Ein ganz seltenes Tierchen Der Bierschnegel ist in Blieskastel aufgetaucht

Blieskastel · Diese Schnecken-Art hat im Saarland Seltenheitswert, wie unsere Story anschaulich zeigt.

 So schaut er aus, der äußerst seltene Bierschnegel.

So schaut er aus, der äußerst seltene Bierschnegel.

Foto: Anita Naumann

Was für ein seltenes Exemplar: Dem Artenkenner und Schneckenforscher Steffen Caspari stockte der Atem. Direkt vor seinen Füßen kroch Ende vergangenen Jahres aus einem Kellerschacht neben einer Gaststätte in St. Wendel ein Bierschnegel (Limacus flavus) hervor. Es war der zweite Fund dieser Nacktschnecken-Art in den vergangenen 40 Jahren im Saarland. Die Art steht auf der Roten Liste, ist deutschlandweit vom Aussterben bedroht, teilte damals die Sprecherin des Umweltministeriums mit.

Und nun hat uns auch Anita Naumann, Mitarbeiterin des Biosphärenzweckverbandes Bliesgau, eine Bierschnegel-Story geliefert. Und die geht so: „April 2018: Bei einem Spaziergang durch Blieskastel in der Mittagspause fällt mir eine relativ große, helle Nacktschnecke auf. Vielleicht ein helles, noch nicht ausgewachsenes Exemplar vom Tigerschnegel, einer großen, auffällig tigerartig gefärbten Nacktschnecken-Art. Zur Sicherheit mache ich ein paar Fotos, kann ja nicht schaden. Außerdem steht zu Hause das Buch „Die Landschnecken Deutschlands“. Aber auch nach mehrmaligem Blättern im Buch bin ich mir unschlüssig. Am meisten Ähnlichkeit hat meine Schnecke mit dem abgebildeten „Bierschnegel“, aber der gilt in ganz Deutschland als vom Aussterben bedroht. Der Bierschnegel ist schmutziggelb bis orange gefärbt, kann sehr groß werden und gehört zur Familie der Schnegel. Sein ungewöhnlicher Name geht auf die Tatsache zurück, dass er früher oft in Bierkellern vorkam und vom verschütteten Bier angezogen wurde.

Im Internet findet man zu ihm Überschriften wie „Nach 90 Jahren in Niedersachsen wiederentdeckt“. Eine so seltene Schnecke soll ich durch Zufall gefunden haben? Gibt es keine häufigere Art, die vielleicht auch in Frage kommen könnte? Außerdem gilt der Bierschnegel als nachtaktiv und lebt gerne in Kellern. Doch ich habe ihn tagsüber an einer Mauer gefunden. Allerdings gibt es in Blieskastel geeignete alte Keller, wo er noch vorkommen könnte.

Aber wen könnte ich nach dem Bierschnegel fragen, wer kennt sich denn mit Schnecken aus? Ich kenne Fachleute aus so vielen Artengruppen, aber in der Delattinia, der naturforschenden Gesellschaft des Saarlandes, fällt mir niemand ein, der sich mit Schnecken befasst. Also lege ich die Fotos einfach in meinem Archiv ab, vielleicht findet sich mal jemand, der mir bei der Frage helfen kann.

Dann findet im Juni 2019 eine Tagung der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft statt. Forscher also, die sich mit Schnecken und Muscheln befassen. Leider verpasse ich den Termin, aber in den Nachberichten höre ich, dass auch ein Kollege vom saarländischen Zentrum für Biodokumentation teilgenommen hat. Kurz nach meinem Sommerurlaub treffe ich ihn auf einem Außentermin, und mir fällt die Schnecke aus meinem Archiv wieder ein. Ich spreche ihn also darauf an. Kann es den Bierschnegel im Saarland geben?

Wir verabreden, dass ich ihm die Bilder zuschicke. Das mache ich am selben Abend. Und erhalte auch kurz darauf schon die Antwort, dass er es zumindest für möglich hält. Aber weil er sich auch nicht ganz sicher ist, leitet er sie noch an einen Schnecken-Kenner weiter. Von dem kommt die Bestätigung: Es ist tatsächlich der Bierschnegel! Witzigerweise findet mein Ansprechpartner 2019 selbst noch ein Exemplar in St. Wendel (siehe oben). Das ist erst der zweite bekanntgewordene Fund in den letzten 40 Jahren im Saarland.

Den dritten Fund kann wieder ich vermelden: Ende April 2020 in Blieskastel. Nach längerer Trockenheit hat es nachts geregnet und so ist der Bierschnegel morgens noch unterwegs, als ich zur Arbeit komme.

Also: Augen auf und vielleicht entdecken Sie ja selbst das seltene Tier. Die besten Chancen haben Sie, wenn Sie im Dunkeln an alten Gemäuern unterwegs sind. Oder vielleicht haben Sie selbst einen alten Felsenkeller, in den Sie mal einen Blick werfen könnten?“

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