Stimme auch auf Amazon und Netflix Philipp Allar aus Blieskastel ist für den Deutschen Radiopreis nominiert
Blieskastel/München · In ihrer Reportage „Antenne Bayern Geheimakte Bad Aibling“ rekonstruieren der Blieskasteler Philipp Allar und seine Kollegin Tina Ledermann das schwere Zugunglück in Bayern vor sechs Jahren. Nun wurde das Grimme-Institut auf die beiden aufmerksam. Wie Moderator und Musiker Allar in Bayern landete, warum seine Stimme auch auf Amazon und Netflix zu hören ist – und 2023 ein großes Jahr für ihn wird.
Ob als Sänger mehrerer Formationen, Moderator oder Synchron-Sprecher – seine Stimme war für Philipp Allar schon immer sehr wichtig, um seine beiden großen Leidenschaften, das Radio und die Musik, ausleben zu können. Nun hat der Saarländer zusammen mit seiner Kollegin Tina Ledermann den Opfern des schweren Zugunglücks im bayrischen Bad Aibling quasi eine Stimme gegeben. In ihrer Reportage „Antenne Bayern Geheimakte Bad Aibling“ rekonstruieren und hinterfragen sie für den Privatsender kritisch und emotional einen der schwärzesten Tage der deutschen Eisenbahn-Geschichte: Am 9. Februar 2016 stießen zwei Personentriebzüge frontal zusammen. Zwölf Menschen kamen dabei ums Leben, 89 wurden zum Teil schwer verletzt.
Nun wurden die beiden Volontäre mit ihrem Podcast für den Deutschen Radiopreis nominiert, der am 8. September in Hamburg verliehen wird: „Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt Allar. „Und das sogar in der Königs-Disziplin.“ Die Nominierungs-Kommission des Grimme-Instituts wählte ihren Beitrag aus hunderten von Bewerbungen von insgesamt 143 Hörfunk-Programmen aus: „Zum sechsten Jahrestag haben sie monatelang recherchiert und die Ereignisse von damals nochmals genau untersucht und kritisch hinterfragt, was seitdem getan wurde, um eine solche Katastrophe in Zukunft zu verhindern“, heißt es in der Jury-Begründung.
„Wir haben herausgefunden, dass diese Aussage falsch ist“
Seine Kollegin und er hätten sich auf der Arbeit kennengelernt und „auf Anhieb sehr gut verstanden“, sagt der 29-Jährige. „Wir wollten zusammen etwas machen, was bleibt, und sich nicht so schnell im Radio versendet.“ Bei ihren Recherchen seien sie auf Bernhard gestoßen, ein Opfer des Zugunglücks, das sich nach sechs Jahren wieder zurück ins Leben gekämpft habe. Die Radio-Macher hätten schnell erfahren, dass sich die Deutsche Bahn „relativ komisch gegenüber den Opfern verhalten habe“, erklärt Allar. Obwohl ein Fahrdienstleiter des Konzerns für den Unfall verantwortlich war, hätten viele Betroffene bis heute keine richtige Entschuldigung erhalten.
In den Triebwagen habe es das Sicherheitssystem, das solche Unfälle vermeiden soll, nicht gegeben, fanden Allar und seine Kollegin bei der Rekonstruktion des Unfalls heraus. Sie hätten daraufhin die Bahn mit ihren Vorwürfen konfrontiert. Die Antwort: Dass dieses System damals noch keine Zulassung gehabt hätte, sagt Allar und ergänzt: „Doch wir haben herausgefunden, dass diese Aussage falsch ist. Die Bahn hat daraufhin ihr Statement zurückgezogen.“ Bis heute fehle eine neue Stellungnahme.
Egal, ob sie nun den Radiopreis für ihre Reportage erhalten – die große Gala, über die zahlreiche Medien berichten, sei für sie „eine Super-Möglichkeit, das Thema vor Millionen von Menschen wieder aufzugreifen“. Zudem gelte schon die Nominierung in Fachkreisen als wichtiges Qualitätssiegel.
Weitere Saarländer nominiert
Mitbewerber in der Kategorie „Beste Reportage“ sind übrigens Linda Grotholt, Niklas Resch und Caroline Uhl aus dem Rechercheteam des Saarländischen Rundfunks. In ihrem Beitrag „Hyperfund und der Traum vom großen Geld“ sind sie auch undercover dem Versprechen eines windigen Anlagemodells nachgegangen. Allar sieht seine ehemaligen SR-Kollegen jedoch nicht als Konkurrenten an. Zumal er eine aus dem Team noch gut aus seiner Zeit beim Jugendradio „Unser Ding“ kenne. „Egal, wie es ausgeht, ich freue mich schon, sie in Hamburg wieder zu treffen.“
Musik war schon immer seine Leidenschaft
Bevor er 2016 zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk wechselte, wo er bei „Unser Ding“ bis 2020 verschiedene Sendungen moderiert hat, startete er seine Hörfunk-Karriere bei „Radio Salü“. Bei dem Privatsender absolvierte Allar von 2013 bis 2015 eine Ausbildung zum Mediengestalter in Bild und Ton: „Dabei habe ich auch schon moderiert“, blickt er zurück. Für den Südwestrundfunk in Baden-Baden war er ebenfalls schon tätig.
Aber Allar, der 1993 geboren und zunächst in Blieskastel-Lautzkirchen und seit seinem vierten Lebensjahr in Herbitzheim gelebt hat, hat neben dem Radio noch eine zweite, große Leidenschaft, die er recht früh entdeckte. Schon während seiner Schulzeit auf dem Von-der-Leyen-Gymnasium in Blieskastel sammelte er seine ersten musikalischen Erfahrungen: „Das war schon immer eine Leidenschaft. Mit der Musik verbinde ich viele emotionalen Erinnerungen“, sagt er.
Bei der renommierten Sängerin Sue Lehmann nahm er noch vor dem Stimmbruch seinen ersten Gesangs-Unterricht. 2010 und 2013 wurde Allar gleich zwei Mal Bundessieger in der Kategorie Popgesang bei dem Wettbewerb „Jugend musiziert“. Er stand mit diversen Bands auf der Bühne wie der Cover-Formation „Songs 4 You“, wirkte beim Neunkircher Musicalprojekt mit. Auch mit dem Show- und Sound-Ensemble „Chorwurm“ trat er auf.
Später sang Allar mit seiner Band „One Way Ticket“ zum ersten Mal eigene Songs: „Wir haben es bis zur Vorband von Lena und 2015 ins Finale des ‚New Music Awards‘ geschafft.“ Mit dem von den Jugendsendern der ARD-Radioprogramme in Berlin verliehenen Preis sollen talentierte Newcomer ausgezeichnet und ihnen ein Sprungbrett in die Musikszene ermöglicht werden. Auch wenn die Band den Sieg verpasste, trat sie bei großen Veranstaltungen in der Region wie dem Saar-Spektakel auf.
Musik schreiben für Film und Werbung, synchronisieren und singen für Amazon und Netflix
In seiner Studienzeit nutze Allar wieder die Synergien seiner beiden großen Leidenschaften: Er pendelte zwischen seinem Radiojob in Saarbrücken und Mannheim hin und her, wo er ein Bachelor-Studiengang an der renommierten Popakademie absolvierte. Zudem schrieb er Musik für Filme und Werbung. Durch eine sehr gute Freundin sei er 2020 auch erstmals mit der Synchronisationsszene in Kontakt gekommen. Seitdem arbeitet Allar für Medienkonzerne wie Amazon und Netflix als Sprecher und Studio-Sänger für Schauspieler, die selbst nicht singen können.
Direkt nach seinem Studien-Abschluss auf der Popakademie zog der Saarländer dann in diesem Jahr nach München und begann ein Volontariat bei „Antenne Bayern“, der mit 1,1 Millionen Hörern pro Stunde als erfolgreichster Privatsender Deutschlands gilt: „Zum einen hat mir die Stadt schon immer sehr gut gefallen“, sagt Allar. Zum anderen habe er beruflich wieder eine neue Herausforderung gesucht. Bei der Radiostation moderiert er die Abend- und Wochenend-Sendungen. „Zudem liefere ich kreativen Input in die Programm-Gestaltung“, ergänzt der 29-Jährige.
Erste Platte und selbst geschriebenes Musical in den Startlöchern
Musik macht Allar auch weiterhin. So ist er Sänger und Gitarrist der Münchner Event-Band „Candy Tunes“. Für 2023 hat er schon zahlreiche Pläne: „Ich habe mich lange davor gedrückt, selbst Songs zu veröffentlichen“, sagt er. Doch im nächsten Jahr soll nun seine erste EP als Solokünstler erscheinen. Zudem steht die Premiere seines ersten, selbst geschriebenen Musicals „Damals. Heute. Ewig.“ an. Und für die kehrt Allar wieder ins Saarland zurück. Denn das Stück wird in der Neuen Gebläsehalle in Neunkirchen uraufgeführt.