Drei Ausstellungen virtuell eröffnet Stadtgalerie gelingt innovatives Experiment

Saarbrücken · In virtuellen Räumen und per Video: Als Avatar konnten Besucher der Stadtgalerie Saarbrücken Künstler und deren Werke kennenlernen.

  Als Avatar konnten die Ausstellungsbesucher virtuell in vier verschiedene Räume gehen und dort an Gesprächen teilnehmen.

Als Avatar konnten die Ausstellungsbesucher virtuell in vier verschiedene Räume gehen und dort an Gesprächen teilnehmen.

Foto: Baronsky-Ottmann

Gleich drei Ausstellungen sind am Freitagabend in der Stadtgalerie Saarbrücken trotz Lockdowns eröffnet worden. „le lion malade“ von Natascha Sadr Haghighian, „KUNST des 20. Jahrhunderts“ von Florian Huth und „I‘ll fix you“ von Joni Majer. Und da sich die Türen der Stadtgalerie am St. Johanner Markt nicht öffnen durften, hat Interimsleiterin Katharina Ritter sich mit einem kleinen Team überlegt, wie man dem Publikum trotzdem eine Vernissage ermöglichen kann. „Es ist ein Experiment“, sagt sie daher auch in dem Eröffnungsvideo, das auf der Webseite der Stadtgalerie eingestellt wurde. Zuerst wurden dazu am Freitagabend um 19 Uhr gleich fünf Videos freigeschaltet, in denen die Ausstellungen vorgestellt werden.

Neben einer Grußbotschaft des Saarbrücker Oberbürgermeisters Uwe Conradt (CDU) und einem erläuternden Eröffnungsvideo der Leiterin der Stadtgalerie wurden auch die in den Räumen der Stadtgalerie aufgebauten Ausstellungen kurz vorgestellt. Und so erhält man einen, wenn auch nur flüchtigen Eindruck der Kunstwerke, die bis zum 2. Mai präsentiert werden. Natascha Sadr Haghighian ist eine iranisch-deutsche Installations- und Videokünstlerin und Professorin für Bildhauerei an der HfK Bremen. Besondere Aufmerksamkeit erlangte sie, als sie im Jahr 2019 auf der Biennale in Venedig den Deutschen Pavillon bespielen konnte. Das Video der Ausstellung in der Stadtgalerie erlaubt Einblicke in ihr Werk, vor allem ihre Klang-Installationen kommen zur Geltung. Die Frage, „was passiert, wenn man einen Leoparden in eine Teekanne tut?“ mit anschließender entsprechender Geräuschkulisse fasziniert selbst virtuell.

Das Video über die Arbeit von Florian Huth, einem gebürtigen Saarbrücker, der in München Kunst studierte, gibt nur einen flüchtigen Eindruck seiner Arbeit. Aber auch hier wecken reale, formal sehr eigenwillige Holzskulpturen, deren Vorlage verpixelte Baumabbildungen aus Google-Earth-Daten sind, die Neugierde.

Das Video über die Ausstellung von Joni Majer ist aufschlussreicher. Die gebürtige Berlinerin, die in Saarbrücken lebt und arbeitet, ist in dem Video zu sehen, erläutert ihre Arbeiten. Joni Majer beschäftigte sich über Jahre mit der schnellen Erfassung von unpersönlichen, comicartigen Gesichtern, die in wenigen Linien eine Idee transportieren. Daraus entstand die Idee, Masken zu kreieren, dem Flüchtigen das Bleibende gegenüberzusetzen. Aber auch in diesem Video kann man nur eine Ahnung der Werke und der Ausstellung erhalten.

  Joni Majer beschäftigt sich mit unpersönlichen Gesichtern, um dem Flüchtigen etwas gegenüberzusetzen. Unser Foto zeigt ihr Werk „Mask“.

Joni Majer beschäftigt sich mit unpersönlichen Gesichtern, um dem Flüchtigen etwas gegenüberzusetzen. Unser Foto zeigt ihr Werk „Mask“.

Foto: Joni Majer

Das Erlebnis des Ausstellungsbesuchs, geschweige eine seriöse Kritik, ermöglichen die Videos nicht. Das weiß auch die Interimsleiterin der Stadtgalerie Katharina Ritter. Um die Ausstellungen und die Stadtgalerie trotzdem sichtbar zu machen, hatte sie zusätzlich die Idee, einer virtuellen Vernissage. So wurde man am Freitagabend als Besucher der Webseite eingeladen, einer digitalen Eröffnung beizutreten. Dafür musste man zuerst einen Avatar auswählen, eine rudimentäre, fiktive Figur, mit der man dann spielerisch in ein „Foyer“ gelangen konnte, von dem aus man die Wahl hatte, in vier verschieden farbige Räume zu gehen, die als surreale Säulenhallen erstellt waren. Diese digitalen Welten wurden von dem Medienkünstler Mert Akbal entworfen. In den vier Räumen fanden dann verschiedene Diskussionsrunden statt, zwei in deutscher Sprache, und jeweils eine in englischer und französischer Sprache. Es wurde über Fragen wie „Wie fühle ich mich nach einem Arbeitstag?“, „Möchte ich, dass die Kinder in meinem Umfeld auch meinen Beruf ergreifen?“ oder „De quoi dépend ma satisfaction du travail?“ diskutiert.

Vorausschauend hatte die Leitung der Stadtgalerie dazu einige Gäste aus ganz unterschiedlichen Branchen eingeladen. Moderiert wurden die Gesprächsrunden von Leonie Scheidt und Katja Pilisi, Saskia Riedel und Shannon Luka. Als Avatar war es nun möglich, den Gesprächsrunden beizutreten, zuzuhören und auch mitzureden. Und wenn man sich erstmal mit Technik und Räumen vertraut gemacht hatte, erinnerte die digitale Eröffnung an analoge Vernissagen. Denn man konnte ganz ungezwungen zuhören, oder sich spielerisch in den nächsten Raum reinklicken. Es wurde über Kunst und künstlerische Anliegen gesprochen, über Berufe und Berufungen, aus ganz verschiedenen Perspektiven.

Bis zu fünfzehn Avatare nahmen pro Raum an den Gesprächen teil, eine Anzahl an Gästen, mit der man auch bei einer analogen Ausstellungseröffnung hätte zufrieden sein können. „Wir möchten mit Ihnen im Gespräch bleiben“, sagte Katharina Ritter im Eröffnungsvideo. Das ist ihr am Freitagabend auf innovative und unterhaltsame Weise gelungen.

Die Ausstellungen „le lion malade“ von Natascha Sadr Haghighian, „KUNST des 20. Jahrhunderts“ von Florian Huth und „I‘ll fix you“ von Joni Majer laufen bis 2. Mai. Ausstellungsvideos unter stadtgalerie.saarbruecken.de.

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