Bäckereien in der Region Leidenschaft für Regionalität und neue Ideen

Biesingen · Bäckereien, die unser tägliches Brot nach alter Handwerkstradition herstellen, stellen wir in einer Serie vor. Regionale Zutaten für ein regionales Produkt – beim Brot ist das der Idealfall. Und tatsächlich gibt es eine Reihe von Bäckereien, die sich der Handwerkskunst ebenso verbunden fühlen wie der Region. So auch die Bäckerei Fetzer in Biesingen.

 Drei Generationen mit Begeisterung für das Bäcker-Handwerk: (von links) Hagen, Gertrud und Bernd Fetzer in der heimischen Bäckerei.

Drei Generationen mit Begeisterung für das Bäcker-Handwerk: (von links) Hagen, Gertrud und Bernd Fetzer in der heimischen Bäckerei.

Foto: Peter Gaschott

Hagen Fetzer war zweieinhalb Jahre alt, als er in einem unbeobachteten Moment in der Backstube einen Sack Mehl umwarf und mit dem Mehl zu spielen begann. So etwas prägt. Erst recht, wenn man in einer Bäckerfamilie aufwächst, die schon seit 1933 dem Handwerk treu ist. Immer am gleichen Ort – in Biesingen standen alle Fetzers am Ofen oder hinter der Theke. Hagens Großmutter Gertrud Fetzer steht auch mit 82 Jahren noch gerne hinter der Theke. Hat sich in diesem Alter in den hochmodernen Kassencomputer so eingearbeitet, dass sie auch den Jüngeren zur Seite springen muss, wenn die sich mit dem Kassenprogramm nicht auskennen.

Gertrud Fetzer hält so ihrem Sohn Bernd und Enkel Hagen ein wenig den Rücken frei, damit die beiden in der Backstube die Familientradition fortsetzen. Wobei das mit der Tradition so eine Sache ist – Hagen Fetzer hat den Kopf voller Ideen, fängt eine Menge neuer Projekte an, und sie sind erfolgreich. Während Bernd Fetzer sich eher, mit seinen 59 Jahren, als ruhender Pol im Betrieb sieht. Die neuen Ideen des Hagen Fetzer, die haben viel mit seinen zwei Ausbildungsgängen zu tun.

Er lernte, wie der Vater, Bäcker und wurde Meister. Aber das Konditoren-Handwerk hatte es ihm schon immer angetan. Mit zwölf begann er, Schokolade zu schmelzen und in Formen zu gießen. Jahre später machte er eine Ausbildung im Café Schubert in Saarbrücken. „Die haben alles selbst gemacht, und das wollte ich lernen“, erzählt er unserer Zeitung. Erfolgreich jedenfalls, er wurde des Saarlands bester Konditor.

Mit seinem Vater steht er ab ein Uhr nachts in der Backstube. Gebacken wird bis in den Vormittag. Wobei die Fetzers großen Wert legen auf Zeit, die ihre Teige brauchen, um ihr Aroma zu entfalten. Ganz wichtig dabei der eigene Sauerteig. Seit zwanzig Jahren wird dieser Teig gepflegt, er ist die Seele aller Brote, die die Bäckerei Fetzer verlassen. Jeden Tag wird von diesem Sauerteig ein wenig aufgehoben, um die Basis des nächsten Teigs zu bilden. Er ist ihnen heilig, sie sind stolz auf ihren Teig, der ihrem Brot seine Einzigartigkeit gibt. Zusammen mit dem Mehl, das aus der Mühle Schuwer und aus der Bliesmühle kommt. Dinkel will man künftig bei Bauer Stopp in Ballweiler beziehen. Die Felder hat man von der Backstube aus im Blick. „So geht Regionalität“, sagt Bernd Fetzer.

Dass Teige Zeit brauchen, das ist dem Aroma geschuldet und der Bekömmlichkeit des Brotes. Und der Hefe. Die Teige der Fetzers bilden ihre Hefe selbst. Backhefe, die man kaufen kann, spielt nur in Kleinstmengen eine Rolle als Starter für die natürliche Hefe, die sich alle vier Stunden im Teig verdoppelt. Lässt man dem Teig diese Zeit, entstehen perfekte Backwaren ohne irgendwelche Backmischungen, mit eigener Hefe. Die beiden Fetzers sowie Bäckermeister Thomas Tüllner und Gesellin Anja Lissner formen dann in der Nacht die Brote und die Kaffeestückchen. „Das ist alles Handwerk, bei uns sieht kein Kaffeestückchen aus wie das andere, jedes ist von Hand geformt“, erklärt Bernd Fetzer. Tagsüber werden dann zum Beispiel die Croissants gemacht. Wobei ein Croissant drei Tage braucht, bis es in der Ladentheke liegt. Am ersten Tag wird der Teig gemacht, tags darauf wird es geformt und gerollt, einen Tag später erst gebacken. Mit vollem Aroma und herrlich leichtem Teig.

Wenn dann der normale Arbeitstag des Bäckers, der eher eine Arbeitsnacht ist, zu Ende geht, nimmt Hagen Fetzer die Airbrushpistole zur Hand oder eine filigrane Werkzeugsammlung, die eher an einen Uhrmacher erinnert. Jetzt lebt der Konditormeister sein Hobby. Petits fours entstehen, unglaublich leckere kleine Teilchen, dekoriert mit winzig kleinen Figuren, mit Sauriern, Alpakas, Eulen oder Blumen, die er von Hand aus Lübecker Marzipan geformt hat. Gerade ist Kürbiszeit, da formt er ganz kleine Kürbisse von Hand, die dann mit selbst zusammengemischter Lebensmittelfarbe lackiert werden. Auch die Petits fours selbst werden auf ihrer Glasur mit der Airbrushpistole oder dem Pinsel bearbeitet. Kleine Kunstwerke entstehen, die zum Essen fast zu schade sind. Wenn sie nicht so verdammt lecker schmecken würden …

So wird der Tag manchmal ziemlich lang, aber es ist ihr Leben, so erzählen die Fetzers. „Über allem steht die Bäckerei“, schildert Bernd Fetzer seinen Alltag. Sechs Tage in der Woche gibt es zwischen Vater und Sohn kein anderes Thema. „Wir haben uns ganz bewusst entschieden, den Sonntag nicht zu öffnen. Denn dann ist wirklich Zeit für uns, für die Familie.“ Oder für gemeinsame Motorradtouren von Vater und Sohn. Den freien Sonntag danken auch die insgesamt 26 Mitarbeiter, die in Biesingen in der Straße Im Dorf und in Blieskastel in der Filiale am Paradeplatz beschäftigt sind. Wenn nicht gerade Märkte sind – denn die Fetzers sind nicht nur auf den Wochenmärkten in St. Ingbert und Blieskastel präsent, sondern auch auf den Jahrmärkten im Land. Oft mit ganz ausgefallenen Produkten, wie dem lila Lavendelbrot, das intensiv lila daherkommt, ohne irgendwelche künstliche Zutaten zu haben. Viel Lavendel und Handwerkskunst reichen.

 Leidenschaft fürs Konditoren-Handwerk hat Hagen Fetzer. Hier lackiert er mit der Airbrushpistole kleine Kürbisse, die später verzierte Petits fours schmücken.

Leidenschaft fürs Konditoren-Handwerk hat Hagen Fetzer. Hier lackiert er mit der Airbrushpistole kleine Kürbisse, die später verzierte Petits fours schmücken.

Foto: Peter Gaschott

Sie sind eine Familie, die auch nach Jahrzehnten im Beruf eine Begeisterung an den Tag legt, die mitreißt und fasziniert. Kein Wunder, dass regelmäßig Auszubildende der Fetzers auf landesweiten Spitzenplätzen liegen.

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