Herr Schmitt, in dieser Saison sind Sie Artist in focus des Saarländischen Staatsorchesters (SSO). Wie kam es dazu?
Neue Saarbrücker Konzertsaison Top-Organist bringt Uraufführung mit zu seinen Konzerten ins Saarland
Interview | Saarbrücken · Von Erbringen aus hat Christian Schmitt den Sprung in die internationalen Konzertsäle geschafft – ob Elbphilharmonie oder Wiener Musikverein, London, Zürich oder Tokyo, der saarländische Organist ist überall gefragt. Seit zwei Jahren lehrt Schmitt auch als Professor für künstlerisches Orgelspiel in Rotterdam. In den nächsten Monaten ist der Mittvierziger wieder öfter im Saarland zu hören: Schmitt ist Artist in focus des Saarländischen Staatstheaters.
Nicht bloß die Konzertsäle haben klangvolle Namen, in denen Christian Schmitt auftritt, auch sein Orgelspiel wurde schon häufig mit Preisen bedacht – unter anderem mit dem Echo-Klassik. Diese Saison will der gefragte Saarländer als Artist in focus des Saarländischen Staatstheaters auch zeigen, welche faszinierende Vielfalt sein Instrument, die Orgel, im Konzert auch mit großen wie kleinen Ensembles bietet. Schmitt, Jahrgang 1976, stammt aus dem Beckinger Ortsteil Erbringen.
SCHMITT Ich freue mich sehr auf die erneute Zusammenarbeit mit dem SSO unter GMD Sébastien Rouland. Vor Corona hatte ich die wunderbare Gelegenheit, die berühmte Orgelsinfonie mit dem Orchester zu spielen. Auch haben wir vor zwei Jahren das Poulenc Orgelkonzert zwei Mal zusammen aufgeführt und ich habe letztes Jahr mit dem HR-Sinfonieorchester unter Sebastian Roland konzertiert. Dabei hatten wir die Möglichkeit uns intensiv über Programme für Orgel und Orchester auszutauschen. Intendant Bodo Busse war dafür glücklicherweise sehr offen; dies ist eine tolle Chance die Orgel im Saarland vielen Zuhörern nahe zu bringen.
Gemeinsam mit Ihnen wird das SSO die Orgelmusik verstärkt ins Programm der Konzertsaison rücken. Ungewohnt für Saarbrücken...
SCHMITT Die Congresshalle verfügt über keine Orgel. Dieses Schicksal teilt sie mit mehreren Konzerthallen in Deutschland. Da ich seit über 20 Jahren als freier Konzertorganist unterwegs bin und seit zehn Jahren bei den Bamberger Symphonikern als Organist tätig bin, habe ich versucht, eine gute Alternative für diese Misere zu schaffen. Vor vier Jahren haben wir die Orgel der Philharmonie Essen digital gesampelt und mit einem Instrument transportabel verfügbar gemacht. Diese Möglichkeit haben wir in Saarbrücken schon bei vier Konzerten genutzt und das eröffnet neue Möglichkeiten.
Was sind Ihre künstlerischen Intentionen bei den Konzerten hier?
SCHMITT Wir haben versucht, unterschiedlichste Werke auszusuchen. Bei den Abo-Konzerten werden berühmte Namen wie Franz Liszt, Samuel Barber oder Charles-Marie Widor erklingen. Im Kammerkonzert wird in unterschiedlichsten Besetzungen moderne Musik auf den Barockkomponisten schlechthin, nämlich Johann Sebastian Bach, treffen. Schließlich werden wir auch in der Stiftskirche St. Arnual zusammen konzertieren – mit einer Welturaufführung: César Francks Grande pièce symphonique, für Orgel und Orchester bearbeitet von Zsigmond Szathmáry, eigentlich ein beeindruckendes Solostück von beträchtlichen Dimensionen, das jetzt erstmals in einer Fassung für Orgel und Orchester zu erleben ist. Das „Concerto da Requiem“ des Pariser Komponisten Guillaume Connesson werde ich wenige Wochen später auch mit dem Philadelphia Orchestra unter Paavo Järvi aufführen.
Denken Sie, dass es Ihnen als Artist in Focus glückt, dem saarländischen Publikum die Orgelmusik auch im Konzertsaal näher zu bringen?
SCHMITT Das steht natürlich in den Sternen, ob mir das gelingen wird. Auf jeden Fall werden wir alle – Orchester, Dirigent, Intendant und alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SST – versuchen, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer des SSO unterschiedlichste Werke mit Orgel hören können, die vielleicht auch die unterschiedlichen Geschmäcker treffen können. Vielleicht kann dabei helfen, dass ich einen besonderen Bezug zum Saarland habe. Ich stamme aus dem Landkreis Merzig-Wadern und habe selbst fast 15 Jahre in Saarbrücken gewohnt. Nun bin ich seit zehn Jahren in Stuttgart und seit zwei Jahren als Professor für Orgel in Rotterdam tätig und sozusagen international für meine saarländische Heimat unterwegs. Das schafft vielleicht Neugierde und Interesse, eines der Konzerte zu besuchen.
Inwieweit tragen die Konzerte programmatisch Ihre Handschrift?
SCHMITT Ich bin sehr dankbar, dass ich in der kommenden Spielzeit insgesamt fünf verschiedene Werke für Orgel und Orchester mit dem SSO unter GMD Rouland aufführen darf. Es waren zum Teil gemeinsame Ideen, Vorschläge, aber auch ein besonderer Zufall, denn die Welturaufführung wäre eigentlich eine deutsche Erstaufführung gewesen. Da das Sinfonieorchester Basel zu viele Dienste durch die Aufführung von Wagners Ring angesammelt hat, musste leider ein Konzert beim dortigen Orgelfestival verschoben werden und somit findet die erste Aufführung in Saarbrücken statt.
Welche Konzerte mit dem SSO sind für Sie persönlich die Programm-Highlights?
SCHMITT Ein Highlight wird sicherlich das Eröffnungskonzert der neuen Spielzeit am 24. und 25. September. Dort steht die Toccata Festiva von Samuel Barber auf dem Programm. Eine Besonderheit dieses Werkes ist die Kadenz, hier hat der Komponist für Pedal Solo geschrieben; von virtuosen Läufen bis hin zu vierstimmigen Akkorden und dies alles mit zwei Füßen. Das Schöne in der Congresshalle ist, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer das auch sehen können, nicht wie auf einer Orgelempore, wo man nur den Klang des Instrumentes genießen kann. Außerdem steht im zweiten Teil auch eine große Sinfonie von Widor auf dem Programm, die zur Einweihung der Victoria Hall in Genf geschrieben wurde. Widor hat als Organist der Orgel wie in der berühmten Orgelsinfonie auch eine tragende Rolle zugeschrieben. Ich habe dieses Werk vor 15 Jahren mit dem Bamberger Symphonikern ein gespielt und die CD wurde mit dem Echo Klassik ausgezeichnet.
Florian Schneider