Wie dreht man in Corona-Zeiten einen Film? „Da klingt ja alles ein wenig vernuschelt“

Saarbrücken · Wie dreht man einen Film in Zeiten von Corona? Der Bexbacher Filmemacher Thomas Scherer hat es versucht – mit minimalem Team, Masken und viel Desinfektionsspray.

 Dreharbeiten am Höcher Turm in Bexbach (von links): Thomas Scherer gibt Anweisungen und führt die Kamera, Hanno Friedrich, Alfredo Zermini und Gerhard Polacek spielen, und Blake Carlsen hält das Drehbuch im Auge.

Dreharbeiten am Höcher Turm in Bexbach (von links): Thomas Scherer gibt Anweisungen und führt die Kamera, Hanno Friedrich, Alfredo Zermini und Gerhard Polacek spielen, und Blake Carlsen hält das Drehbuch im Auge.

Foto: WP Films

Hollywood atmet vorsichtig auf. Dort dürfen nach der Corona-Zwangspause ab Freitag wieder Filme gedreht werden. Das Saarland ist da schon einen Schritt weiter, wenn auch in überschaubarem Rahmen. Dort hat Regisseur und Autor Thomas Scherer an zwei Tagen der vergangenen Woche mit minimalem Team, drei Hauptdarstellern, einigen Schutzmasken und viel Desinfektionsspray einen Kurzfilm gedreht. „Von Männern, Vögeln und Pilzen“ heißt er und bot Filmemacher Scherer die Chance, „wieder rauszugehen, kreativ zu sein, nachdem überall Dreharbeiten abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben wurden“. So hatten seine Hauptdarsteller Gerhard Polacek, Hanno Friedrich und Alfredo Zermini notgedrungen „ziemlich viel Luft“ – und viel Lust, wieder vor einer Kamera zu stehen.

Das Trio kennt man aus Scherers saarländischer Komödienserie „Unter Tannen“ (wir haben berichtet), aus der er eine Kinofassung geschnitten hat, mit der er eigentlich im Frühjahr auf eine kleine Kinotournee gehen wollte – doch kann kamen die Kinoschließungen, womit sich auch drei zugesagte Festivaltermine, einer davon in den USA, erst einmal erledigt hatten. (Jetzt startet der Film allerdings in Saarbrücken, siehe Infokasten). Viel Zeit also für Scherer, an Drehbüchern zu arbeiten – notwendige Arbeit, aber eben Arbeit alleine im stillen Kämmerlein. „Draußen sein, mit Leuten arbeiten, ein Projekt auf die Beine stellen – das fehlt ja uns allen.“

So keimte schnell die Idee einer Kurzfilmkomödie, auf Basis von zwei Regeln. Die eine: „Der Film darf kein Geld kosten“, sagt Scherer, „deshalb haben wir uns an einige Regeln von Dogma 95 erinnert“ – jenes Manifests, das einst die Regisseur Lars von Trier und Thomas Vinterberg populär machten: kein künstliches Licht etwa, keine gebauten Kulissen oder extra herangeschaffte Requisiten, kein Stativ für die Kamera und kein in Stein gemeißeltes Drehbuch. Improvisation also, vor wie hinter der Kamera. Regel zwei: die Hygienestandards. Deshalb keine Innenaufnahmen, Dreharbeiten nur an der frischen Luft, mit einer maßgeschneiderten Handlung: „Unser Film erzählt von einem Vogelkundler und zwei Jägern, die glauben, im Wald jemanden aus Versehen erschossen zu haben“, sagt Scherer, „aus dieser Misere versuchen sie herauszukommen, was seine Schwierigkeiten hat“.

Die Dreharbeiten hat der 31-Jährige nun hinter sich, Dienstag und Mittwoch nach Pfingsten, in Bexbach am Höcher Turm (wo die Darsteller übernachtet haben) und im Grün drumherum. Wie lief es, gerade im Hinblick auf die Hygienemaßnahmen? „Spannend war es und ziemlich ungewöhnlich“, sagt der Regisseur. Hinter der Kamera trugen er, Stephanie Scherer und Blake Carlsen stets Schutzmaske, was der Kommunikation nicht eben förderlich war. „Da klingt ja alles ein wenig vernuschelt. Ich musste mich zwingen, lauter und langsamer zu reden, irgendwann hat man mich dann verstanden.“ Die Darsteller mussten – zwei der drei waren vorab negativ auf Corona getestet worden – in den Szenen Distanz zueinander halten, rückten sich aber beim Spiel unwillkürlich immer mehr auf die mimische Pelle, „da musste ich schon ein paar Mal bremsen“.

Die größte Bremse bei der Arbeit waren aber nicht Distanz und Masken, sondern Flugzeuge, deren Lärm die Tonspur bedröhnten. „Es war sehr viel Flugbetrieb über dem Höcher Berg, rund um die Uhr. Wir mussten alle fünf Minuten abbrechen und warten.“ Am zweiten Drehtag setzte am Nachmittag ein Wolkenbruch den Drehort unter Wasser – das Risiko von Dreharbeiten an der frischen Luft. Das Team floh ins Auto, hatte aber alles im Kasten – insgesamt 207 Aufnahmen. Jetzt stehen Schnitt und Postproduktion dann, wann will Scherer den knapp zehnminütigen Film bei Festivals einreichen. Und im nächsten Jahr wollen alle Beteiligten wieder so ein Projekt auf den Weg bringen, ganz egal, wie die Corona-Situation da aussieht.

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