St. Ingberter Pfanne Weib, Tanz und Gesang retteten den Abend

St. Ingbert · „Alte Mädchen“ waren die einzigen Frauen bei der St. Ingberter Pfanne und auch das Beste vom durchwachsenen letzten Wettbewerbsabend.

 „Alte Mädchen“: Die einzige Damentruppe bei der St. Ingberter Pfanne kabbelte sich musikalisch über die Befindlichkeit der Frau über 50.

„Alte Mädchen“: Die einzige Damentruppe bei der St. Ingberter Pfanne kabbelte sich musikalisch über die Befindlichkeit der Frau über 50.

Foto: Kerstin Krämer

Die 34. St. Ingberter Pfanne wird in Erinnerung bleiben als eines der wortlastigsten Festivals. Mit lauter Männern, die ihre Sicht der Dinge verbreiten: überwiegend Stand Up; dazu, teils vermischt, ein bisschen Musikkabarett, Lesecomedy und viel Poetry Slam – ohne den Flötenmann Gabor Vosteen wär‘s ein totaler verbaler Overkill geworden. Und zum Abschluss (endlich!) eine Damentruppe, die den unglücklichen letzten Wettbewerbsabend einigermaßen rettete, mit Weib, Tanz und Gesang.

Auch Moderator Philipp Scharrenberg sah sich am Mittwoch zu einer klaren Aussage genötigt: „Frauen sieht man auf Kleinkunstbühnen viel zu selten!“ Zum Auftakt schon wieder ein Kerl mit Stand Up und Poetry: In seinem Programm mit dem vielsagenden Titel „Morgen-Land“ bezieht sich Sulaiman Masomi gern auf seine afghanische Herkunft und serviert so eine Art Integrationskabarett. Statt der versprochenen trojanischen Pferde schickte der „Selbstwortattentäter“ hier jedoch eher Bildungs-Ponys ins Rennen: Masomi erzählte „wahre Lügengeschichten“, skizzierte den „Früher-war-alles-besser-Typus“ und setzte Vorurteilen umso mehr Stereotype entgegen. Das hatte zwar Biss, doch sobald der statische Masomi das Tempo anzog, vernuschelte er vieles – Wirkung verpufft. Wobei seine literarischen Texte großartig sind: sprachgewaltig, satirisch und voller funkelnder metaphorischer Wortspiele. Aber eines sollte er wirklich nicht tun: singen – kein Publikum verdient so schiefe Töne. Minarette sich, wer kann!

Danach folgte der einzige Saarländer im Wettbewerb: Kurioserweise war Dirk Omlor alias „Rudi Lauer“ der große Unbekannte, nicht einmal ausgemachten Kennern der Szene war er zuvor ein Begriff. Nun, das hat vermutlich Gründe. Sagen wir mal so: Auf einer Faschingsveranstaltung wäre Omlors rustikale Mundart-Comedy prima aufgehoben. Wo Quichotte am Vorabend „Die unerträgliche Leichtigkeit des Neins“ zelebrierte, demonstrierte Omlor eher „Die unerträgliche Seichtigkeit des Seins“. Da ging’s um pupsende Hunde, unappetitliche Pfälzer Rollschoppen, den missglückten Besuch einer Wasserrutsche und ähnlich Banales. Formal eifert Omlor als einfach strukturierter Taxifahrer Gerd Dudenhöffers Figur „Heinz Becker“ nach, von der Batschkapp bis zu sprachlichen Marotten wie dem Zerhacken von Silben und rechthaberischem Insistieren. Dass sich Lauer außerdem als Hobby-Magier übte und manch faulen Zauber entlarvte, machte die Sache nicht wirklich besser. Was die Auswahl-Jury da wohl geritten hat – ein Bedürfnis nach Lokalkolorit?

Immerhin war zumindest das Finale in weiblicher Hand: Mit Dialogen und choreografierten mehrstimmigen Liedern zu geschmackvollem Playback kabbelten sich die musicalgeschulten „Alten Mädchen“ über die Befindlichkeit der Frau über 50. Das war darstellerisch überzeugend, hatte (Mutter-)Witz, Tiefgang und Schmackes, von berührenden Soli bis zu schmissigen Ensembleparts, wobei sich der Reiz aus der Konstellation unterschiedlicher Typen und Temperamente ergab. Doch, und hier lässt sich die Feminismus-Debatte nahtlos weiterspinnen: Es ist bezeichnend, dass gerade reifere Komödiantinnen die meisten Lacher oft übers Kokettieren mit eigenen kosmetischen Unzulänglichkeiten erzielen, bis hin zur hemmungslosen Selbstdekonstruktion. Auch wenn das mit Galgenhumor und der tapferen Betonung relevanterer innerer Werte vermeintlich überlegen gekontert und vom sich entlastet fühlenden Publikum bekichert wird: Eigentlich sollte es einen nachdenklich und traurig stimmen – und wütend.

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