Kleine Nachtforelle kurz vor Wien

Oberbexbach. "Bitte einsteigen und die Türen schließen." Dieter Durrang als perfekt ausstaffierter Schaffner ließ keinen Zweifel daran: Wer sich am vergangenen Samstag für einen Besuch des Konzertabends des Bexbacher Chores Gleis 1 entschieden hatte (wir berichteten), der erlebte wohl Wunderbares. Einmal mit dem legendären Orient Express fahren, für viele ein unerfüllbarer Traum

Oberbexbach. "Bitte einsteigen und die Türen schließen." Dieter Durrang als perfekt ausstaffierter Schaffner ließ keinen Zweifel daran: Wer sich am vergangenen Samstag für einen Besuch des Konzertabends des Bexbacher Chores Gleis 1 entschieden hatte (wir berichteten), der erlebte wohl Wunderbares. Einmal mit dem legendären Orient Express fahren, für viele ein unerfüllbarer Traum. Genau diesem Traum ein gutes Stückchen näher brachte der Chor zahlreiche Gäste im Oberbexbacher Volkshaus, das an diesem Abend in vielerlei Hinsicht mehr einem Bahnhof des frühen 20. Jahrhunderts denn einer Konzertbühne glich. "Es ist 19 Uhr, wir fahren los." Mit einer musikalischen und szenischen Reise von Paris bis nach Konstantinopel entführten die Sängerinnen und Sänger gekonnt, liebevoll ausgestattet und mit viel Fantasie ihre Zuhörer ins Jahr 1909 und nahmen sie mit auf eine ereignisreiche und klangvolle Fahrt mit dem Orient Express.Schon das Programmheft ließ darauf schließen, dass die Gäste im leider nicht vollständig ausverkauften Oberbexbacher Volkshaus kein gewöhnliches Konzert erwarten würde. Detailliert, mit viel Augenmaß fürs Wichtige und mit einer Vielzahl von Informationen rund um den Orient Express an sich und das Konzert selbst, konnte man sich kaum satt lesen an viel Historischem, Launigem und Erzähltem. Und auch der Bühnenaufbau mit seinen unterschiedlichen Aktionsebenen gab ausreichend Anlass, auf das Kommende gehörig gespannt zu sein. Und die Gäste wurde nicht enttäuscht. Mit viel szenischem Spiel erzählten die Sängerinnen und Sänger des Chors Gleis 1 die Geschichte einer fiktiven Reise mit dem Orient Express, angefangen bei der Ouvertüre in Paris, über ein Zwischenspiel in München bis hin zum Finale in Konstantinopel, kleine musikalische Ausflüge in die ungarische Puszta und andere Kulturlandschaften am Rande der Strecke eingeschlossen. Im Wechsel mit kleinen, schauspielerischen Einlagen ließ der Chor Gleis 1 die Strecke in Liedern erklingen, so den Start in Paris auch mit "Supercalifragilistisch" aus dem Musical "Mary Poppins", der "kleinen Nachtforelle" kurz vor Wien, dem "Zigeunerleben" von Schumann in der ungarischen Puszta oder auch traditionellen türkischen Liedern bei der Fahrt durch Thrakien. Sowohl bei den choralen als auch den solistischen Elementen stark, ließen die Sängerinnen und Sänger eine längst vergangenen, glamouröse Epoche wieder auferstehen, man konnte sich als Zuhörer fast ärgern, 100 Jahre zu spät geboren zu sein. Und wer sich als Gast und Mitfahrer auf dieser außergewöhnlichen Reise mal kurz im Fahrplan vertat, dem half das detaillierte Kursbuch des Konzertabends gleich wieder auf die Strecke. Mit seinem Konzertabend gelang dem Chor Gleis 1 eine gelungene Hommage an eine längst vergangene Zeit, an große Komponisten, große Lieder und ein Abenteuer, dass es so heute nicht mehr gibt.

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