Kammermusiktage Mettlach finden in Merzig statt Die Kammermusik zieht in den Zeltpalast

Merzig · Nicht alle Musikfestivals fallen aus oder ziehen zwangsweise ins Internet um. Die Mettlacher Kammermusiktage finden statt, vom 26. Juni bis zum 9. August. Allerdings nicht in Mettlachs Alter Abtei, sondern im Merziger Zeltplast. Wie werden die Konzerte ablaufen?

  Das renommierte Goldmund Quartett ist schon mal in Richtung Merzig losgelaufen: Pinchas Adt, Florian Schötz, Christoph Vandory und Raphael Paratore (von links) treten am 31. Juli und 1. August auf. Das Streichquartett musiziert mit Franziska Hölscher und Studierenden der Hochschule für Musik Saar.

Das renommierte Goldmund Quartett ist schon mal in Richtung Merzig losgelaufen: Pinchas Adt, Florian Schötz, Christoph Vandory und Raphael Paratore (von links) treten am 31. Juli und 1. August auf. Das Streichquartett musiziert mit Franziska Hölscher und Studierenden der Hochschule für Musik Saar.

Foto: Musik und Theater Saar GmbH

Die Sorge war natürlich groß bei Franziska Hölscher, der Künstlerischen Leiterin der Kammermusiktage Mettlach und selbst Musikerin. „In den ersten Tagen nach dem Lockdown hagelte es in meinem eigenen Konzertkalender Absagen. Als schließlich auch die ersten Sommerfestivals davon betroffen waren, fragte ich mich natürlich, wie es mit dem eigenen Festival weitergehen würde.“ Nun, es geht weiter – nicht einmal nur mit Online-Auftritten etwa oder einem abgespeckten Festivalprogramm: Alle 14 geplanten Konzerte (zwei mehr als bei Hölschers Einstand 2019) finden statt, nur eben nicht wie traditionell vor allem im Refektorium der Alten Abtei in Mettlach, sondern im Merziger Zeltpalast, für Hölscher „einer der innovativsten und spektakulärsten Veranstaltungsorte der Region“. Mit der Aussicht auf Lockerungen der Corona-Einschränkungen habe man schnell die Idee gehabt, „an einem so großflächigen Spielort Konzerte für ein kleines Publikum veranstalten zu können“. So hätten die Kammermusiktage nach den ersten Lockerungen auch nicht mehr auf der Kippe gestanden, „auch dank des unermüdlichen Einsatzes und des unverwüstlichen Optimismus‘ von Joachim Arnold“. Der ist sozusagen der Vater der Mettlacher Kammermusiktage, hob sie 1986 als Musikstudent aus der Taufe und übergab den Stab nach 33 Jahren Leitung im vergangenen Jahr an Hölscher, die renommierte Geigerin, die unter anderem im Mozarteum in Salzburg, im Festspielhaus Baden-Baden und im Concertgebouw Amsterdam aufgetreten ist. 2014 gründete sie mit Severin von Eckardstein die Kammermusik­reihe „Klangbrücken“ im Konzerthaus Berlin und leitet sie mittlerweile allein.

      Franziska Hölscher, die Künstlerische Leiterin der Kammermusiktage Mettlach.

Franziska Hölscher, die Künstlerische Leiterin der Kammermusiktage Mettlach.

Foto: Irene Zandel

Joachim Arnold betreibt mit „Musik&Theater Saar“ den Zeltpalast und kümmert sich nun als Geschäftsführer der Kammermusiktage, während Hölscher fürs Künstlerische verantwortlich ist, um das Organisatorische. Und das ist in den Corona-Zeiten doppelt schwierig – einmal, was die Hygiene- und Sicherheitsregeln angeht, aber auch die Atmosphäre der Konzerte. Die ist in der Alten Abtei kammermusikalisch intim. Wie lässt sich das in einem Zeltpalast herstellen? „Wir werden eine sehr warme Beleuchtung haben“, sagt Arnold, „der ganze Raum ist in ein tiefes Rot gefasst“. Der Raumeindruck werde „sehr puristisch, aber ebenso atmosphärisch“ sein, die enorme Höhe des Raums werde ebenfalls mit Licht betont. „Das Zelt ist ja absolut lichtdicht, das bietet also sehr schöne Möglichkeiten.“ Trotz der Raumgröße werde es „eine sehr starke Fokussierung des Blicks der Besucher auf die Bühne geben“, mit einer ebenerdigen Bestuhlung in einem Halbrund, „das hat eine Anmutung wie ein Amphitheater“.

Für die Konzerte ist ein Limit von 200 Besuchern geplant, allerdings wartet Arnold noch ab. „Laut Verordnung liegt die Maximalanzahl in geschlossenen Räumen bei 50 Personen, ich gehe aber davon aus, dass schon bei der nächsten Verordnung Mitte Juni diese Zahl deutlich größer sein wird. Wir gehen also davon aus, dass wir die geplanten maximal 200 Besucher pro Konzert auch empfangen dürfen.“

     Joachim Arnold, Gründer und Geschäftsführer der Kammermusiktage.

Joachim Arnold, Gründer und Geschäftsführer der Kammermusiktage.

Foto: Musik und Theater Saar GmbH

Wie sieht nun ein Besuch der Kammermusiktage vor dem Hintergrund von Corona aus? „Eine Konzertkasse wird es diesmal nicht geben“, erklärt Arnold, zumal die meisten Besucherinnen und Besucher ihre Karten online bestellen würden oder telefonisch. „Wie in allen öffentlichen Räumen aktuell üblich, bitten wir die Besucher, Masken zu tragen, bis sie ihren Platz erreicht haben, ebenso beim Verlassen des Zeltpalast. Desinfektionsmittel stehen am Eingang bereit, an den Toiletten und an weiteren Punkten, die von den Gästen frequentiert werden.“

Die Tickets werden beim Betreten des Vorzelts gescannt, „das geht sehr zügig“, dann werden die Besucher von Platzanweisern ins Hauptzelt geleitet,  „die Stühle werden zusätzlich mit Namensschildern ausgezeichnet, so dass jeder Besucher seinen Platz sehr schnell findet“. Die Bestuhlung wird bei jedem Konzert an die Buchungen angepasst, so dass eine Familie ebenso gemeinsam sitzen kann wie der Einzelbesucher alleine. Das Hauptzelt wird vor Beginn und in der Pause komplett gelüftet, sagt Arnold, während der Konzerte werde ebenfalls Frischluft eingeblasen. Die Pausengetränke, im Preis der Eintrittskarten inbegriffen, werden „großzügig verteilt bereit gestellt, so dass die Besucher nur zugreifen müssen“.

Nach den Konzerten sind alle drei Ausgänge geöffnet, damit es da keinen Engpass gibt. „Die Umsetzung der Hygienemaßnahmen ist vergleichsweise einfacher zu realisieren als in herkömmlichen Konzerthäusern“, sagt Arnold, man habe hier eine Infrastruktur, in der auch schon mal – in einfacheren Zeiten – 2000 Gäste und mehr Platz fanden.

 Die Pianistin Valeria Myrosh tritt am 28. Juni in Merzig auf.

Die Pianistin Valeria Myrosh tritt am 28. Juni in Merzig auf.

Foto: Musik&Theater Saar

Dass das große Zelt für Kammermusik akustische Tücken bereithalten könnte, schließt Franziska Hölscher aus. „Wir haben ja bereits in der Vergangenheit einzelne Konzerte der Kammermusiktage im Zeltpalast veranstaltet, wie im vergangenen Jahr den ‚Karneval der Tiere‘ mit Katja Riemann.“ Publikum und Künstler seien nicht nur von der Akustik begeistert gewesen, sondern auch von „der euphorisierenden Atmosphäre im Zeltpalast“.

Euphorisch werden die Künstlerinnen und Künstler ohnehin sein, bieten die Kammermusiktage nach vielen coronabedingten Konzert- und Festivalabsagen doch mitunter wieder die ersten Möglichkeiten, vor Publikum aufzutreten. „Zweifellos sind die Künstler überglücklich, wieder spielen zu können“, sagt Hölscher. „Wir Künstler benötigen das gemeinsame Musizieren und das Teilen von Musik mit unserem Publikum wie ein Fisch das Wasser. Gleichzeitig ist es die Aufgabe von uns Kulturschaffenden, Kultur auch in diesen Krisenzeiten zu erhalten. Wir brauchen die Kultur um der Zukunft willen. Das Live-Erlebnis ist durch nichts zu ersetzen.“ Einige Ensembles hätten  ihr Programm für größere Tourneen einstudiert, die nun – mit Ausnahme des Konzerts in Merzig – ausgefallen sind. „Diese Künstler kommen jetzt mit Freude für ein Einzelkonzert nach Mettlach, obwohl der Aufwand für sie ein Vielfaches bedeutet. Es freuen sich alle unheimlich, wieder auf der Bühne stehen zu können.“

  Klarinettist Sebastian Manz ist am 31. Juli bei zwei Konzerten dabei.

Klarinettist Sebastian Manz ist am 31. Juli bei zwei Konzerten dabei.

Foto: Musik und Theater Saar GmbH
 Die Saxophonistin Asya Fateyeva tritt am 28. Juni im Zeltpalast auf.

Die Saxophonistin Asya Fateyeva tritt am 28. Juni im Zeltpalast auf.

Foto: Musik&Theater Saar
  Mit Tenor Christoph Prégardien beginnen die Kammermusiktage am 26. Juni.

Mit Tenor Christoph Prégardien beginnen die Kammermusiktage am 26. Juni.

Foto: Musik&Theater Saar/Hans Morren

Wobei zumindest ein Konzert zurzeit noch wackelt – ein Auftritt in einer Grundschule. Da sei man „momentan noch am Jonglieren“, sagt Hölscher, wegen der momentanen Einschränkungen im Schulbetrieb. „Dieses Format hat gerade auch in diesen Zeiten eine große Relevanz und liegt mir besonders am Herzen. Sollten wir das Schulkonzert am geplanten Datum nicht veranstalten können, werden wir es zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.“

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