Windkraft in Blieskastel „Das ist ein massiver Eingriff in die Natur“

Blieskastel · Die Interessengemeinschaft Biosphäre äußert sich zu den Plänen von Rot-Grün hinsichtlich der Windkraft in Blieskastel.

 Unser Bild zeigt die Ausschachtung für das Fundament einer Windkraftanlage in Sachsen. Das Fundament selbst besteht aus Beton.

Unser Bild zeigt die Ausschachtung für das Fundament einer Windkraftanlage in Sachsen. Das Fundament selbst besteht aus Beton.

Foto: Andreas Kretschel

„Die Pläne von Grünen und SPD: Umwandlung des idyllischen Barockstädtchens Blieskastel mit der umgebenden Biosphärenregion in ein gigantisches Industrieprojekt“: Mit diesen Worten ist eine Stellungnahme der Interessengemeinschaft Biosphäre überschrieben, das die Windkraft-Pläne der rot-grünen Ratsmehrheit betrifft. Sie legt aus ihrer Sicht folgende Gesichtspunkte dar:

„Was für ein großes Ereignis war es, als am 26. Mai 2009 die Region um Blieskastel durch die Unesco ihre Anerkennung als „Biosphärenreservat“ erhalten hatte! Alle waren stolz darauf und es wurde groß gefeiert“, schreibt die Sprecherin der Interessengemeinschaft (IG) Roswitha Feld. Der Grund für diese hohe Auszeichnung sei, dass es sich hier um eine besonders wertvolle Naturlandschaft mit ausgedehnten Streuobstwiesen, wertvollen Buchenwäldern, artenreichen Orchideenwiesen, einer eindrucksvollen Auenlandschaft und einer besonderen Artenvielfalt handele. Das könne man auch auf der Webseite des Biosphärenreservats nachlesen.

Wie der Name „Biosphärenreservat“ schon sage, habe die Bewahrung und Förderung der Natur hier oberste Priorität. Dies sei jedoch unvereinbar mit „völlig überdimensionierten Industrieprojekten wie Windkraftanlagen“, ganz gleich, ob es sich um eine oder mehrere Anlagen handele, weil für die Aufstellung dieser „Elektro-Riesen“ – und für die notwendigen zahlreichen Zufahrten dorthin – große Flächen mit gesunder und lebendiger Natur zerstört und durchschnitten werden müssten.

Bedroht seien vor allem Flugtiere, wie beispielsweise Vögel und Fledermäuse. Da diese Region von vielen Vögeln im Herbst als Vogelzugkorridor in die wärmeren Länder des Südens, vor allem Afrika, genutzt werde, erhöhe sich die Gefahr, dass immer mehr von ihnen in die Flügel dieser Anlagen hineingeraten und zerschmettert werden: „Wie man weiß, sind Windkraftanlagen als ,Tötungsmaschinen’ etwa für Rotmilane bekannt, die ja alljährlich in Trupps von bis zu 60 Exemplaren über dieses Gebiet in den Süden ziehen, und die schon seit längerem zahlenmäßig immer weiter zurückgehen.“

Im Falle der jetzt neu vorgesehenen Windkraftanlagen komme noch hinzu, dass für die Bereitstellung der erforderlichen Bauflächen eine große Anzahl gesunder Bäume abgeholzt und damit unwiederbringlich zerstört werden müsse. „Wie lässt sich dieser massive Eingriff in die Natur rechtfertigen, wenn man überall Berichte über ,das große Waldsterben’ lesen kann, das in den letzten Jahrzehnten so rasant zugenommen hat – sei es durch Luftverschmutzung (CO2 von den Autos, den Flugzeugen, aus der Industrie und der Landwirtschaft), Schädlinge (beispielsweise Borkenkäfer) oder Pilzbefall und Ähnliches?“, fragt die Interessengemeischaft.

Oder von einer noch höheren Warte aus betrachtet: Wie könne man dies verantworten, wenn auf unserer Erde durch riesige, monatelange Waldbrände auf den verschiedensten Kontinenten unglaublich viel Natur – und damit auch Wald – zerstört werde? Allein im Jahr 2020 seien in Kalifornien innerhalb weniger Monate eine fast sieben Mal so große Fläche wie das Saarland von den Feuern zerstört worden, in Australien sogar eine 50 Mal so große Fläche wie das Saarland.

Um der Natur wieder mehr Raum zu geben, setze sich Saar-Umweltminister Reinhold Jost seit Mai 2019 sogar dafür ein, dass die Schotterung von Vorgärten verboten werden soll, um so der Natur wieder mehr Lebensraum zu verschaffen. Und dies nicht nur im Saarland, sondern auch auf der Umweltministerkonferenz in Hamburg: „Wie man daraus erkennen kann, sind schon kleinste Hinzugewinne von großer Bedeutung. Wie kann man diese Zerstörungen dann in so großem Ausmaß zulassen? Oder sogar veranlassen?“

Viele Tausende Menschen - unter ihnen die meisten auch Windkraftbefürworter - hätten in den letzten zehn Jahren gegen diesen „Zerstörungswahn“ in der Biosphäre Bliesgau protestiert und gegen die Aufstellung von Windkraftanlagen an diesem sensiblen Standort gekämpft. Denn auch Windkraftanlagen dürften – so die allgemeine Auffassung – nicht blind in die Landschaft verteilt werden. Jeder wisse, wie sehr sich die Bürger im Biosphärenreservat dafür eingesetzt hätten, dass gerade hier in dieser Region „mit besonders hohem Sonnenpotenzial“ die für diesen Standort passenden und damit ideal geeigneten Alternativen der Energieerzeugung zur Anwendung kommen sollen, so beispielsweise durch noch mehr Solaranlagen auf Dächern. Zumal fast jeder wisse, dass durch fachliche Untersuchungen in Bezug auf Windhöffigkeit eher eine „Nichteignung für Windräder“ festgestellt worden sei. Aber die Bürger seien letztendlich von der Politik komplett übergangen – ebenso seien viele Fakten nicht berücksichtigt worden.

Zur Erläuterung: Die hier zitierte „Windhöffigkeit“ beschreibt das durchschnittliche Windaufkommen an einem Standort und damit auch seine Eignung zur Nutzung der Windkraft. Sie dient der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Windenergieanlage am jeweiligen Standort.

„Die meisten hier im Raum Blieskastel/Biosphäre Bliesgau glauben inzwischen nicht mehr daran, demokratisch in die Entscheidungen über gravierende und lebensverändernde Einschnitte in Natur und Landschaft ihres Umfelds – so wie gerade jetzt wieder geplant – einbezogen zu werden. Immer wieder versprechen Bürgermeister und Parteiangehörige, bevor sie gewählt werden, die Anliegen der Bürger ernst zu nehmen und ihre Entscheidungen danach auszurichten. Aber nicht alle halten diese Versprechen letztendlich ein. Bei Projekten dieser Größenordnung müsste jede einzelne Stimme von Betroffenen gehört und gezählt werden, nicht nur die wenigen lauten Stimmen“, konstatiert Roswitha Feld im Namen der Interessengemeinschaft Biosphäre abschließend.

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