Rotstift strich das Finanzamt weg

Blieskastel · Vor 20 Jahren, am 30. September 1995, ging die Ära des Finanzamtes Blieskastel zu Ende, 40 Beschäftigte zogen nach Homburg um. Massive Proteste und mehrere Kundgebungen zuvor konnten dies nicht verhindern. Bei einem Treffen gab es jetzt einen Rückblick.

 Im ehemaligen Finanzamt Blieskastel arbeitet heute die Stadtverwaltung. Foto: Hans Hurth

Im ehemaligen Finanzamt Blieskastel arbeitet heute die Stadtverwaltung. Foto: Hans Hurth

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Zwei Jahrzehnte nach dem Umzug trafen sich die ehemaligen 40 Blieskasteler Beschäftigten nochmals, ein Rückblick mit Wehmut fehlte dabei natürlich nicht. Dies umso mehr, da das Finanzamt Blieskastel jetzt sein 200-jähriges Bestehen hätte feiern können. Bis 1793 waren die verschiedenen Besitzer der Grafschaft Blieskastel Oberste Finanzbehörde. Mit dem Einmarsch der Franzosen im Jahre 1793 und der Flucht der Gräfin Marianne von der Leyen lag die Finanzhoheit bis 1815 in den Händen Frankreichs. Nachdem die Franzosen das Land verlassen mussten, kam Blieskastel mit der Rheinpfalz 1816 mit einem neuen Rentamt zum Königreich Bayern.

1904 wurde das Finanzamtsgebäude errichtet, heute sind hier Ämter der Stadtverwaltung untergebracht. "Vor 20 Jahren war die Zusammenlegung mit Homburg ein im Vorfeld heiß diskutiertes Thema mit Bürgerversammlungen, Kundgebungen, Besuch der rollenden SZ-Redaktion und Unmut der Steuerzahler von Gersheim und Blieskastel , für die das Finanzamt Blieskastel zuständig war", erinnert sich im Gespräch mit unserer Zeitung Ingo Hurth, zusammen mit Klaus Müller, Joachim Fess und Werner Schneider, Initiator des Erinnerungstreffens. Immerhin 12 464 Unterschriften gegen die Schließung wurden dem Finanzministerium übergeben.

Eine Demontage des dezentralen, bürgernahen Dienstleistungsangebotes und ein Rückschlag bei den Bemühungen um ein Stadtmarketing befürchtete Gerd Bitsch als Vorsitzender des Verkehrsvereins. "Wir als Personal waren zudem über die Schließungspläne erst spät informiert worden", weiß Ingo Hurth noch. "Obwohl der Chef der Steuergewerkschaft Artur Folz uns bescheinigte, mit in der Spitzengruppe der erledigten Arbeit zu liegen, die Abgeordneten des Landtags aus dem Bliestal sowie Stadtrat und Bürgermeister Werner Moschel sich stark ins Zeug legten, waren im Kabinett schon die Würfel für den Umzug gefallen." Die Kosteneinsparung betrage 800 000 Mark (400 000 Euro), zudem sei Blieskastel eines der kleinsten Finanzämter Deutschlands, so das Wirtschaftsministerium.

Wie sehen die ehemaligen Blieskasteler Bediensteten heute die Situation? "Als Zeichen der Zeit wird im öffentlichen Dienst immer mehr zentralisiert. Nach dem Finanzamt verlor Blieskastel das Amtsgericht, Forstamt, Postamt, auch die KSK Saarpfalz ist nur noch Zweigstelle", sagt Ingo Hurth. "War das Finanzamt Blieskastel eigenständig mit allen Abteiungen, von der Finanzkasse über die Kfz-Steuerstelle, der Bodenschätzung bis hin zu Vollstreckungsmaßnahmen, ist heute die Mehrzahl der Abteilungen auf verschiedene Finanzämter im Saarland verteilt." Beim Erinnerungstreffen, zu dem auch der ehemalige Vorsteher Erhard Junk und Matthias Reinert vom Personalrat kam, gab es Gespräche um die eigenständige Zeit, Dokumentationen weckten zudem Erinnerungen.

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