Stolpersteine in Blieskastel Blieskastels Stolpersteine wurden geputzt

Blieskastel · Dieter Geis, Mitglied des Ortsverbandes der Partei Die Linke, übernahm erneut die symbolische Aktion in der Gerbergasse.

 Dieter Geis (vorne) beim Putzen der Stolpersteine in der Blieskasteler Gerbergasse. Dahinter die Wolfersheimer Künstlerin Gaby Klees sowie Bürgermeister Bernd Hertzler (Zweiter von rechts) sowie Antonio Reda (rechts).

Dieter Geis (vorne) beim Putzen der Stolpersteine in der Blieskasteler Gerbergasse. Dahinter die Wolfersheimer Künstlerin Gaby Klees sowie Bürgermeister Bernd Hertzler (Zweiter von rechts) sowie Antonio Reda (rechts).

Foto: Roman Schmidt

Es ist der Donnerstag, 27. Januar, dem 2005 von den Vereinten Nationen ausgerufenen Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust. In der Gerbergasse in Blieskastel werden die sogenannten Stolpersteine blank geputzt. Nachdem es das frühere Stadtratsmitglied der Linken, Antonio Reda, angeregt und auch praktiziert hat, übernimmt Dieter Geis, Mitglied des Ortsverbandes der Partei Die Linke in der Barockstadt diese „praktische Arbeit“ jetzt zum zwölften Mal. Ausgestattet mit Putzeimer und Lappen kniet er vor in vier Steine eingelassene Plaketten, die 2009 verlegt und an Schicksale von Blieskastelern erinnern. Dies sind Blandina, Cäcilia (Fanny) und Edgar Joseph sowie Myrtil Neuberger. Sie gehörten jüdischen Familien an. Blandina, 1890 in Blieskastel geboren, verstarb im Konzentrationslager Auschwitz, Edgar, geboren 1893 in Blieskastel, wurde 1942 nach Auschwitz ins Vernichtungslager deportiert, galt als verschollen, wurde 1947 für tot erklärt. Cäcilia „Fanny“, geboren 1860, wurde im April 1943 ins Ghetto nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 5. April 1944 starb. Ihr letzter Wohnort in Blieskastel war in der Straße des 13. Januar 12, heute Zweibrücker Straße 15. Myrtil, Jahrgang 1882, gilt als verschollen, nachdem sie am 13. Februar 1943 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert worden war.

Ein weiterer Stein befindet sich vor dem Anwesen Kardinal-Wendel-Straße 58 und erinnert an Anna Oppenheimer. Sie war vermutlich infolge einer Kinderlähmung körperbehindert, fiel, nachdem sie lange Jahre gepflegt worden war, wohl 1939 einem Euthanasiemord zum Opfer. Ihre Stolpersteine gehören, wie die für Georg und Otto Bieg in Niederwürzbach zur europaweiten Initiative des aus Köln stammenden Künstlers Gunter Demnig. Mithilfe vieler örtlichen Initiativen in Deutschland und 25 weiteren Ländern nahezu 80 000 Steine verlegt.

Im Beisein von Blieskastels Bürgermeister Bernd Hertzler sprach Geis davon, dass mit der Aktion das Andenken wach und lebendig erhalten werden soll, zumal derzeit in den politischen Bewegungen wieder Tendenzen sichtbar seien und auch die radikalen „Rechten“ in vielen Ländern wieder erstarkt seien.

Da wegen der aktuellen Corona-Lage bewusst auf eine offizielle Ankündigung verzichtet wurde, war es eine ganz intime, aber stimmungsvolle Feier, an der auch neben Reda auch Albert Schnepp vom Ortsverband der Linken teilnahm.

Die freischaffende Künstlerin Gaby Klees aus Wolfersheim, die auch schon seit 2009 Beiträge zur Gedenkfeier liefert, sang zu ihren Gitarrenklängen unter anderem das Lied „Die Moorsoldaten“, das Rudi Goguel im Konzentrationslager Börgermoor bei Papenburg komponiert hatte. Mit weiteren Titeln erinnerte sie an verfolgte Bevölkerungsgruppen, beispielsweise an die Vertreibung der Sinti und Roma.

Zu Beginn des Nazi-Terrors nach der Saarabstimmung 1935 lebten in Blieskastel mehrere jüdische Familien. Die jüdische Gemeinde in der Barockstadt war eine der größten in der ganzen Region. Auf dem jüdischen Friedhof auf dem alten Han, im 17. Jahrhundert erstmals erwähnt und noch heute erhalten, wurden auch Bürger jüdischen Glaubens aus umliegenden Ortschaften beigesetzt.

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