Vorverkauf startet heute Die ersten Tipps für das Ophüls-Festival 2021

Saarbrücken · Am Sonntag beginnt der Kartenverkauf des 42. Filmfestivals Max Ophüls Preis. Wir geben einige Tipps aus dem Programm, das in diesem Jahr nur online läuft. Corona hin oder her: Es gibt viel zu sehen.

 Die Schulzeit ist vorbei – was tun? Etwa so werden wie die Erwachsenen? Eine Szene mit Rabea Lüthi aus dem Film „Sami, Joe und ich“ von Karin Heberlein.

Die Schulzeit ist vorbei – was tun? Etwa so werden wie die Erwachsenen? Eine Szene mit Rabea Lüthi aus dem Film „Sami, Joe und ich“ von Karin Heberlein.

Foto: Abrakadabra

Eine Festivalausgabe wie keine andere: Das Saarbrücker Filmfestival Max Ophüls Preis muss in diesem Jahr wegen Corona rein digital ablaufen, vom Kartenkauf bis zum Filmeschauen (Infos im Text unten). Am Sonntag, 17. Januar, startet das Festival mit der Dokumentation „A Black Jesus“. Vom 18. bis 24. Januar 2021 sind dann alle 98 Produktionen – davon 50 in den Wettbewerben (Spielfilm, Doku, Kurz- und Mittellanger Film) – auf der Streaming-Plattform des Festivals zu sehen.

Der Vorverkauf für die Einzeltickets beginnt an diesem Sonntag um 14 Uhr online auf der Seite des Festivals. Die Filme, die bei Ophüls ihre Uraufführung erleben, unterliegen einer Sperrfrist und können erst ab dem 18. Januar ausführlich vorgestellt werden, wenn alle Produktionen freigeschaltet sind. Aber einige Filme des Wettbewerbs haben ihre Uraufführung schon hinter sich – und lohnen den Kartenkauf. Zum Beispiel der Spielfilm „Fuchs im Bau“: Regisseur Arman T. Riahi ist im Iran geboren und in Wien aufgewachsen. Mit der Sozialkomödie „Die Migrantigen“ gewann er 2017 den Publikumspreis des Ophüls-Festivals. „Fuchs im Bau“ erzählt von Hannes Fuchs (Aleksandar Petrovic), der seine Stelle an einer Wiener Gefängnisschule antritt, dort soll er Elisabeth Berger (Maria Hofstätter) ablösen. Doch die erfahrene und resolute Pädagogin denkt (noch) nicht daran, ihm das Feld zu überlassen. Ihre unkonventionellen Unterrichtsmethoden kommen bei den straffällig gewordenen Jugendlichen sehr gut an, aber der Gefängnisleitung sind sie schon lange ein Dorn im Auge. Keine leichte Aufgabe also für den von privaten Schuldgefühlen geplagten Fuchs, sich im Bau zu behaupten. Riahi wirft einen messerscharfen Blick auf die Situation und die Probleme im Strafvollzug, insbesondere was den Umgang mit den Jugendlichen angeht. Der Film kommt ungeschönt, mit griffigen Dialogen und einer guten Portion schwarzen Humors daher und überzeugt mit einer starken Besetzung.

  Luna Jordan als Samira in einer Szene des Films „Fuchs im Bau“ von Regisseur/Autor Arman T. Riahi („Die Migrantigen“). 

Luna Jordan als Samira in einer Szene des Films „Fuchs im Bau“ von Regisseur/Autor Arman T. Riahi („Die Migrantigen“). 

Foto: Goldengirls

Auch Stefanie Klemm aus der Schweiz weiß genau, wovon sie erzählt. Sie wurde vor Jahren Opfer eines Überfalls nachts an einer Tankstelle und hat sich intensiv mit dem Themenkomplex Opfer und Täter, Sühne und Vergebung auseinander gesetzt. In „Von Fischen und Menschen“ erleidet die alleinerziehende Mutter Judith (Sarah Spale), die in einem abgelegen Tal eine kleine Forellenzucht betreibt, einen furchtbaren Schicksalsschlag. An einer Tankstelle gerät sie mit ihrer kleinen Tochter Milla in einen Überfall. Milla kommt dabei ums Leben, der Täter entkommt unerkannt. Für die junge Mutter bricht die Welt zusammen, nur die Hilfe ihres einzigen Mitarbeiters Gabriel (Matthias Britschgi) gibt ihr Halt – und Hoffnung, dass der Schuldige gefunden wird. Auch dieser Film lebt von seiner großen Authentizität und seiner stimmigen Atmosphäre. Die Kamera ist nah dran, die Szenen sind sehr gut geschnitten, Trauer, Schmerz und Verzweiflung werden spürbar.

Wer es komödiantisch mag, dem sei der Spielfilm „3Freunde2Feinde“ von Sebastian Brauneis (Regie und Buch) ans Herz gelegt. Hier geht es um nichts weniger als Gut (drei innige Freunde) gegen Böse: mehrere menschgewordene Schleimbeutel, die von der Chefetage aus ihre Untergebenen schikanieren. Der Film ist voll mit herrlichen, oft herrlich unsympathischen Typen, und büchst aus seiner eigentlichen Handlung immer wieder aus: mit wunderlich absurden Szenen (Sprachverwirrung beim Espressokauf, kleine Gesangseinlagen) und einem ganz entspannten Exkurs durchs Nachtleben, inklusive Philosophieren über Kapitalismus an der Würstel-Bude. Eine Wiener Wundertüte.

Der Schweizer Film „Sami, Joe und ich“ erzählt zwar eine Geschichte, die einem bei Ophüls öfter begegnet – die vom Erwachsenwerden, von Abschieden und neuen Horizonten – tut dies aber sehr gekonnt. Das titelgebende Freundinnen-Trio hat gerade die Schule hinter sich gebracht – was nun? Der wunderbar optimistische Satz „Wir sind die Könige unseres Lebens“  hält der Realität nicht gänzlich stand. Denn die stemmt sich der großen Aufbruchstimmung massiv mit strengen Eltern und finanziellen Zwängen entgegen. Regisseurin und Autorin Karin Heberlein erzählt das mit einem exzellenten jungen Darstellerinnen-Trio, mit viel Einfühlungsvermögen und mit herben Kontrasten zwischen jugendlichem Wunsch und der Realität der Erwachsenen, die durchaus mit Zwischentönen gezeichnet werden. Vielleicht haben strenge Eltern ja auch nicht immer Unrecht.

Zwei Filme, die wir vorab sehen konnten, aber erst nach der Uraufführung besprechen, wollen wir jetzt schon empfehlen: Da ist im Dokumentarwettbewerb der Film „Väter unser“, in dem die Regisseurin Sophie Linnenbaum eine Handvoll Frauen und Männer über ihre Väter sprechen lässt – um schwierige Beziehungen geht es da, aber auch um große Liebe und Hingabe, um Nähe und unendliche Ferne. Formal schnörkellos, ganz auf die sehr präzisen Erzählungen konzentriert, packend und sehr berührend. Das gilt auch für „Nico“ im Spielfilmwettbewerb: Regisseurin Eline Gehring erzählt von einer jungen Deutsch-Perserin, deren Berliner Leben sich nach einer Attacke am helllichten Tag buchstäblich schlagartig verändert – ihre Wut und ihre Verunsicherung führen sie in ein Karatestudio. Ein gut gespielter Film mit unmittelbarer, oft dokumentarischer Atmosphäre; Darstellerin Sara Fazilat ist für den Schauspielpreis des Festivals nominiert (siehe Text unten).

Fünf Kurzfilme aus dem Saarland, zwischen sieben und 22 Minuten lang, allesamt Uraufführungen, sind in der Programmreihe „MOP-Shortlist: Saarland“ zu sehen (wir berichteten). Ein abendfüllender Spielfilm des Festivals ist im Saarland entstanden, hat seine Premiere bei den Hofer Filmtagen erlebt und lohnt sich: Tor Ibens „Zeit der Monster“, eine bunte Komödie, in der die Saarbrücker Dragqueen Amanda von Hohenstüt (Wolfgang Reeb) unerwartete Konkurrenz erlebt: in Form der zugereisten Justine de Brest (Nina Queer), die an der Saar zum Szene-Star werden will. Da wogen die Gefühle, es beben die falschen Busen. Das Ganze hat viel Charme des Halb-Improvisierten, irgendwo zwischen Rosa von Praunheim und Klaus Lemke, und zudem viel Herz. Ein besonderer Reiz für Zuschauer mit Ortskenntnis ist die Art, wie der Film seinen Handlungsort konstruiert – denn manchmal werden auch Motive aus Neunkirchen und Blieskastel zum filmischen Saarbrücken. Es ist eben ein Land der kurzen Wege.

 Wolfgang Reeb als Amanda von Hohenstüt in Tor Ibens bunter Komödie „Zeit der Monster“, die im Saarland gedreht wurde.

Wolfgang Reeb als Amanda von Hohenstüt in Tor Ibens bunter Komödie „Zeit der Monster“, die im Saarland gedreht wurde.

Foto: Festival MOP/Reeb

Informationen zum Kartenverkauf unter ffmop.de. Mit dem Start des Kartenverkaufs beginnt auch die „Blaue Woche“, während der das Festival sein Programm auf der Internetseite vorstellt.

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