Saar-Staatsorchester in der Congresshalle Von Todesahnung, Abschiedsschmerz und Exil

Saarbrücken · Lisel Mueller ist eine vor den Nazis mit ihrer Familie nach Amerika emigrierte Deutsche. Aus ihrer leidvollen Vergangenheit heraus hat sie Gedichte geschrieben. Drei davon hat der Amerikaner Max Raimi vertont: „Three Lisel Mueller Settings“ eröffneten das 4. Sinfoniekonzert des Saarländischen Staatstheaters am Sonntag in der Congresshalle.

Die Kraft und Energie der Texte hat Raini zu einer ebensolchen, instrumental üppigen Komposition inspiriert. Dagegen musste Carmen Seibel mit ihrem wohlklingenden Mezzosopran ansingen, der israelisch-amerikanische Dirigent Yoel Gamzou hätte da dynamisch etwas gegensteuern müssen. So ließ die sehr farbig instrumentierte Komposition den vertonten Text etwas in den Hintergrund treten.

Ohne Text, auch ohne spätere Kommentare mußte Gustav Mahler mit seiner 9. Sinfonie auskommen. Er hat Drucklegung und Uraufführung nicht mehr erlebt. Sie wird gerne „Abschieds“-Sinfonie genannt, etliche Eigen-Zitate aus Werken mit dem Todesthema mögen das belegen. Kontinuierliche „Gesten des Verlustes“ können ausgemacht werden, Todesahnung kann unterschwellig mitgestaltet haben. Zu Beginn viele Motivpartikel, abrupte Wechsel der Klangfarben, Variationsmodelle. Dann gemächliche Ländler und Walzer, gar „täppisch“ und „derb“ auszuführen. Galgenhumor im burlesken Rondo mit viel Kontrapunkt und abschließend, mit kammermusikalischen Auflichtungen, ausladendes Des-Dur mit finalem Verlöschen der Streicher.

Gamzou verstand es, mit dirigentisch-suggestiver  Überzeugungskraft, das Mögliche aus dem Orchester herauszuholen: Gewaltige Tuttis, stimmige Balance zwischen den Registern, weit gespannte Dynamik, spannende Steigerungen, organische Agogik, Präzision und Klangschönheit. Eine fesselnde Interpretation mit feinen Solo-Leistungen aus dem Orchester. Beeindruckend.

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