Hohes Lied vom Schnapsbrennen

Wolfersheim. Ludwig Weber sang 1997 in seiner "Schnapsfibel" das hohe Lied des Schnapsbrennens, einer Kunst, die nach Meinung der Wolfersheimer hier im Dorf wie kaum sonstwo meisterlich beherrscht wird

Wolfersheim. Ludwig Weber sang 1997 in seiner "Schnapsfibel" das hohe Lied des Schnapsbrennens, einer Kunst, die nach Meinung der Wolfersheimer hier im Dorf wie kaum sonstwo meisterlich beherrscht wird. "Nur in der Szene hier bei uns/nicht anderswo, bei Hinz und Kunz,/wo das Knowhow zu Hause ist/und ohne das nichts Edles fließt", schwärmt der Dichter in Reimen von den edlen Bränden, die in der Brennerei im Erdgeschoss der ehemaligen Lehrerwohnung destilliert werden. Dieser Lokalstolz ist nicht unbegründet, denn die Wolfersheimer Brennerei hat tatsächlich eine Besonderheit, die noch aus ihrer Geschichte als öffentliche Brennerei herrührt: Wer hier Schnaps brennt, steuert und begleitet den Brennvorgang selbst. Die beiden "Brennmeister" Horst Blumenauer und Ludwig Hunsicker haben natürlich ein Auge auf den Vorgang und erledigen den notwendigen Schriftverkehr für den Zoll, doch der eigentliche Schnapsbrenner ist der Bürger, der zuvor seine Maische aus Kirschen, Zwetschen, Mirabellen, Äpfeln, Birnen oder Quitten angeliefert hat. Dies entspricht einer langen Tradition. Wie Horst Blumenauer erklärt, hätten schon im 19. Jahrhundert die Wolfersheimer Bauern als Nebenerwerb Schnaps gebrannt. Und Wolfgang Blumenauer, der erste Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins, weiß, dass noch bis zum Zweiten Weltkrieg viele Wolfersheimer Familien ihre eigene Brennerei und das Recht zu brennen hatten. Im Krieg wurden die wertvollen kupfernen Geräte konfisziert, nach dem Krieg gab es in Wolfersheim keine einzige Brennerei mehr. Da spendeten die Wolfersheimer Bürger Geld, so dass schon 1948 eine neue Brennerei, die dann Eigentum der Gemeinde war, angeschafft werden konnte. Der kleine Raum unter der einstigen Lehrerwohnung wurde nun zum beliebten Treffpunkt eines Teils der männlichen Wolfersheimer Bevölkerung, wo man es auch im Winter schön warm hatte. "Hier wurde seit jeher sowohl große Weltpolitik als auch Dorftratsch betrieben", schmunzelt Horst Blumenauer. Nach der Gebiets- und Verwaltungsreform 1974 ging die Brennerei in den Besitz der Stadt Blieskastel über, die nichts in die Anlage investierte. "Zum Schluss war die Brennerei ziemlich marode", sagt Wolfgang Blumenauer. Die Stadt Blieskastel war nicht bereit, eine neue Anlage zu finanzieren. Was tun? Hier kommt nun wieder die beispiellose Wolfersheimer Solidarität ins Spiel. Auf Betreiben von Ortsvorsteher Stephan Schepp-Weyrich wurde 2001 ein Obst- und Gartenbauverein gegründet, der fortan die Angelegenheiten der Brennerei wahrnehmen sollte. Ende 2004 wurde die alte Brennerei ausgemustert. Und schon 2005 war das Geld - rund 200 000 Euro - für die Anschaffung einer neuen, im Schwarzwald hergestellten Anlage, zusammen. "Das war Wolfersheim", stellt Wolfgang Blumenauer nicht ohne Stolz fest. Bei zahlreichen Veranstaltungen - auch die Kerb richtete der Obst- und Gartenbauverein in dieser Zeit aus - hatte man so viel Geld eingenommen, dass die Bestellung in den Schwarzwald aufgegeben werden konnte. Die übrigen Wolfersheimer Vereine ließen in dieser Zeit dem Obst- und Gartenbauern als Veranstalter den Vortritt. Bei der neuen Brennerei hatte man Wert darauf gelegt, dass sie bei aller Modernität etwas Urtümliches bewahrte. So behielt man die Tradition, dass mit Holz geheizt wird und jeder seinen Brennstoff selbst anliefert, bei. Zur Frage, woher nun eigentlich die Wolfersheimer Männer das Knowhow des Schnapsbrennens beherrschen, kann Wolfgang Blumenauer seine eigene Geschichte als Beispiel anführen. Der Mittfünfziger hatte schon mit 18 Jahren begonnen, Klaren zu brennen. Unter der Regie des damaligen Brennereiaufsehers Ernst Welker lernten er und einige gleichaltrige Freunde die Finessen des Destillierens. "Bei der alten Anlage war das auch wirklich eine Kunst", so Wolfgang Blumenauer, der wie die anderen aus dem Dorf jedoch auch bei allen technischen Vorteilen der neuen Anlage nicht auf seine gute Nase und sein Wissen um die alte Kunst des Schnapsbrennens verzichten mag. "Damit der Wolfersheimer Schnaps auch weiterhin der Beste weit und breit ist."

Auf einen BlickObst- und Gartenbauverein Wolfersheim, erster Vorsitzender Wolfgang Blumenauer, Stellvertreter Andrea Weyrich und Dieter Neumüller. Die Schnapsbrennerei wird von Horst Blumenauer und Ludwig Hunsicker betreut. Zurzeit wird Kirsch gebrannt, gefolgt von Mirabellen, Zwetschen, Birnen und Äpfeln. Auch Auswärtige brennen in Wolfersheim ihren eigenen Schnaps. Die Obstbrände weisen zwischen 45 und 47 Prozent Alkohol auf. zal

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