Interview Tanita Tikaram „Ich bin immer noch ziemlich schüchtern“

Saarbrücken · Seit über 30 Jahren steht die britische Sängerin auf der Bühne. „Twist on My Sobriety“ war ihr größter Hit. Nun kommt sie ins Saarland.

Die britische Sängerin Tanita Tikaram hat so manch Außergewöhnliches zu bieten. Neben ihrem exotischen Namen beeindruckt ihre tiefe Stimme. Außerdem kommt in ihrem einzigen Welt-Hit „Twist in My Sobriety“ ein Instrument vor, das sonst nie in der Popmusik eingesetzt wird: die Oboe. Leider blieb der Song, den sie mit 18 schrieb, der einzige, der die Spitze der Charts erklomm. Im August ist Tikaram 50 Jahre alt geworden, am Samstag um 20 Uhr kommt sie ins Theater am Ring in Saarlouis. Als sie beim Telefon-Interview drangeht, glaubt man nicht, mit ihr zu sprechen – sie besitzt tatsächlich eine ganz normale Sprechstimme, im Gegensatz zu ihrer tiefen Gesangsstimme.

Frau Tikaram, Sie haben ja gar keine tiefe Stimme, so wie man denken könnte!

TANITA TIKARAM Ich komme gerade von einer Veranstaltung, vielleicht ist sie deswegen höher als sonst. Meine Stimme ist eigentlich schon ziemlich tief.

Meine erste Frage ist: Wie spricht man Ihren Namen richtig aus?

TIKARAM Mit der Betonung auf der ersten Silbe: TI-karam. Das ist ein indischer Name.

Sie wurden in Münster geboren und verbrachten Ihre ersten zwölf Jahre in Deutschland.

TIKARAM Ich bin in verschiedenen deutschen Städten aufgewachsen. Erst in Münster, dann in Detmold, danach noch in weiteren militärischen Einrichtungen.

Haben Sie eine deutsche Schule besucht?

TIKARAM Nein, nur die englische Schule des britischen Militärs.

Welche Erinnerungen haben Sie an Deutschland?

TIKARAM Ich hatte eine sehr unbekümmerte Kindheit. Da gibt es viele schöne Erinnerungen an die Zeit in Deutschland.

Als Sie dann nach England kamen, was waren die Unterschiede?

TIKARAM Dort herrschte eine andere Disziplin. Als ich in Deutschland die Schule besuchte, waren die Lehrer richtig cool. Das waren junge Leute und welche, die gerne mal in einem anderen Land unterrichteten, die waren locker. In England war das anders. In Deutschland kamen auch immer andere Kinder in die Schule, denn ein Army-Kid zieht ständig um. Die Kinder waren sehr offen und tolerant.

Mit 19 wurden Sie urplötzlich zum Popstar. Wie änderte sich dadurch Ihr Leben?

TIKARAM Natürlich sehr. Plötzlich bekam ich so viel Aufmerksamkeit, die ich vorher nicht hatte. Ich bin immer noch ziemlich schüchtern. Das war schon surreal damals. Auf der anderen Seite hatte ich unheimlich viel zu tun in der Zeit.

Haben Sie jemals darüber nachgedacht, wie Ihr Leben ohne „Twist in My Sobriety“ verlaufen wäre?

TIKARAM Nein, nicht wirklich.

Für mich ist das Besondere an Twist in My Sobriety die Oboe. Wer hatte denn die Idee, die in dem Song einzusetzen?

TIKARAM Das war der Produzent Rod Argent. Er hat verschiedene Instrumente ausprobiert. Dann kam er plötzlich und sagte: Oh mein Gott, Mit Oboe funktioniert’s!

Fragen Sie sich häufig, warum gerade dieser Song ein Hit wurde und nicht die anderen?

TIKARAM Nein.

Jetzt haben Sie eine Compilation herausgebracht, die Anthologie „To Drink the Rainbow“: Ist das eine Art Best of?

TIKARAM Nein, das sind nicht unbedingt meine besten Songs. Es gibt da einen Musikjournalisten in England namens Pete Paphides. Er hat verschiedene Compilations herausgebracht und die Songs ausgesucht.

Aber Sie planen schon noch neue Aufnahmen?

TIKARAM Ja, diese Veröffentlichung war ja für mich unerwartet. Ich arbeite derzeit an einem neuen Album. Ich werde beim Konzert schon ein paar der neuen Songs singen. Ich hoffe darauf, dass es nächstes Jahr fertig ist.

Für mich klingt Ihre Musik ziemlich melancholisch – sind Sie melancholisch?

TIKARAM Ich denke, ich habe eher eine optimistische Art. Ich würde sagen, dass Melancholie den Charakter meiner Stimme beschreibt. Aber nicht meinen.

Aber Ihre Songs, sind die melancholisch aus Ihrer Sicht?

TIKARAM Ich liebe Musik, die etwas nostalgisch und sehnsüchtig ist. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich Eltern habe, die nicht aus England kommen. Da spielte Heimweh immer eine Rolle, auch wenn das nicht meine Empfindung war. Ich bin halt damit aufgewachsen. Das schlägt durch in der Art, wie ich Songs schreibe.

Waren Sie jemals im Saarland?

TIKARAM Nein, das wird das erste Mal sein! Was empfehlen Sie dort?

Die Saarschleife – außerdem schwärmte Rebekka Bakken bei ihrem Konzert in Saarlouis vom tollen Essen.

TIKARAM Naja, mag sein, aber ich bin Vegetarierin.

Wie gut ist eigentlich Ihr Deutsch, nachdem Sie so lange in Deutschland waren?

TIKARAM Sehr schlecht! Ich kann ja noch nicht mal richtig Englisch! Ich habe leider kein großes Sprachtalent. Ich hab so viel Zeit in Deutschland verbracht und kann es nicht, das enttäuscht mich.

Hatten Sie damals keinen Kontakt zu Deutschen?

TIKARAM Doch. Wir haben neben einer deutschen Familie gewohnt. Wir waren wirklich gut befreundet, aber sie haben Englisch gesprochen. Ich habe vor ein paar Jahren wirklich versucht, Deutsch zu lernen am Goethe-Institut, habe es aber nicht weit gebracht. Um eine Sprache zu lernen, muss man wohl in dem Land leben.

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