Saarbrücker Projekt „Maschinenräume“ Grübeln über Kultur und Technik

Saarbrücken · Wie die Vorstellung des saarländischen Mammutprojekts „Maschinenräume“ auf dem Schiff Maria Helena ablief.

 Lebendige 20er vor und nach der Kolorierung: Wanderfahrt nach Heusweiler (Ausflug des Rudervereins „Undine“, 1927)

Lebendige 20er vor und nach der Kolorierung: Wanderfahrt nach Heusweiler (Ausflug des Rudervereins „Undine“, 1927)

Foto: Historisches Museum Saar/Unbekannt

Zwischen Selbst- und Fremdbestimmung: Das Mammutprojekt „Maschinenräume“ untersucht die wechselseitige Beeinflussung kultureller und technischer Entwicklungen im Zeitraum 1920 bis 2020. Der Reflexionsbogen übers hiesige Kulturerbe soll sich von der Maschinenkultur des Industriezeitalters über die von mobiler Technik, Teilhabe und Kommunikation geprägte Gegenwart bis zur von autonomen und künstlichen Intelligenzen organisierten neo-industriellen Zukunft spannen. Das ist derzeit noch so abstrakt und vage, wie es klingt: Die Organisatoren, an vorderster Front Historisches Museum Saar und K8 Institut für strategische Ästhetik der Saarbrücker HBK, sind, so der Eindruck nach der Vorstellung am Donnerstag, offenbar noch am Schwimmen. Ob zur Präsentation deshalb der Bauch des Theaterschiffs Maria Helena, ein Maschinenraum auf dem Wasser, gewählt wurde?

Das Jahrhundert-Vorhaben, saarländischer Beitrag zum Europäischen Kulturerbe-Jahr „Sharing heritage“, ist auch abhängig vom kognitiven und materiellen Transfer von außen: Bürgerwissenschaftliche Beteiligung wird groß geschrieben. So ruft ein interdisziplinäres Forschungsteam unter dem Nenner „Maschinen-Gedächtnis“ dazu auf, sich mit Einreichungen am Aufbau eines öffentlichen digitalen Bildarchivs zur Saargebietszeit zu beteiligen. Mittels künstlicher Intelligenz sollen die historischen Aufnahmen koloriert werden, wovon man sich ein emotionaleres Erinnern erhofft.

Kernstück des Projekts ist eine Ausstellung zu den 1920-ern im Historischen Museum (ab 17. Oktober), über die sich Museumsleiter Simon Matzerath reichlich bedeckt hält: Zu viele der „exzellenten Ideen“ wolle er noch nicht verraten, auch harre man noch privater Leihgaben. Matzerath verheißt eine multimedial erzählte Straßenszene, die mit möglichst breitem Themenspektrum das Lebensgefühl vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zur Saargebiets-Abstimmung 1935 illustrieren will – mit Referenzen ins Heute.

Eingerahmt wird die Schau von Partizipations-Projekten. Das „Libre Graphics Meeting“ etwa, eine internationale Konferenz für offene Graphik-Software, deren 14. Ausgabe vom 29. Mai bis 2. Juni im Pingusson-Gebäude und in der HBK stattfindet, widmet sich frei lizenzierter Software. Um Kooperation und Weiterentwicklung bestehender Anstrengungen bezüglich „Digitaler Kulturerbe-Strategien“ innerhalb der Großregion müht sich am 5. November eine Konferenz im Sendezentrum Europe 1 in Überherrn. Daneben laden von Mai bis September fünf „Maschinenräume-Salons“ zum zukunftsweisenden Grübeln über Kultur und Technik ein. Und bei der multimedialen Installation „Die Revolte der Maschinen“ (ab November im Pingusson-Gebäude) werden dem gleichnamigen Gemeinschaftswerk (1921) des Grafikers Frans Masereel und des Schriftstellers Romain Rolland zeitgenössische Werke visuellen Erzählens gegenübergestellt.

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