Saarländischer Literaturpreis Helmlé-Preis für deutsch-kanadische Übersetzerin

Saarbrücken · Sonja Finck wird kommenden Montag für ihre Übersetzung des Werkes von Annie Ernaux in Sulzbach ausgezeichnet – und liest dort auch mit der französischen Autorin.

 Sonja Finck erhält in diesem Jahr in Sulzbach den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis.

Sonja Finck erhält in diesem Jahr in Sulzbach den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis.

Foto: Véronique Soucy/Veronique Mystique

In Saarbrücken ist es 14 Uhr. Sonja Finck ist gerade erst aufgestanden. Die Übersetzerin lebt mit ihrer kanadischen Frau einen Großteil des Jahres in deren Heimat im französischsprachigen Québec. Und dort ist es gerade acht Uhr, als ihr Telefon für den Interviewtermin klingelt. Finck wird am 9. September in der Aula in Sulzbach mit dem renommierten Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis, ausgezeichnet – gestiftet vom Saarländischen Rundfunk, der Stiftung ME Saar der Metall- und Elektroindustrie und der Stadt Sulzbach zu Ehren des 2000 verstorbenen Schriftstellers und literarischen Übersetzers Eugen Helmlé, der in Sulzbach zu Hause war.

Dass sie den mit 10 000 Euro dotierten Preis erhalte, habe sie „sehr überrascht“, sagt die 41-Jährige mit zweitem Wohnsitz Berlin. Sie sei im Vergleich mit vorherigen Preisträgern ja noch recht jung – und der Preis wird eben auch fürs Gesamtwerk an Übersetzungen verliehen. Hier allerdings hat Sonja Finck einiges vorzuweisen, vor allem literarische Übersetzungen aus dem Französischen. Zuletzt waren es vor allem Bücher der preisgekrönten französischen Autorin Annie Ernaux (,,Der Platz“, „Die Jahre“, „Erinnerung eines Mädchens“, erschienen im Suhrkamp-Verlag), für die Sonja Finck viel Anerkennung bekam. Sie übersetzt außerdem aus dem Englischen und aus dem Spanischen. Derzeit arbeitet Finck sowohl an Übersetzungen weiterer Werke von Annie Ernaux als auch an mehreren Romanen aus dem kanadischen Französisch – Kanada ist 2020 Gastland der Frankfurter Buchmesse.

In der Begründung der Jury heißt es: „Die Arbeit von Sonja Finck endet nicht mit der Rekreation eines Textes in einer anderen Sprache: sie lädt auf ihre Art dazu ein, an den großen Debatten und aktuellen Fragen unserer Gegenwart teilzuhaben.“ Sonja Finck selbst liebt gesellschaftskritische Literatur in klarer, prägnanter Sprache – ein Stil, den man auch mit Annie Ernaux verbindet. „Ernaux schreibt sehr präzise, sie verwendet keine pathetischen Floskeln und benutzt nie die üblichen Formulierungen, sondern verschiebt die Sprache ganz leicht“, analysiert Finck. Das sei interessant zu lesen – und zugleich eine große Herausforderung. Von einer „geballten Ladung an Übersetzungsproblemen“, erzählt Finck, gerade beim Werk von Annie Ernaux. In deren autobiografischem Bestseller „Die Jahre“, analysiere die Autorin – ohne jemals das literarische „Ich“ zu verwenden – „wie Menschen aus verschiedenen Klassen zu verschiedenen Zeiten sprechen“. Zudem lasse sie viele Besonderheiten der französischen Kultur einfließen – zum Beispiel Gerichte, Radiosendungen aus den 50er Jahren oder Wortspiele. „Die Herausforderung beim Übersetzen war hier, subtil zu erklären, ohne dass die deutschen Leser das merken“, sagt Finck, die vor ihrem Studium des literarischen Übersetzens an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, wo sie seit 2010 auch als Gastdozentin arbeitet, ein Jahr lang die Zirkusschule in Toulouse besuchte. Dort wurde sie in Keulen-Jonglage ausgebildet. Heute jongliert sie gekonnt und bereits mehrfach ausgezeichnet mit Wörtern und der Sprache. Unter anderem erhielt sie den Jugendliteraturpreis und den André-Gide-Preis der DVA-Stiftung.

Der Wechsel von der Manege an den Schreibtisch hat sich also gelohnt und der ausgebildeten Artistin nun den Helmlé-Preis eingebracht.

Preisverleihung ist am Montag, 19 Uhr, in der Aula der Stadt Sulzbach. Im Rahmen der Preisverleihung werden Annie Ernaux und Sonja Finck aus Werken der bekannten französischen Autorin lesen.

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