Saar-Linke schrumpft um ein Drittel

Saarbrücken. Die Linke im Saarland hat durch eine Karteibereinigung knapp ein Drittel ihrer Mitglieder verloren. Wie Landesgeschäftsführer Thomas Lutze auf Anfrage mitteilte, hatte die Partei Ende Juni nur noch 2519 Mitglieder. Ein halbes Jahr zuvor waren es 3610.Lutze verwies auf einen Landesvorstandsbeschluss vom 19. Mai

 Im Februar 2008 begrüßten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi Marlies Krämer als "2000. Mitglied". Tatsächlich hatte die Saar-Linke damals wohl deutlich weniger als 2000 zahlende Mitglieder. Foto: bub

Im Februar 2008 begrüßten Oskar Lafontaine und Gregor Gysi Marlies Krämer als "2000. Mitglied". Tatsächlich hatte die Saar-Linke damals wohl deutlich weniger als 2000 zahlende Mitglieder. Foto: bub

Saarbrücken. Die Linke im Saarland hat durch eine Karteibereinigung knapp ein Drittel ihrer Mitglieder verloren. Wie Landesgeschäftsführer Thomas Lutze auf Anfrage mitteilte, hatte die Partei Ende Juni nur noch 2519 Mitglieder. Ein halbes Jahr zuvor waren es 3610.

Lutze verwies auf einen Landesvorstandsbeschluss vom 19. Mai. Er sah vor, dass "beitragssäumige Mitglieder letztmalig angeschrieben werden und im Falle, dass keine Beitragszahlung erfolgt, die Mitgliedschaft endet". Anfang Juni habe der Landesvorstand 1070 Mitglieder angeschrieben. Man habe diesen "reichlich vier Wochen" Zeit gelassen, um ihre Beitragsrückstände zu begleichen. Wenn dies nicht geschah, habe man dies als Austritt gewertet.

Das betroffene Mitglied hätte dagegen zwar vor die Schiedskommission ziehen können. Von dieser Möglichkeit haben nach Angaben von Lutze aber nur "drei oder vier" Mitglieder Gebrauch gemacht. "Vier oder fünf" habe man als "Härtefälle" von der Beitragszahlung befreit.

Der zum vorigen Wochenende erklärte Rücktritt des Landesschatzmeisters der Linken, Udo Nonnengardt, habe mit der Karteibereinigung nichts zu tun, versicherte Lutze. Dieser habe vielmehr aus beruflichen Gründen in seinem ehrenamtlichen Engagement für die Partei kürzer treten müssen - was dieser der SZ auf Anfrage bestätigte. Lutze unterstrich, Nonnengardt sei sogar wie er der Meinung gewesen, dass man notorisch beitragssäumige Mitglieder schon deutlich früher hätte ausschließen sollen. Die Nichtzahler hatten seinen Angaben zufolge teilweise schon jahrelang keine Beiträge entrichtet.

Die Frage unserer Zeitung, ob durch den hohen Anteil der Nichtzahler unter den Mitgliedern die Mehrheitsverhältnisse auf Kreismitgliederversammlungen verzerrt und die Delegiertenwahlen für Parteitage beeinflusst worden sein könnten, verneinte Lutze. Er hob hervor, dass die Nichtzahlerquote in allen Kreisverbänden rund ein Drittel betragen habe.

Derzeit träfen täglich Einzugsermächtigungen und Beitragszahlungen bisheriger Nichtzahler in der Landesgeschäftsstelle ein. Daher nehme die Mitgliederzahl wieder zu. "Rund 130 Mitglieder, die wir auf 'ehemalig' gesetzt hatten, zahlen nun wieder ihren Beitrag", sagte Lutze. Der durchschnittliche monatliche Mitgliedsbeitrag sei infolge der Karteibereinigung von 2,97 Euro Ende Dezember 2009 auf 4,87 Euro Ende Juni gestiegen.

Allerdings strebe man einen Schnitt zwischen acht und neun Euro an. Im September/Oktober werde der Landesvorstand ein weiteres Schreiben verschicken. Dabei gehe es um jene, die zwar einen Beitrag zahlten, aber offenbar einen zu geringen. 600 bis 700 Linken-Mitglieder entrichten laut Lutze nur den Mindestbeitrag von 1,50 Euro. Das sei bei vielen "vollkommen in Ordnung", weil sie beispielsweise Hartz-IV-Empfänger seien, bei manch anderen aber nicht.

Meinung

Späte Einsicht der Parteispitze

Von SZ-Redakteur

Norbert Freund

Karteibereinigungen in Parteien sind an sich nichts Ungewöhnliches. So meldete die Saar-SPD im Frühjahr 2007 auf einen Schlag 708 Mitglieder ab, die zum Teil schon seit 1998 keine Beiträge mehr gezahlt hatten. Bei der Linken gibt es die Besonderheit, dass sie als eine sehr junge Partei in den vergangenen Jahren ein stürmisches Wachstum verzeichnete. In einer solchen Phase treten offenbar auch viele Leute bei, die es mit ihrer Mitgliedschaft nicht gar so ernst meinen. Hinzu kommt - wie in anderen Parteien auch - das Streben der Kreisverbände nach möglichst vielen Mitgliedern, Parteitagsdelegierten und damit auch politischem Einfluss.

Insofern ist es absolut in Ordnung, dass der Landesvorstand jetzt das Heft des Handelns in die Hand genommen und eine große Karteibereinigung veranlasst hat. Jedoch wäre ein solches Vorgehen schon viel früher fällig gewesen, etwa in den Jahren 2007 oder 2008. In diesem Fall wären allerdings die Mitgliederzahlen, derer sich die Partei über Jahre hinweg gerühmt hat, schon damals nicht ganz so fabelhaft ausgefallen, wie es zunächst den Anschein hatte.

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