Leserbrief „Wir sind zur Kritik verpflichtet“

Landrat verteidigt Partnerschaft mit Polen

Ich begrüße die Entscheidung, die kommunalen Beziehungen mit polnischen Gemeinden aufrechtzuerhalten, um die Kommunikation und den interkulturellen Austausch zu stärken. Doch halte ich Begründung und Schlussfolgerung von Landrat Theophil Gallo (SPD) für unangemessen, der ein „Weiter so“ der Beziehungen verfolgt. Ich finde, dass wir gerade vor dem Hintergrund des Dritten Reiches verpflichtet sind, politische Systeme zu kritisieren, die Minderheiten diskriminieren und aus der Gesellschaft ausschließen. Es sollte auch für einen Landrat offensichtlich sein, dass der Nationalsozialismus nie als vermeintliche Begründung oder Ausrede benutzt werden darf, um bei Hass schweigen zu müssen, nur weil ein vergangenes Regime unsere heutigen Werte nicht geteilt hat. Ich glaube sehr wohl, dass das Kritisieren von Hass und Diskriminierung auch Aufgabe der Zivilgesellschaft ist. Mit seiner Aussage stößt Gallo allen NGOs und Aktivisten, die für Gleichbehandlung und Toleranz kämpfen, mutlos in den Rücken. In dieser Debatte geht es nicht um deutsche „Maßstäbe“, die irgendjemandem „aufgezwungen“ werden, sondern um Schutz von Menschenrechten. Freundschaften und Partnerschaften leben auch davon, einem ehrlich und konkret die Meinung zu sagen. Die friedliche Völkerverständigung sehe ich deshalb noch lange nicht bedroht.

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