Homburger Hochschulwoche Bei Wärme fühlen sich Erreger wohl

Homburg · „Klimawandel und Infektionskrankheiten“ lautet der Vortrag am Abend des 24. Juni, dem Eröffnungstag der Hochschulwoche, den Professor Sören Becker hält, er ist Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie.

 Werden wir künftig über ganz andere Impfungen und Behandlungen nachdenken müssen, wenn es um einige Grad wärmer wird?

Werden wir künftig über ganz andere Impfungen und Behandlungen nachdenken müssen, wenn es um einige Grad wärmer wird?

Foto: dpa/Ole Spata

Klimawandel überall – und nun auch noch in der Medizin? Das kann man sich fragen, wenn man sich das Thema des Festvortrags der diesjährigen 58. Hochschulwoche anschaut. „Klimawandel und Infektionskrankheiten“ lautet er. Referent am Abend des 24. Juni, dem Eröffnungstag der Hochschulwoche, ist Professor Sören Becker, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Uniklinikum.

Nun ist es traditionell so, dass die Hochschulwoche die „Verbundenheit der Stadt Homburg mit dem Universitätsklinikum“ zum Ausdruck bringen soll. Was bedeutet, dass die Festredner bei der Hochschulwoche, die immer aus dem Uniklinikum kommen, ein aktuelles Thema aus der Medizin allgemeinverständlich aufbereiten sollten, damit die Bürger verstehen, an welchen Themen am Klinikum geforscht wird und wofür sie, im weitesten Sinn, ihre Steuern zahlen.

Und nun also Klimawandel und Infektionskrankheiten. Professor Sören Becker macht gleich zu Anfang im Gespräch mit unserer Zeitung klar, dass er damit nicht auf ein Thema aufgesprungen sei, „das derzeit gut in den Zeitgeist“ passe, sondern er sehe den Klimawandel „mit den Augen eines Arztes“, der sich schwerpunktmäßig auch mit Tropenmedizin befasst habe. Und da sei es nun einmal so, dass bei nur einem kleinen Anstieg der Temperatur sich plötzlich Erreger heimisch fühlten, die vorher nicht unbedingt zur Grundausstattung der Infektionskrankheiten nördlich der Alpen gehörten. „Es ist wie mit Pflanzen und Insekten, die Verbreitungsgebiete ändern sich auch bei Krankheitserregern“.

Das können Förster bestätigen, die die Ausbreitung von Bäumen aus dem Mittelmeerraum, wie etwa die Esskastanie oder die Mispel, in nördlichere Gegenden beobachten. Bis vor 20 Jahren endete die Esskastanie in der Pfalz, weiter nördlich als Homburg kam sie nicht, inzwischen erobert sie auch das nördlichere Saarland. Oder die schwarze Holzbiene, die bis in die 90er Jahre in Deutschland nicht heimisch war, aber nun sichtbar Fuß gefasst hat. Nun handelt es sich hier um harmlose Beispiele, was man bei Erregern von Infektionskrankheiten nicht unbedingt behaupten kann.

„Es ist nicht nur Wärme, sondern auch die Trockenheit, die manche Erreger begünstigt“, so Becker, „es könnte also sein, dass wir in absehbarer Zeit wieder Krankheitsbilder bekommen werden, mit denen wir erst einmal lernen müssen umzugehen.“ Es müsse ein Lernprozess stattfinden, „dass Ärzte bei der Diagnose von Infektionskrankheiten auch solche in Betracht ziehen, die sie bisher nur in südlichen Ländern vermutet haben.“

Nun ist das Klima bekanntlich kein statisches Gebilde, es hat in der Geschichte immer wieder Wärme- und Kälteperioden gegeben, zum Beispiel war die Malaria im 18. Jahrhundert in Deutschland durchaus verbreitet – der Dichter Friedrich Schiller erkrankte beispielsweise daran, weil Mücken, die im stehenden Gewässer des Mannheimer Schlossgrabens prächtig gediehen, ihn infizierten.

Professor Becker, der auch in Medizingeschichte bewandert ist, bestätigt, dass es Malaria nicht nur in Italien, sondern sogar in Holland und in Norddeutschland gegeben hat: „1848 ist Malaria in Schleswig-Holstein dokumentiert.“ Um den Horror vollends an die Wand zu malen: Könnten Pest und Cholera wiederkommen? „Theoretisch schon“, sagt Becker, „aber es wird sicher nicht mittelalterliche Ausmaße annehmen. Dazu weiß man heute zu viel über diese Krankheitsbilder und ihre verschiedenen Stadien.“

Was hat die Hochschulwoche noch an Vorträgen zu bieten? Am Dienstag, 25. Juni, geht es zwischen 14 und 17 Uhr um den zweiten Ethik-Tag im Rahmen der Paul-Fritsche-Stiftung im großen Sitzungssaal im Rathaus: „Ethische Anforderungen an eine humane Medizin am UKS und an der Medizinischen Fakultät: Der ältere Patient.“ Am Donnerstag, 27. Juni, 18.30 Uhr, geht es ebenfalls um ein allgemeinverständliches Thema, das noch dazu viele Menschen bewegt: „Mir fallen die Haare aus! Alptraum Alopezie“. Referent ist Professor Thomas Vogt, Ort: Hörsaal der Dermatologie, Gebäude sechs.

Sören Becker „Klimawandel und Infektionskrankheiten“ 24. Juni Homburg
Foto: gms/Elke Wentker
Sören Becker „Klimawandel und Infektionskrankheiten“ 24. Juni Homburg
Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb/Patrick Pleul

Neben den Vorträgen regnet es Preise anlässlich der Hochschulwoche. Zum einen wird der Wissenschaftspreis der Stadt Homburg am 24. Juni verliehen. Und es werden am Mittwoch, 26. Juni, 19 Uhr, die Forschungspreise der Freunde des Universitätsklinikums im Nebenraum des Personalcasinos übergeben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort