"Judengasse" erhält neue Würdigung

Blieskastel. In der Straße "An der Stadtmauer" in Blieskastel-Mitte wurde in der vergangenen Woche ein Hinweisschild angebracht, das die Besucher der Stadt darüber informiert, dass diese Straße einmal den Namen "Judengasse" trug. Dies war auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen im Blieskasteler Ortsrat beschlossen worden

 Beigeordnete Brigitte Adamek-Rinderle und Martin Dauber, beide sind Grünen-Mitglieder und im Blieskasteler Stadtrat, in der Straße An der Stadtmauer, wo ein Zusatzschild darauf hinweist, dass die Straße einmal Judengasse hieß. Foto: SZ

Beigeordnete Brigitte Adamek-Rinderle und Martin Dauber, beide sind Grünen-Mitglieder und im Blieskasteler Stadtrat, in der Straße An der Stadtmauer, wo ein Zusatzschild darauf hinweist, dass die Straße einmal Judengasse hieß. Foto: SZ

Blieskastel. In der Straße "An der Stadtmauer" in Blieskastel-Mitte wurde in der vergangenen Woche ein Hinweisschild angebracht, das die Besucher der Stadt darüber informiert, dass diese Straße einmal den Namen "Judengasse" trug. Dies war auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen im Blieskasteler Ortsrat beschlossen worden. Wie Martin Dauber von den Grünen mitteilt, hatte die Straße bis zur Rückgliederung des Saarlandes an das Deutsche Reich 1935 den Namen Judengasse. Nazi-PropagandaNach der Rückgliederung sei sie von den Nationalsozialisten umbenannt worden. Dem nationalsozialistischen Propagandablatt der "Rufer im Warndt" vom 16. März 1935 sei die damalige Argumentation zu entnehmen: "Wir haben hier (in Blieskastel) noch eine Straßen- bzw. eine Gassenbezeichnung, die in einem nationalsozialistischen Staat sicher nichts mehr zu suchen hat... Eine Bezeichnung Judengasse dürfte nun die Meinung hervorrufen, als seien in dieser Gasse nur Juden sesshaft, oder diese Gasse habe ihre Bezeichnung zu Ehren der Juden erhalten. In der heutigen Zeit ist also eine solche Bezeichnung diffamatorisch, nachdem doch nur deutsche Volksgenossen in dieser Gasse wohnen... Für diese Gasse muss eine derartige Bezeichnung verschwinden... Also ihr Genossen im Stadtrat, bitte..." Die Judengasse sei von den Nationalsozialisten in "Straße am Schlangenbrunnen" umbenannt worden. Nach der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ist die Straße nach Angaben von Martin Dauber, der sich mit der Geschichte der Juden in Blieskastel intensiv beschäftigt hat und noch weiter beschäftigt, auf Anordnung des amerikanischen Ortskommandanten wieder in Judengasse umbenannt worden. Im Jahr 1955 habe die Gasse auf Beschluss des Stadtrates den Namen "An der Stadtmauer" erhalten. "Schon immer bis 1935 hieß diese Straße offiziell Judengasse. Hier war wohl bis zur Judenemanzipation im Zuge der Französischen Revolution ein bevorzugtes jüdisches Wohnquartier. In der Mitte des 19. Jahrhunderts stellten Juden fast zehn Prozent der Blieskasteler Bevölkerung, was überdurchschnittlich war", so Dauber. Jetzt sei es an der Zeit, sich an jüdisches Leben und den Beitrag dieser Bevölkerungsgruppe am Werden Blieskastels zu erinnern, hatten die Grünen in ihrem Antrag im Ortsrat für das Hinweisschild argumentiert.

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