Kommentar Saarbrücker Bühne klug mit halber Fahrt voraus

Saarbrücker Theater plant vorsichtigen Start in neue Saison
Foto: SZ/Lorenz, Robby

Endlich, endlich wird der Vorhang wieder hochgehen! Die Zeit ohne Oper, ohne Schauspiel, ohne Konzerte, ohne Ballett war eine finstere Zeit. So sehr sich das Staatstheater, seine Künstlerinnen und Künstlern auch mühten, Heimkunst zu machen, via Datenautobahn bei uns zu bleiben, ist das Pfund der Bühne, mit der sich einfach wuchern muss, dass echte Menschen live singen, spielen, tanzen. Und wir hautnah dabei sein dürfen.

Mit seiner neuen Spielzeitprogramm hält uns das Saarbrücker Theater aber noch auf Abstand. Bloß für vier Monate legen Intendant Bodo Busse und sein Team sich fürs erste fest. In normalen Zeiten passte dieses Programm zu einem Stadttheater, sicher aber nicht zu einem Staatstheater. Ein großer Verdi mit schmalem Orchester: Das ist wie Espresso ohne Zucker. Und wo man auch hinblättert im dünnen Teilsaisonheft, meist kleine Besetzungen: Nein, das ist nicht das in Wucht und Opulenz überwältigende Spektakel, das man so vermisst hat.

Aber, es kann es auch gar nicht sein. Denn nur schon ein voller Orchestergraben und ein stattlicher Opernchor in voller Aktion ließen Deutschlands Chefvirologe Drosten noch die letzten Haare ergrauen: So viel potenziell virengesättigtes Aerosol würde dabei freigesetzt. Große Oper wie wir sie lieben, geht im Moment einfach nicht. Und eine Bühne, die der Pandemie-Auflagen wegen, ihr Publikum wenigstens halbieren muss, muss die Euros noch öfter umdrehen.

Sicher, etliche andere Theater präsentieren sich dieser Tage mutiger, stellen sich mit kompletter Saisonplanung dem Publikum vor – zum Teil auch mit den ganz großen Brocken. Dieser Wagemut könnte aber fix auch in Tollkühnheit enden, wenn eine weitere Pandemie-Welle anrollt – und man seine großartigen Versprechungen kassieren muss. Manche Intendanten geben da wie ein Kapitän auf Nordatlantikkurs wieder volle Fahrt, weil sie die Eisberge schon hinter sich glauben. Busse steuert klüger auf Sicht – mit halber Fahrt und kalkuliertem Gefahrenpotenzial. Allerdings auch mit dem Risiko, dass das Publikum mit der Erwartung früherer Spielzeiten in sein Theater zurückkehrt und enttäuscht sein könnte. Das Staatstheater aber will da seiner ganzen Kreativität gegen halten, und falls es gut geht, im zweiten Teil der Saison so richtig aufdrehen. Dieses Versprechen sollte schon über manche Leerstelle zu Spielzeitbeginn hinweg trösten. Aber das Schönste ist ja: Dass der Vorhang bald endlich wieder hochgeht!

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