Gemeinden sorgen sich um ihre Zukunft

Die eigentliche Diskussion in den Pfarrverbänden fand jeweils erst nach den Pressegesprächen statt. Welche Eindrücke hinterließ dieses Vorgehen bei Ihnen in den Gemeinden?Risch: Hier kann ich nur für mich persönlich sprechen

Die eigentliche Diskussion in den Pfarrverbänden fand jeweils erst nach den Pressegesprächen statt. Welche Eindrücke hinterließ dieses Vorgehen bei Ihnen in den Gemeinden?Risch: Hier kann ich nur für mich persönlich sprechen. Bereits einige Wochen vorher wurde uns in den Räten das Konzept der Diözese für die Gemeindepastoral 2015 ausgehändigt und avisiert, wie die weiteren Schritte in der Entscheidungsfindung sein werden. Jede und jeder von uns konnte sich damit beschäftigen. Auf die Diskussion mit den Vertretern des Bischöflichen Ordinariats bereiteten wir uns in einem Gremium aus Vertretern aller Pfarrgemeinde- und Verwaltungsräte vor. Unsere Meinung schien gefragt zu sein, wir hatten die Hoffnung, selbst positive Beiträge einbringen zu können. Dass den Medien ein vordefinierter Sachverhalt präsentiert wurde, mag vielleicht nur eine ungeschickte Vorgehensweise gewesen sein, aber Respekt vor den Menschen vor Ort und eine Wertschätzung ihrer Meinungen und Anregungen brachte sie jedenfalls nicht zum Ausdruck.Jeder Veränderungsprozess bringt ja Unruhe, manchen Betroffenen auch Schmerzen. Die Entscheider des Bistums können vielleicht gar nicht allen Anliegen gerecht werden, sonst käme ein Prozess nicht in Gang und schon gar nicht zum Abschluss. War dieses Verhalten eine Art Schutz?Risch: Das hätten wir unsere Gesprächspartner aus Speyer fragen können. Ich darf aber dennoch unter zwei Gesichtspunkten darauf antworten. Souveränität der handelnden Personen, die eine solch umfassende Strukturveränderung auf den Weg bringen möchten, kommt gerade dann zum Ausdruck, wenn sie sich insbesondere zu Beginn des Veränderungsprozesses auch öffentlich mit den Problemen und Ängsten auseinandersetzen, die aus dem Prozess resultieren können, und offen sind für Anregungen, die zur Nachhaltigkeit der Neuausrichtung beitragen. Und damit bin ich schon beim zweiten Aspekt. Bei den Fragen und Anregungen aus den Kirchengemeinden ging es nicht um Jammern und Klagen, dass "alles immer schlechter wird", sondern um die große und ernsthafte Sorge, wie Kirche eine Zukunft hat und Zukunft in jedem einzelnen Ort gestalten kann."Können Sie konkretisieren, welche Argumente da eingebracht wurden? Risch: Die Präsentation von Generalvikar Jung zu den Veränderungen in Kirche und Gesellschaft, welche eine Neuausrichtung erfordern, umfasste auch Hinweise darauf, dass das Format von Ehrenamt sich gewandelt habe. Kurzfristige Aktionen würden gerne begleitet, eine langfristige Bindung in ein Ehrenamt sei von vielen Gläubigen eher unerwünscht. Dies erleben wir genauso. Doch das Pastoralkonzept 2015 sieht eine noch stärkere Einbindung der Ehrenamtlichen als bisher vor. Neben diesem Widerspruch zwischen Gesellschaftsentwicklung und Konzept sehen wir die große Gefahr darin, dass sich Ehrenamtliche irgendwann komplett überlastet sehen und sich deshalb ganz zurückziehen.Nun beschreiben auch Sie Risiken und Ängste der Menschen, Sie hatten vorhin von Nachhaltigkeit gesprochen!Risch: Ja natürlich, Nachhaltigkeit hat doch schon mal damit zu tun, dass wir Möglichkeiten realistisch einschätzen. Ehrenamtliche brauchen mehr fachliche Unterstützung, zum Beispiel durch Spezialisten auf Dekanats- oder Diözesanebene - für die Jugendarbeit, für die Bewusstseinsbildung in sozialer Verantwortung, für die Öffnung des Blicks auf eine Weltkirche und so weiter. Aber die Argumente der Räte gingen selbstverständlich weiter. Die Zukunft der Kirche sehen beide Gesprächspartner, Ordinariat und Gemeinde vor Ort, darin, dass die Kirche die Menschen wieder erreicht. Doch die Kirchengemeinden forderten und fordern ein klares Bekenntnis zum Engagement der Kirche als Träger der Pädagogik in Kindertageseinrichtungen, ein klares Bekenntnis der Verantwortlichkeit für Religionsunterricht, während auf Diözesanebene immer mehr überlegt wird, sich aus finanziellen Gründen davon zu entfernen. Wenn wir die jetzigen jungen Eltern, aber vor allem die Kinder und Jugendlichen nicht mehr erreichen würden, dann - so die Meinung aus den Gemeinden am Diskussionsabend, ich zitiere - "könnten wir in fünfzehn Jahren ganz dicht machen!" Geprägt wurde deshalb die Aussage "Zukunft gestalten, statt nur Rückgang verwalten!" als Anspruch an diesen Veränderungsprozess. Dabei geht es in keiner Weise darum, das Konzept der Diözese bezüglich der Pfarreienstruktur in Frage zu stellen, dies ist ja notwendig. Es geht darum, das Konzept um eine Zukunftsausrichtung zu ergänzen. Dabei sollten alle Beteiligten sich von dem Blick auf die Institution Kirche verabschieden und den Fokus auf die Inhalte ausrichten, die Kirche, die christliche Gemeinschaft wirklich ausmachen.

HintergrundUnter dem Leitmotto "Gemeindepastoral 2015" präsentierten die Vertreter des Bischöflichen Ordinariats in Speyer Anfang März auch im saarländischen Teil der Diözese, dem Dekanat Saarpfalz, die definierten Planungen für eine Neustrukturierung der Pfarreien. Dieser neue Zuschnitt wurde von Wolfgang Jochim, Kanzleidirektor im Ordinariat, Franz Vogelgesang, Leiter der Hauptabteilung "Pastorale Dienste und Gemeindearbeit" und dem Generalvikar des Bistums, Franz Jung, auch den Medien präsentiert (wir berichteten). Die Rede ist zum Beispiel von der Zusammenführung der jetzigen Pfarreien in neue, größere Einheiten, um dem Rückgang der Zahl der Priester gerecht zu werden und jede Einheit auch in Zukunft in die Verantwortlichkeit und Seelsorge durch einen Priester stellen zu können. Die jetzige Pfarreiengemeinschaft Blieskastel-Lautzkirchen, die aus einem Zusammenschluss von Alschbach, Bierbach, Lautzkirchen und Niederwürzbach entstanden ist, soll bis 2015 mit der Pfarreiengemeinschaft von Kirkel und Limbach in einer neuen Pfarrei zusammengelegt werden. cas

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