Aberglauben Hilfe, der Blutregen kommt über uns

Das Mittelalter ist ein schönes Hobby, sofern man es an einem zivilisierten Ort wie an der Kirkeler Burg ausübt. Wenn man sich beim Bearbeiten von Steinen versehentlich in den Unterarm hackt, stirbt man nicht elend an Wundbrand, sondern kommt ins Uniklinikum und wird dort mit sterilen Kompressen versorgt, Tetanusspritze inklusive.

Das Wetter in Homburg und der Aberglaube
Foto: SZ/Robby Lorenz

Derzeit ist es sehr en vogue, sich ein paar Hundert Jahre zurückzuwünschen, also in eine gute alte Zeit ohne Plastik, ohne Diesel, ohne Kreuzfahrtschiffe und ohne Flugzeuge. Als der Mensch noch gut und rein war, sein eigenes gesundes Gemüse aß und statt Massentierhaltung ein einzelnes Bio-Schwein zu Hause päppelte. Auch Wetterexperten arbeiten am segensreichen Brückenschlag ins Mittelalter. So soll es vergangene Woche „Blutregen“ gegeben haben. Gefolgt von einem „Sonnen-Hammer“, der dann von einer „Gewitter-Walze“ abgelöst wurde.

Wetterberichte klingen, als habe ein fanatischer Laienprediger aus dem 15. Jahrhundert seine Stimme erhoben, um der Menschheit heimzuleuchten, unter anderem auch mit der „Russenpeitsche“, wie ein winterlicher sibirischer Kaltausläufer hysterisch bezeichnet wird. Man kann nur hoffen, weiterhin am Uniklinikum neuzeitlich versorgt zu werden. Sollte der Sonnen-Hammer bei dem einen oder anderen Patienten für einen Sonnenstich gesorgt haben, wäre es wünschenswert, nicht zur Ader gelassen zu werden. Bei der Russenpeitsche will man ja auch nicht, dass der erfrorene Zeh mit dem Hackebeil entfernt wird. Und bei Blutregen? Dagegen hilft eine Dusche und eine Auto-Waschanlage. So einfach kann man das blutige Mittelalter austricksen.

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