Neuer Tatort aus dem Saarland "Herz der Schlange": Warum sich der Saar-Tatort gelohnt hat

Saarbrücken/Neunkirchen · Am Sonntag lief der neue SR-Tatort „Das Herz der Schlange“. Die dritte Folge mit dem Ermittlungsteam um die Hauptkommissare Leo Hölzer und Adam Schürk. Dieses Mal war es auch ein Fall Schürk. Warum es sich lohnte, den Saar-Tatort zu schauen – oder ihn noch in der Mediathek zu schauen.

Kommissar hinter Gittern: Im neuen SR-Tatort muss Ermittler Adam Schürk (Daniel Sträßer) in die Justizvollzugsanstalt Saarbücken. Und das keineswegs freiwillig.

Kommissar hinter Gittern: Im neuen SR-Tatort muss Ermittler Adam Schürk (Daniel Sträßer) in die Justizvollzugsanstalt Saarbücken. Und das keineswegs freiwillig.

Foto: SR/Manuela Meyer/Manuela Meyer

Neulinge sind die Kommissare Leo Hölzer und Adam Schürk mittlerweile nicht mehr am Tatort Saarbrücken. Am Sonntag ermittelten sie mit ihren Kolleginnen Esther Baumann und Pia Heinrich bereits in ihrem dritten Fall (auch zu sehen in der ARD-Mediathek). „Das Herz der Schlange“  ist weniger eine klassische Verbrecherjagd als ein düsterer Thriller, bei dem einer der Kommissare selbst ins Visier gerät und hinter Gittern kommt.   

Worum geht’s im Tatort „Das Herz der Schlange“?

Das Glück ist bekanntlich von launischer Natur. Doch in dem Spruch, den das Saarbrücker Ermittler-Quartett nach dem Essen beim Chinesen aus einem Glückskeks zieht, steckt viel Wahrheit. Wie sich bald weisen wird: „In einer  friedlichen Familie kommt das Glück von selbst.“ Hauptkommissar Adam Schürk (Daniel Sträßer) muss das wie Hohn vorkommen. Aus den beiden vorigen Saarbrücker Fällen weiß man noch, dass der Vater des kühlen Blonden ein Tyrann, ein übler Schinder ist, der seinen Sohn als Kind „prügelte wie ein Tier“. Bis Adams Freund Leo es nicht mehr aushielt, und dem Despot eins mit der Schaufel drüberzog. Danach lag Schürk senior (Torsten Michaelis) jahrelang im Koma. Bis er wieder aufwachte.

Mord in besseren Kreisen: Im neuen SR- Tatort untersuchen Kommissar Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) einen Mord in einer Saarbrücker Villa. Eine junge Frau, Cora Reuters, ist in ihrem Haus überfallen und getötet worden.

Mord in besseren Kreisen: Im neuen SR- Tatort untersuchen Kommissar Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) einen Mord in einer Saarbrücker Villa. Eine junge Frau, Cora Reuters, ist in ihrem Haus überfallen und getötet worden.

Foto: SR/Manuela Meyer/Manuela Meyer

Nun sieht es im neuen Fall danach aus, als wolle der Alte, mittlerweile schwer an Krebs erkrankt, seinem Sohn das Leben ein letztes Mal zur Hölle machen. Gleich einem maßlos zürnenden Gottvater, der Adam kein Paradies gönnt. Roland Schürk wird tot in seinem Haus aufgefunden – mit einer Schusswunde im Bauch. Hat Adam den bösen Senior erschossen? Oder hat der mit der Dienstwaffe des Sohnes sich selbst umgebracht und perfide einen Mord vorgetäuscht, um Adam zu belasten? Kommissar Schürk ist jedenfalls plötzlich selbst dringend tatverdächtig – und landet in der JVA Saarbrücken.

Sein Freund Leo Hölzer (Vladimir Burlakov)  und die Kolleginen Esther Baumann (Brigitte Urhausen) und Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) sind also nicht nur mit einem Mord an einer jungen Frau in einer Saarbrücker Villa konfrontiert, mehr und mehr werden sie in auch den Fall ihres Kollegen verwicklet. Hin- und hergerissen zwischen der Loyalität zu Adam und den Pflichten als Polizistin und Polizist.

 Szene aus dem neuen SR-Tatort, der am 23. Januar 2022 läuft. Mit Esther Baumann (Brigitte Urhausen), Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) auf Verfolgungsjagd in einem Kellergang.

Szene aus dem neuen SR-Tatort, der am 23. Januar 2022 läuft. Mit Esther Baumann (Brigitte Urhausen), Pia Heinrich (Ines Marie Westernströer) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) auf Verfolgungsjagd in einem Kellergang.

Foto: SR/Manuela Meyer/Manuela Meyer

SR-„Tatort“ als Fortsetzungsroman

Zum bewährten Muster diverser Krimi-Reihen zählt mittlerweile, die Ermittler selbst zum Thema zu machen; neben der Täterjagd ein weiterer Spannungstreiber. So lassen sich die einzelnen Folgen verzahnen; man bleibt als Zuschauer dran. Im neuen SR-Tatort geht das Konzept auf, weil das Verhältnis der seit Kindertagen schicksalshaft aneinander geketteten Kommissare Hölzer und Schürk sich als roter Faden durch die Saar-Tatorte zieht. Adam Schürks Familienhistorie mit dem tyrannischen Vater forciert die Handlung ohne je aufdringlich zu werden, Autor Hendrik Hölzmann bleibt da seit dem Debüt von Schürk & Hölzer im Januar 2020 gekonnt an dieser intensiven Story dran, schlägt aber auch in dem neuen 90-Minüter immer wieder reizvolle Haken.

Exzellente Schauspieler im Tatort Saarbrücken

Auch im dritten Saar-Tatort mit dem aktuellen Ermittlungsteam sind die Schauspieler das Haupt-Kapital. Daniel Sträßer als scheinbar stahlharter, emotionaler Eisschrank, den aber die Last der Vater-Sohn-Tragödie in die Knie zwingt, findet in Vladimir Burlakov ein kontraststarkes Pendant. Das Leiden dieses Kommissar Leo Hölzer zwischen den Polen, dem bedrängten Freund helfen zu wollen, der eigenen ungesühnten Schuld aus Kindertagen am Vater des Freundes und dem, was eigentlich Polizistenpflicht wäre, ist förmlich greifbar. Ein grandioses Schauspiel, Burlakovs Gefühlskarussell. Dazu bekommen Brigitte Urhausen und Ines Marie Westerströer erfreulicherweise mehr Spielanteil. Aus dem Doppel wird zunehmend ein Quarett, in dem es auch noch kräftig knistert. Klasse!

Kleiner Wermutstropfen: Gewisse Abnutzungserscheinungen zeigen sich jenseits der Hauptrollen. Michael Rotschopf etwa darf/muss einmal mehr als Dr. Jens Modall einen so aparten wie sinistren Strippenzieher mimen. Die Kreuz- und Querbesetzungen in den diversen ARD-„Tatorten“ können da schon irritieren.

Junges Team, junge Regie

Der SR hat nicht nur vor zwei Jahren die Besetzung vor der Kamera komplett gewechselt und drastisch verjüngt. Verantwortlich sind dieses Mal auch junge Frauen: Kamerafrau Anne Bolick etwa. Und Regie führt Luzie Loose, Jahrgang 1989. Die Regisseurin wurde an der Ostsee geboren, ist in Berlin aufgewachsen und hat Kommunikation und dann Regie für Spielfilm und Werbefilm an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert. „Schwimmen“ war ihr erster großer Spielfilm. Mit ihm gewann sie 2019 bei den Hofer Filmtagen den Preis für die beste Regie. Und top sind Regie und Kamera auch in neuem SR-„Tatort“.

Wo wurde gedreht?

Unter anderem wurde in der IHK in Saarbrücken gedreht, die jetzt als neue Polizei-Zentrale fungiert und im Saarbrücker Gefängnis, aber auch in Dudweiler und Neunkirchen. 

Fazit zum neuen „Tatort“

Dramatischer lässt sich ein Fernsehkrimi kaum anlegen, als dass man den Kommissar selbst zum Tatverdächtigen macht: der Mordermittler ein Mörder? Sowas kann maximalen Thrill bedeuten, aber dieses Muster nutzt sich auch schnell ab. Bei „Das Herz der Schlange“  jedoch passt das. Luzie Loose inszeniert das Ganze in düsteren, oft melancholischen Bildern mit vielen subjektiven Kameramomenten, erzählerisch komplex, fokusiert auf die innere Spannung der Figuren und auf Hölzer und Schürk, deren Freundschaft auf die Probe gestellt wird. Die exzellente Beseztung tut das ihre, und ein Pluspunkt ist auch der konsequente Verzicht auf Saar-Tümelei und ungelenke Versuche, den Tatort als Touristenwerbung fürs Saarland zweitzunutzen, was frühere SR-Produktionen schon mal zur Ansammlung von Peinlichkeiten werden ließ.

Sendetermin: Sonntag, 23. Januar 2022, 20.15 Uhr, im Ersten.  

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