, Fraktionssprecher der Grünen im Blieskasteler Stadtrat, war mit dem Ergebnis seiner Partei auf Bundesebene nicht ganz zufrieden: „Aber die SPD hat gut aufgeholt, wir blieben hinter den Erwartungen zurück. Nun hoffe ich, dass sich eine progressive Mehrheit jenseits der Union findet. Die CDU hat jetzt 16 Jahre regiert, jetzt sollte sie mal Zeit zum Reflektieren haben“, unterstrich Paltz.

Guido Freidinger, Beigeordneter der SPD in Blieskastel, war zunächst einmal sehr zufrieden, dass die Wahlbeteiligung wieder in die Höhe gegangen ist. Er war sich schon sehr früh nach dem Schließen der Wahllokale sicher: „Esra Limbacher wird den Wahlkreis zurückerobern, und Olaf Scholz wird der neue Bundeskanzler sein“.

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