Das Ende eines stolzen Standortes

Bexbach · Seit 1970 wurden Turbinenschaufeln in Bexbach gebaut. Nun ist Schluss damit. Obwohl es abzusehen war, trifft es die 160 Mitarbeiter hart.

 Ein aussichtsloser Kampf gegen den Konzern GE: Immer wieder gingen die Mitarbeiter auf die Straße, wie hier 2014, genützt hat es nichts. Foto: Thorsten Wolf

Ein aussichtsloser Kampf gegen den Konzern GE: Immer wieder gingen die Mitarbeiter auf die Straße, wie hier 2014, genützt hat es nichts. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Schon lange hatte es bei GE in Bexbach gekriselt, jetzt ist das Ende in Sicht: Am 31. Dezember 2017 wird der Standort In der Kolling geschlossen. "Nach mehr als einem Jahr haben wir gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen und der IG Metall wenigstens gute Abfindungen regeln können", erklärte dazu gestern der Betriebsratsvorsitzende, Kai Müller, "diese liegen beim Anderthalbfachen des bisher besten Sozialplanes des Unternehmens aus dem Jahr 2015."

Schon unter der Führung des französischen Konzerns Alstom hatte die noch aus 160 Man bestehende Belegschaft wenig Grund zur Freude. Doch als sich vor zwei Jahren der amerikanische Riese General Electric mit Alstom zusammengetan hatte, war den meisten Beschäftigten in Bexbach klar, dass es nun "aufs Ende ging", wie es ein Mitarbeiter formulierte: "Die Amerikaner sind dafür bekannt, knallhart den Markt zu bereinigen, und da ja schon der Turbinenbau in Mannheim beseitigt werden sollte, war klar, dass es für Bexbach keine Chance gab."

Das war nicht immer so, denn einst waren die über 300 Beschäftigten beim Turbinenschaufelbauer BBC, später ABB, "top-ausgebildete und stolze Mitarbeiter", sagte gestern der Bexbacher Bürgermeister Thomas Leis. Ihm tue es "unendlich leid, dass der Bexbacher Standort zumacht".

Natürlich habe man es kommen sehen: "Wir haben parteiübergreifend mit den Mitarbeitern demonstriert, ich habe Resolutionen unterschrieben und bin in der ersten Reihe bei den Demos mitmarschiert, aber was kann eine Kleinstadt schon ausrichten gegen einen Weltkonzern?"

Jemand, dem die Schließung "richtig wehtut", ist Franz-Josef Müller, heute Ortsvorsteher von Bexbach-Mitte und 1970 ein Mann der ersten Stunde, damals bei dem renommierten Schweizer Elektrotechnikkonzern BBC (Brown Boveri & Cie). "Am 19. Januar 1970 habe ich mit 18 anderen jungen Männern bei BBC angefangen. Wir kamen erst mal nach Mannheim ins Turbinenwerk zur Einarbeitung, dann ging's los mit dem Turbinenschaufelbau in Bexbach." Gas- und Dampfturbinenschaufeln wurden in Bexbach hergestellt, "daran hat sich bis heute nichts geändert", so Müller.

Auch ein Punkt, den die Belegschaft seit Jahren bemängelt: Niemals wurde eine technische Neuerung nach Bexbach gebracht. Man sah stattdessen zu, wie der Turbinenbau immer weiter absackte und damit auch die dazugehörigen Schaufeln aus Bexbach.

"Der Turbinenschaufelbau wurde damals aus Mannheim nach Bexbach ausgelagert, weil man vor Ort nicht genügend Platz hatte. Man ging ja von riesigen Steigerungen des Energieverbrauchs und damit auch der benötigten Turbinen aus", so Müller. Dass am Ende mit alternativen Energien der Markt für Turbinen einbrach, sei nicht vorhersehbar gewesen: "Es ging seit fünf Jahren stetig bergab." Das sei umso bedauerlicher, als bei BBC, später ABB und dann Alstom, immer guter Nachwuchs für die Industrie ausgebildet wurde - Werkzeugmacher, Mechatroniker, Elektriker und Dreher. Damit ist nun Schluss.

Franz-Josef Müller, der 2004 aus der Firma ausschied, kann von seinem Wohnzimmer aus die abends beleuchteten Werkshallen sehen: "Ich habe bei meiner Verabschiedung gesagt, dass ich hoffe, dass da niemals das Licht ausgehen möge. Aber dieser Wunsch hat sich nicht erfüllt."

Immerhin: Nach Angaben des Betriebsrates können mit dem geschlossenen Kompromiss betriebsbedingte Kündigungen auf ein Mindestmaß reduziert werden und niemand muss vor dem Jahr 2019 die Arbeitslosigkeit fürchten. Auch Bürgermeister Leis will sich einsetzen: "Ich werde alles dafür tun, damit die Leute am Ort bleiben können und einen Arbeitsplatz in einer Firma im Saarpfalz-Park finden."

Zum Thema:

Der US-Konzern General Electric (GE) übernahm Ende 2015 das Energiegeschäft von Alstom. Im Zuge dessen kündigten die Amerikaner vor einem Jahr an, europaweit 6500 Arbeitsplätze streichen zu wollen. In Deutschland sollen 1700 Stellen verschwinden. Die Hauptlast trägt der Standort Mannheim, da die dortige Turbinenfertigung komplett geschlossen wird. Der Streit mit der IG Metall wurde erbittert geführt und mündete in einen Sozialplan. Da das Bexbacher Werk Zulieferbetrieb für Mannheim ist, war klar, dass auch für den Standort In der Kolling das Aus kam.

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