Informativ und Praktisch Die Führung kommt aus dem Handy
Saarpfalz-Kreis/REGIONALVERBAND · Bei Lauschtouren an acht Orten kann man über sein Smartphone jede Menge Neues erfahren.
Wenn man früher wandern ging, hatte man einen Rucksack dabei, Verpflegung und eine Wanderkarte. Rucksack und Verpflegung braucht man noch immer, die Wanderkarte kann weg. Sofern man einen elektronischen Ersatz hat, zum Beispiel ein Smartphone.
Man kann mit einem Smartphone, sofern man ein Netz und genügend Speicher hat, im Wald jede Menge anfangen: sich den Weg zeigen lassen, Musik dabei hören oder, wie noch vor zwei Jahren der letzte Schrei, Pokémons jagen.
Da war es nur eine Frage der Zeit, bis man sein Handy auch als Audio-Guide benutzen kann: Lauschtour genannt. Bei einer Lauschtour gehen Besucher mit ihrem Smartphone von Punkt zu Punkt. Eine App spielt Erklärungen zu Schlössern, Kirchen oder Pflanzen ab. Alles läuft automatisch. So sind die Gäste bei ihren Besichtigungstouren unabhängig von Terminen und Öffnungszeiten.
Mit der interaktiven Welt der Technik hätten sich die Ansprüche von Urlaubern verändert, sagt der Tourismusforscher Harald Pechlaner von der Universität Eichstätt. Führungen nach festem Programm würden immer weniger in diese Welt passen, weil es immer schwieriger werde, rein zeitlich eine große Gruppe zusammenzubekommen.
„Urlauber sind immer mehr dazu bereit, digitale Angebote zu nutzen“, sagt auch Claudia Gilles, Geschäftsführerin des Deutschen Tourismusverbandes. Immer beliebter werden auch Ausflüge in die virtuelle Realität (VR).
Mit der Digitalisierung verändern sich nicht nur Erlebnisse vor Ort, sondern auch der Weg dorthin. Als einen der wichtigsten Trends betrachtet Gilles intelligente Apps. Diese schlagen Gästen je nach Vorliebe und Situation spontan Ausflugsziele und Aktivitäten vor, auch das Wetter können solche Anwendungen berücksichtigen. Voraussetzung für viele digitale Möglichkeiten sind ein stabiler Handyempfang und eine schnelle Internetverbindung. Beides sei jedoch gerade in ländlichen Gegenden oft ein Problem, bemängelt der Bundesverband der Tourismuswirtschaft. Das müsse sich ändern, damit diese Regionen nicht abgehängt werden.
Bei den Lauschtouren im Biosphärenreservat Bliesgau können Touristen aus acht Strecken wählen. Eine Besonderheit im Saarpfalz-Kreis ist, dass die Lauschtouren für Menschen entwickelt wurden, die schwerhörig oder gehörlos sind. Gentiana Wenzel ist beispielsweise im „Netzwerk Hören“ des Saarlandes aktiv, das seit 2015 eine Pioniertat des saarländischen Tourismusbüros unterstützt. Denn mit einem Pilotprojekt entwickelt das Saarland ein medizinisches und touristisches Angebot für Menschen mit Höreinschränkungen. Ein Schwerpunkt ist dabei die Behandlung von Cochlea Implantat- und Tinnitus-Patienten, die am Uniklinikum in Homburg stattfindet. Für Gäste mit Höreinschränkungen wurde das touristische Angebot weiterentwickelt, zum Beispiel wurden Museen mit FM-Anlagen ausgerüstet. Das sind Funkanlagen, die Nutzer verwenden können, deren Hörgerät eine aktivierte T-Spule (Induktionsspule) enthält.