Ein Konzert, das die Menschen berührte

Blieskastel. Die scheinbar banale Tonfolge des Klavierklassikers "Für Elise" erklingt. Ganz normal, wie es in den Noten steht. Dann erhebt sich die Geigerin Patrizia Kopatchinskaja vom Stuhl, auf dem sie fast unbemerkt gesessen hatte und los geht ein musikalischer Wirbelsturm. Da wird gerockt, improvisiert, was das Zeug hält

Blieskastel. Die scheinbar banale Tonfolge des Klavierklassikers "Für Elise" erklingt. Ganz normal, wie es in den Noten steht. Dann erhebt sich die Geigerin Patrizia Kopatchinskaja vom Stuhl, auf dem sie fast unbemerkt gesessen hatte und los geht ein musikalischer Wirbelsturm. Da wird gerockt, improvisiert, was das Zeug hält. Mit einem Temperament, mit einer Freude, die ihresgleichen sucht. Diese Zugabe war symptomatisch für das gesamte Konzert, das der Pianist Fazil Say mit der Geigerin in der vollbesetzten Blieskasteler Schlosskirche gab. Es war ein denkwürdiges Konzert, das keiner der Besucher so schnell vergessen wird. Nicht nur, weil extra für diese Veranstaltung dieses barocke Kleinod geöffnet wurde, sondern, weil es ein Konzert war, das die Menschen emotional berührte. Denn wer meint, klassische Musik sei schwere Kost, die nur vom Kopf her zu verstehen ist, der wurde bei diesem Euroclassic-Konzert eines Besseren belehrt. Das türkisch-ukrainische Duo ergänzt sich in Musikalität und Temperament vortrefflich. Das zeigte sich bereits beim ersten Stück, der Brahms-Sonate Nr. 3 op. 108, besonders aber bei Maurice Ravels "Rhapsodie Tzigane", in der die junge Geigerin das Publikum mitnahm auf eine Reise in die Welt der Zigeuner, mit ständigem Wechsel zwischen schluchzendem Weltschmerz und ausgelassener Fröhlichkeit. Fazil Say, der musikalische Tausendsassa, der mit traumwandlerischer Sicherheit seinen Part spielt und gern dabei mit summt, ist nicht nur ein grandioser Tastenkünstler, er ist auch ein ernst zunehmender Komponist. Seine Violinsonate scheint Patricia Kopatchinskaja förmlich auf den Leib geschrieben; mit viel Körpereinsatz setzt sie die Emotionen, die sich in den Satzbezeichnungen wie Melancholy und Grotesque ausdrücken, um. Frenetischer Beifall des begeisterten Publikums und einige Zugaben der sympathischen Künstler, die gezeigt haben, dass Musik keine Grenzen kennt. Wenn sie nur die Seele berührt. Brigitte Adamek-Rinderle

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