Ein Zustand zwischen Hoffen und Bangen in der Gastronomie im Bliesgau Ganz tief im gastronomischen Jammertal

Blieskastel/Gersheim · Auch im Bliestal sieht man ganz schwere Zeiten heraufziehen. Die Ungewissheit macht Angestellten sehr zu schaffen.

 Gastronomiebetriebe müssen früher schließen wegen der Corona-Epidemie, so wie hier in Blieskastel am Mittwochabend. Da haben auch Elmar und Edina Becker von „Pilgerrast“ und „Alt Schmidd“ früh Feierabend.

Gastronomiebetriebe müssen früher schließen wegen der Corona-Epidemie, so wie hier in Blieskastel am Mittwochabend. Da haben auch Elmar und Edina Becker von „Pilgerrast“ und „Alt Schmidd“ früh Feierabend.

Foto: BeckerBredel

Sein Frohsinn befindet sich zwar nicht in Quarantäne, er hat aber vorerst nichts zu melden. Am Mittwochabend, kurz vor Toreschluss, saßen wir noch beieinander – mit Abstand: Elmar Becker, der Chef der „Alt Schmidd“ in der Kardinal-Wendel-Straße. Er trägt gleich zwei Probleme mit sich herum.

Der Mann, der die Faasenacht so sehr lebt und liebt, sorgt sich um seinen Vater, der nach einer großen Familienfeier in Teneriffa gerade mithilfe seiner Angehörigen wieder nach Deutschland ausgeflogen werden will. Die zweite Sorge gilt Beckers Personal. Fünf Festangestellte hat er, der auch einen Partyservice betreibt, und in der Hochsaison insgesamt 35 bis 40 Aushilfskräfte beschäftigt. Das Catering, sagt unser Gesprächspartner, ist eingebrochen. 16 000 Euro sind dahin, die Bestellungen feierfreudiger Leute vorläufig bis Ende April storniert, Kommunion, Geburtstagsfeten und anderes ist auf Eis gelegt. „Drei, vier Monate, länger hält man das nicht durch“, sagt der Endfünfziger, der seine ansonsten fröhlichen und ausgelassenen Mitarbeiter nun als „geschockt und sprachlos“ erlebt.

Es ist 17 Uhr, gerade kommt Beckers Ehefra Edina vorbei. Sie betreibt die „Pilgerrast“ mit wunderschönem Biergarten hoch droben über der Barockstadt. Tagsüber geht der Laden gut, am Mittwoch jedoch hat sie gerade mal acht Essen verkauft. 100 Euro Umsatz, das war’s dann. Betrübt schaut auch sie vollkommen unwägbaren Zeiten entgegen. Ein paar unflätige Kommentare eingefangen hat sich Elmar Becker, als er, um die jetzt frühe Kneipenschließung ein wenig zu kompensieren, seine Gäste zur „After Work Party“ von 16 bis 18 Uhr einlud. „Das war doch so nicht gemeint“, sagt der Gastronom und wehrt sich gegen den Vorwurf, Menschenansammlungen in seinem Gasthaus Vorschub zu leisten. Das sei also absolut nicht der Fall. Im Übrigen, so Becker, der sich nun auch mit den Regeln der Kurzarbeit beschäftigen muss, biete sein Haus nun einen persönlichen Abhol- und Lieferservice an den Wochenenden.

Ein paar Meter weiter: das „Mühleneck“. Wirtin Jenny Wust spricht mit ernstem Blick von einer „Katastrophe“. Ihr Gasthaus in der Innenstadt ist auch sehr beliebt. Tagsüber gut frequentiert, war so ab 17, 18 Uhr der Laden meist herrlich belebt. Und nun muss sie am Abend schließen, wenn es eigentlich rund gehen sollte. Schlimm auch für die 33-Jährige mit einer Festangestellten und insgesamt sieben Aushilfen: In wenigen Wochen wollte sie zusätzlich die Gollensteinhütte bewirtschaften, doch dies scheint in die Ferne zu rücken. Da ist schon alles unter Dach und Fach – und dann so was. Nach dem Gespräch geht es in den Biergarten, dort sitzen zwei Gäste sehr weit auseinander und unterhalten sich. Ein bisschen erinnert die Szenerie an einen alten Rittersaal mit extra langer Tafel. Am Kopfende einer mit seinem Bier. Am Fußende eine mit ihrem Wein. Und dazwischen virenfreie Zone.

Besucht haben wir am Mittwoch auch Marcel Wack. Er ist der Chef im idyllisch gelegenen Gasthaus „Zum Pferchtal“. In allen saarländischen Biergarten-Rankings und -hitlisten ist sein Domizil aufgeführt und steht zumeist auf Platz Nummer eins – das hatte unsere Zeitung Ende Juli vergangenen Jahres geschrieben. Und jetzt? Ist vorübergehend die Außenbestuhlung nicht mehr erlaubt. Diese Woche noch, sagt Marcel Wack, sei sein Haus noch für Kunden geöffnet, doch ab kommender Woche ist es zu. Derzeit seien „mehr Gäste da, als ich erwartet hatte“, doch ohne die Sitze im Freien lohne sich das Ganze nicht. Eine schlimme Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer – und das bei täglich steigenden Temperaturen. Ausgerechnet jetzt, da die Natur explodiert und Schaulaufen in den schönsten Farben probt, kommt ein Querschläger ungeahnter Dimension. Ein Erreger, der zunächst alle Hoffnung auf gute Geschäfte zunichte macht. Wie das alles weitergeht? Da schwanken die Gastronomen zwischen Hoffen und Bangen.

Erst seit Beginn des Jahres führen Lisa und Matthias Steimer das Restaurant „Historischer Bahnhof“ in Gersheim. Sie hatten einen guten Start, doch müssen sie jetzt mit vielen Stornierungen und dem Ausbleiben von Gästen kämpfen. „Wir hatten am Sonntag aufgrund des schönen Wetters noch richtig viel zu tun, trotz einiger Absagen“, so Lisa.

 Marcel Wack, der Chef des Gasthauses „Zum Pferchtal“ macht nächste Woche vorübergehend dicht.

Marcel Wack, der Chef des Gasthauses „Zum Pferchtal“ macht nächste Woche vorübergehend dicht.

Foto: BeckerBredel
 Jenny Wust, die Wirtin des Gasthauses „Mühleneck“ umschreibt mit einem Wort die derzeitige Lage: eine „Katastrophe“.

Jenny Wust, die Wirtin des Gasthauses „Mühleneck“ umschreibt mit einem Wort die derzeitige Lage: eine „Katastrophe“.

Foto: BeckerBredel
 Das Ehepaar Lisa und Matthias Steimer führen seit Jahresbeginn das Restaurant „Historischer Bahnhof Gersheim“.

Das Ehepaar Lisa und Matthias Steimer führen seit Jahresbeginn das Restaurant „Historischer Bahnhof Gersheim“.

Foto: Wolfgang Degott

Mittlerweile haben sie auf die neue Situation reagiert. „Wir haben noch den Mittwoch neben Montag und Dienstag als weiteren Ruhetag hinzu genommen, bieten aber ab sofort für den Ortsteil Gersheim noch Lieferservice bis 20 Uhr an“, ergänzt die Gastronomin und fügt hinzu, dass darüber hinaus alle anderen noch in der Zeit anrufen, bestellen und anschließend ihr Essen im Restaurant abholen können. Es sei eine sehr schwierige Situation, zumal die meisten Reservierungen bis Mitte April bereits abgesagt wurden. Jeder zweite Tisch werde nur eingedeckt und nur so viele Leute angenommen, damit der Mindestabstand gewährleistet ist. Auch würden die Türgriffe regelmäßig desinfiziert, die Toiletten öfters kontrolliert und die Kreditkartenterminals so verwandt, dass eine Übertragung des Virus ausgeschlossen ist, beschreibt sie einige ihrer Präventions-Maßnahmen. Ansonsten hoffen Beide weiterhin auf Gäste. „Wir lassen uns nicht unterkriegen und hoffen, dass es bald wieder besser weiter geht“, so Steimer.

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