Konzert im Pingusson-Bau Eine sinfonische Urgewalt
Saarbrücken · Der Kammermusikabend am Samstag mit Studenten der Berliner Barenboim-Said-Akademie war eine echte Perle der Musikfestspiele Saar.
Bläser-Ensembles werden leicht mal zu Angstgegnern von Kammermusikfreunden. Präsentieren sich vorn Könner in trautem Einverständnis auf dem Podium, badet man als Zuhörer in der Fülle des Wohllautes. Wehe aber der Hornist laboriert mit seinem Ansatz oder mit der Flötistin gehen mal wieder die Solo-Ambitionen durch, dann fragt man sich, ob die 17. „Tatort“-Wiederholung nicht doch die bessere Alternative gewesen wäre...
Am frühen Samstagabend im Pingusson-Bau aber dachte garantiert niemand ans verpasste TV-Programm. Denn aus der Mitte der Studierenden der Berliner Barenboim-Said-Akademie präsentierten sich gleich zwei Ensembles, die jugendliches Feuer mit derart souveräner Gestaltungskraft verbinden, dass dazu eigentlich Jahre des gemeinsamen Musizierens Vorbedingung sein müssten. Franz Danzis Bläserquintett B-Dur war da passendes Entrée für den Abend. Der Komponist, der unter anderem am Mannheimer Hof- und Nationaltheater wirkte, hatte zwei Fixsterne: Mozart und Carl Maria von Weber. Sein Bläserquintett in B-Dur neigt sich Ersterem zu, mit schon mal zuckrigem Mozart-Klang, fast en passant, aber auch mit einer Fülle von Finessen, bei denen Flötistin Carla Garcia Heredia, Oboistin Meri Musaev, Fagottistin Nur Koç sowie Yngve Abelvik (Horn) und Yazan Alsabbagh (Klarinette) mit so leuchtend schönem Ton glänzten, dass sich das Publikum sogar zwischen den Sätzen nicht mit dem Applaus zurückhalten konnte.
Dennoch war der durchweg heitere Danzi eher wie ein Apercu zu Hindemiths „Kleiner Kammermusik für Bläserquintett“. Anfang der 1920er komponiert, kommt sie einem Ausbruch aus der romantischen Kammermusiktradition gleich. Getrieben von der Klarinette zunächst in forschem Tempo, mischt sich karikierend immer wieder ein Walzer ein, bevor nach einem pochenden Grundmotiv sich jedes der fünf Instrumente in Kadenzen präsentiert.
Teil zwei des Musikfestspielabends gehörte dann dem Trio Bilal Alnemr (Geige), Idil Pulat (Cello) und Itai Navon (Klavier), die mit Wolfgang Rihms Fremder Szene III sozusagen einen Klassiker zeitgenössischer Kammermusik voranstellten. Unter der Oberfläche der markigen Repetitionen, aber auch des meditativen Innehaltens schwingt da auch fast die gesamte Tradition des Genres mit, mit Schumann im Fokus; bezwingend von den drei jungen Instrumentalisten gespielt.
Sein Meisterstück lieferte dieses Trio aber mit Mendelssohn-Bartholdys zweitem Klaviertrio c-moll. Kammermusik mit der Urgewalt einer Sinfonie, die (im Scherzo) die Virtuosität genauso fordert, wie es im abschließenden Allegro appassionato Kraft und gestalterische Weitsicht braucht. Und alles fand sich hier bei den Dreien in geradezu luxuriöser Fülle. Da wird Musik dann tatsächlich zum Festspiel.