Neue Audio-Visions-Show aus dem Saarland Madeira – die Insel der tausend Gesichter

Bous · Audio-Visions-Shows sind die Dia-Abende der Digital-Ära. Zugleich sind sie angenehm altmodisch. Weil sie noch der Kraft des einzelnen Bildes vertrauen. So wie jetzt die AV-Schau „Madeira“ von Thomas Reinhardt mit der Live–Musik von Michael Marx und Nino Deda in den Thalia-Lichtspielen in Bous.

 Schroffe Felsen, faszinierende Natur: Eindrücke aus der neuen AV-Show von Thomas Reinhardt über die Atlantik-Insel Madeira.

Schroffe Felsen, faszinierende Natur: Eindrücke aus der neuen AV-Show von Thomas Reinhardt über die Atlantik-Insel Madeira.

Foto: Thomas Reinhardt

Wo willst du hin, in eine AV-Show? Wer solcher Art Freizeitgestaltung bei Freunden annonciert, erntet schnell mal Mitleid. Zu traumatisch wohl bei manchen noch die Erinnerungen daran, wie Onkel Wolfgang 350 Dia-Rähmchen vom Schwarzwald-Urlaub 1971 vorführte und Oma Elli dazu ihre bewährten Mett-Igel auftischte. Doch sagen wir’s mal so: Mit dem Dia-Abend von einst hat eine AV-Show so viel zu tun wie ein Trabbi mit einem Tesla.

Thomas Reinhardt, langjähriger Redakteur der Saarbrücker Zeitung und passionierter Fotograf (unter anderem im Teleclub Freisen), hat vor Jahren schon AV-Shows für sich entdeckt. Als Macher. Sein jüngster Streich: ein Trip zur portugiesischen Insel Madeira als Rundreise in opulenten Bildern mit Live-Musik. So könnte man von dieser Matinee in den ausverkauften Thalia-Lichtspielen Bous berichten.

Ebenso gut und richtig wäre aber auch, über ein Sonntagskonzert des Duos Michael Marx und Nino Deda zu schreiben. Die beiden nehmen einen ebenfalls mit zu einer Madeira-Tour. Aber eben musikalisch. Im Gepäck: Gitarre, das apart näselnde Duduk (eine Art armenische Flöte) und Akkordeon sowie viel melancholischer Fado aus dem portugiesischem Mutterland, Tango von Astor Piazzolla, der irgendwie ja immer passt. Und sogar Noten von Bach bringen sie zu Bildern der Atlantikinsel einfühlsam in Stimmung.

 Raus auf See: Wal- und Tümmlerbeobachtung gehört zu den ganz besonderen Erlebnissen auf Madeira.

Raus auf See: Wal- und Tümmlerbeobachtung gehört zu den ganz besonderen Erlebnissen auf Madeira.

Foto: Thomas Reinhardt

Wahrscheinlich liegt es exakt an dieser Balance, daran, dass weder Musik noch Bilder Beiwerk bleiben, beides vielmehr Hauptsache sein darf. Nach gut zwei Stunden geht man daher doppelt beschenkt heim. Von zwei Musikern, die mit intensiven Klängen eine Insel-Reise imaginieren, aber auch durch beeindruckende Fotografien, die das hohe Lied Madeiras singen.

So erinnert dieses Reisejournal tatsächlich in vielem an ein gut gebautes Musiktheaterstück. Quasi als Ouvertüre lässt Thomas Reinhardt leitmotivisch schon vorab Bedeutsames anklingen.

 Funchal bei Nacht: Blick auf die Inselhauptstadt. Sie hat gut 110 000 Einwohner. 

Funchal bei Nacht: Blick auf die Inselhauptstadt. Sie hat gut 110 000 Einwohner. 

Foto: Thomas Reinhardt

Zum über 1800 Meter hohen Gipfel, zum Pico Ruivo, geht es, zum „steinernen Herzen“ der Insel, aber auch tief hinein ins grüne Meer der Lorbeerbäume. Von spröden Landschaften, die der Vulkanismus mit Feuer und Macht schuf, führt der Weg in die Altstadt von Funchal, der Kapitale Madeiras, mit ihren gut 110 000 Einwohnern. Hier trifft man, mitten im Atlantik, auf mediterrane Lebensart. Und natürlich widmet sich die Schau auch den Levadas, den zum Teil Jahrhunderte alten Bewässerungskanälen zugleich Lebensadern der Insel. Ihnen folgte Reinhardt mit der Kamera. Er brach aber auch zu den spektakulären Wasserfällen auf, besuchte Korbflechter bei ihrer Arbeit und fuhr mit dem Boot zur Walbeobachtung raus.

Rund 750 Quadratkilometer klein ist Madeira nur, also nicht mal ein Drittel der Fläche des Saarlandes, und doch bietet die Insel eine unglaubliche Landschaftsfülle. Mit wohl dosierter Information führt Reinhardt da von Punkt zu Punkt. Mit einer Prise Geografie sowie Landesgeschichte, dem Nötigsten zu Flora und Fauna, dazu die Würze aus Kultur und Lebensart auf der Atlantik-Insel, wo das Meer häufig den Tisch deckt. Und das Leben fern des Festlandes einem anderen, weniger hektischem Rhythmus folgt. Doch es ist nicht nur eine Rundreise entlang der Küste und zu Madeiras Mitte, bewusst schlägt Reinhardt einzelne Kapitel – wie zu besonderen Gärten der Insel - nochmals eigens auf.

 Ein ganz besonderes Pflaster: Diese mit viel Akribie geschaffenen Plasterungen sind typisch für Madeira.

Ein ganz besonderes Pflaster: Diese mit viel Akribie geschaffenen Plasterungen sind typisch für Madeira.

Foto: Thomas Reinhardt

Rund 6000 Bilder hat er dafür gemacht, damit am Ende rund 500 Fotos auch gut genug für die Schau sind. Diese Bilder sind fraglos Lockstoff, Postkartenmotive mit Da-will-ich-hin-Effekt, doch kontrastiert wird das immer wieder mit der Fokussierung von bemerkenswerten Details, wie etwa der Gischt, die im Wasserfall um schimmernd-grauen Fels tanzt. Besondere Augenblicke jenseits des gängigen Reisejournals.

Sicher, manchmal sind Reinhardts Kommentare etwas hemdsärmelig; den heimischen Neunkircher Zungenschlag verhehlt er nicht, will er auch gar nicht. Es geht eben nicht um gelackte Perfektion, sondern um Authentizität. Da vorne steht im Thalia-Kino ein Mann und spricht ins Mikrofon, der tatsächlich zwei Jahre an dieser Schau gearbeitet hat, drei Mal eigens dafür nach Madeira reiste. Mal im Frühjahr, mal im Herbst, dort dann jeden Tag auf Achse war, zig Wander-Kilometer abspulte, geduldig sein musste zu warten bis Wetter, Licht, Motiv in Einklang waren. Deswegen weiß er so gut, von was er redet.

Weitere Termine: Sonntag, 23. Januar 2022, 17 Uhr, in der Paul-Gerhardt-Kirche in Neunkirchen-Wellesweiler.

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