Kammerzofe Henrietta plaudert aus dem Nähkästchen

Blieskastel · Die Mode des 18. Jahrhunderts zeigt sich ausgefallen und mit eigenen Regeln. Monika Link hat in ihrer Rolle als Kammerzofe Henrietta im Haus des Bürgers in Blieskastel über die Kleidung am Hof gesprochen.

 Kammerzofe Henrietta erläuterte auch die raffinierte Fächer-Technik der barocken, adeligen Damen. Foto: Maria Herrndobler

Kammerzofe Henrietta erläuterte auch die raffinierte Fächer-Technik der barocken, adeligen Damen. Foto: Maria Herrndobler

Foto: Maria Herrndobler

Wer an Jeans oder Stretchhose gewöhnt ist, kann sich kaum vorstellen, welche Tücken und Fallstricke die Mode am Hof des Sonnenkönigs und seiner Nachfolger im Paris des 18. Jahrhunderts für die Trägerinnen bereithielt. Das zeigte mehr als anschaulich Monika Link als Kammerzofe Henrietta den Besuchern bei ihrer heiteren Zeitreise "Gut betucht" im Haus des Bürgers in Blieskastel . Aber wie kommt eine Kammerzofe überhaupt dazu, sich am Hofe des Sonnenkönigs umzusehen und zu beobachten, wie sich Marie-Antoinette und Madame Pompadour am Hofe kleideten und benahmen? Ganz einfach. Kammerzofe Henrietta, im Zweibrücker Schloss bei Herzog Christian IV. tätig, nutzte die Abwesenheit ihres Dienstherren immer wieder zu ausführlichem Ratsch und Tratsch vor und im Schloss. Um das zu unterbinden, gab es für den Herzog nur eine Lösung: Die redselige Kammerzofe muss mit auf die Reisen, dann hatte er sie stets im Auge und sie konnte zu Hause in Zweibrücken "nicht aus dem Nähkästchen" plaudern.

Kammerzofe Henrietta freute es, ihr kamen die Reisen ihres Herren sehr zupass. Besonders beeindruckend war damals das Leben am Hof des befreundeten französischen Königs Ludwig XIV. Der hatte es schon zehn Jahre nach seinem Amtsantritt geschafft, dass alle Königshäuser Europas ihren Blick nach Versailles richteten. Er gab den Zeitgeist vor - auch in Modefragen.

Königin Marie-Antoinette trieb den Kult mit Kleidung auf die Spitze. Trotz heftiger Ermahnungen ihrer Mutter Maria Theresia aus Österreich. Sie ließ sich davon nicht abbringen, blieb ihrem Stil treu, trug die ausufernde Unterbaukonstruktion mit "panierten Körben" aus Fischbeinen um die Hüften und legte kostbare Röcke, Schließen und Mantelkleider, verziert mit Spitzen, Schleifen und Juwelen, darüber.

Um mit den Herren zu flirten und diese zu einem Tête-à-Tête einzuladen, benutzen die Damen ihre Fächer. Heftiges Fächeln und Blickkontakt hieß "ich suche Kontakt", strich die Dame kokett mit zwei Fingern am Rand des Fächers entlang, bedeutete das: "Ich würde mich über ihren Besuch freuen". Und wenn ihre Finger zwischen dem vierten und fünften Segment des Fächers kurz verharrten, war dem geneigten Herren auch klar, dass er um 5 Uhr erwartet wurde. Hier bemerkte eine Zuschauerin sehr treffend: "Das war ja besser als jede SMS!" Denn die Kammerzofe Henrietta zelebrierte die Fächer-Sprache gekonnt, zeigte anschaulich, wie die Damen dieses Spiel beherrschten. Überhaupt schaffte Monika Link als Kammerzofe es vorzüglich, ihre Besucher mit Anekdoten und Geschichten rund um die Mode in ihren Bann zu ziehen. Zur besseren Darstellung bediente sie sich der modernen Version der Laterna magica, einem Beamer. Ein kurzweiliger Abend, der Geschichte lebendig machte. Er hätte mehr Besucher verdient gehabt.

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