Mittelalterlich schmausen im Hinnereck

Blieskastel. Pommes-Frites, Cola, helle Räume und Pop- Klänge suchte man vergebens. Kerzenlicht, Gesang von Mönchen - phonetisch vertreten -, Bedienungen in historischen Gewändern, Bier und Cidre sowie Speisen von anno dazumal- das Gasthaus Hinnereck präsentierte ein "Spectaculum", das auf großes Interesse stieß und gleich viel Zustimmung fand

 Denise Legrum wäscht nach Mittelalter-Sitte Heinz Scheller die rechte Hand. Foto: Hans Hurth

Denise Legrum wäscht nach Mittelalter-Sitte Heinz Scheller die rechte Hand. Foto: Hans Hurth

Blieskastel. Pommes-Frites, Cola, helle Räume und Pop- Klänge suchte man vergebens. Kerzenlicht, Gesang von Mönchen - phonetisch vertreten -, Bedienungen in historischen Gewändern, Bier und Cidre sowie Speisen von anno dazumal- das Gasthaus Hinnereck präsentierte ein "Spectaculum", das auf großes Interesse stieß und gleich viel Zustimmung fand. "Während einer Kur in Bad Soden hat meine Mutter Marianne, die Wirtin des Hinnereck, in einem Ratskeller diesen Brauch aus dem Mittelalter erstmals kennen gelernt", erzählte Denise Legrum, die in Blieskastel die Anregung in die Tat umsetzte. "Bei einem Vortrag des Historischen Vereins Blieskastel hat unser Team sich über die mittelalterliche Küche informiert, in einer Schneiderei in Kirkel die Gewänder fertigen lassen und aus dem Westerwald das nötige Keramikgeschirr besorgt", blickte sie auf die Vorbereitungen zurück. Die Tischsitte stand am Anfang der "Schmauserey": Vor dem Essen kam Legrum mit einer großen Schüssel voll Wasser an den Tisch, nach ihrem Spruch zur Sitte bei Tische wurde dem "hoch verehrten" Gast die rechte Hand im Wasserbehälter, dem so genannten Aquamanil, gewaschen. "Gabeln, ein Gerät des Teufels, kannte man in früheren Zeiten noch nicht, daher aß man häufig mit drei Fingern", erklärt Legrum Ritual und Brauch bei Tisch, wobei es Unterschiede zwischen Adel und bäuerlichen Familien gab. Im Hinnereck war für die Gäste Erleichterung angesagt. "Wir haben extra Omas Silbergesteck blitzblank geputzt, denn ganz ohne Besteck soll heute doch nicht gegessen werden." Neben Omas Gabel und Löffel diente als Messer ein 20 Zentimeter langer Dolch, als Serviette erfüllte ein um den Hals geschwungenes Geschirrtuch seinen Zweck. Nach Brot, der Hauptnahrung des Mittelalters und Schweineschmalz als Vorspeise labten sich die Gäste an allerlei Speisen vom Borsten- und Federvieh. Im Hinnereck gab es Streifen vom Kapaun mit Würze oder Gulasch im Brotlaib mit Zimt, Ingwer und fruchtigem Rotwein. Der Mundschenk goss neben Met und Most Weizen- und Dunkelbier ins Tongefäß. Mit Gewürzen, gerne als Anregungsmittel verwendet, gingen die mittelalterlichen Vorfahren großzügig um. Das Gewürzkraut Basilikum etwa war nicht nur als Gewürz, sondern auch in der Liebe von Bedeutung: Ein überreichtes Basilikumsträußchen an die Liebste galt als Aufforderung zum Liebesspiel. Bei der Schmauserei im Hinnereck ging es dann doch nicht ganz ohne Neuzeit ab - die Computerkasse druckte nämlich die Rechnung und die Besucher kamen in modischer Kleidung. Die Aufforderung, im mittelalterlichen Gewand zu erschienen und dafür als Begrüßung einen Trunk des edelsten Weines auf Kosten des Hauses zu erhalten, stieß auf wenig Gehör. Trotzdem gab es nur lobende Worte: "Das war ein lehrreicher und lustiger Blick in die Geschichte des Mittelalters", waren die Familien Heinz Scheller und Gerd Stopp aus Biesingen mit "gnädigem Gefallen" nach Speis und Trank ebenso begeistert wie Esther und Michael Striegel aus Mimbach, die das mittelalterliche Mahl als touristische Bereicherung der Barockstadt ansehen. Vor allem bei den Kurgästen dürfte der Schmaus seine Wirkung nicht verfehlen.

 Denise Legrum wäscht nach Mittelalter-Sitte Heinz Scheller die rechte Hand. Foto: Hans Hurth

Denise Legrum wäscht nach Mittelalter-Sitte Heinz Scheller die rechte Hand. Foto: Hans Hurth

Auf einen BlickDas Gasthaus Hinnereck will nach der gelungenen Premiere in Zukunft jeden ersten und dritten Freitag im Monat das mittelalterliche Schmausen anbieten. Am Sonntag beim Historischen Markt in Blieskastel ist das Hinnereck-Team ebenfalls dabei, da gibt es auf dem Paradeplatz die Gulaschsuppe mit Gewürzen des Mittelalters zur Stärkung. Weitere Infos: Gasthaus Marianne im Hinnereck, Brunnengässchen 1, Blieskastel, Telefon (06842) 1099. hh

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort