Weltkulturerbe Völklinger Hütte Gartenträume in der Völklinger Hütte

Völklingen · Eine Eisenfabrik wird zur „Plant Factory“ – so will es ein neues Ausstellungsformat im Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Das erste Zukunftslabor gestaltet die „IBA der Großregion“.

 Ein Gewächshaus in der Völklinger Erzhalle: Das „Future Lab“ ist ein neues  Ausstellungsformat des Völklinger Weltkulturerbes. Es startet mit der „IBA Plant“. Hier Weltkulturerbe-Generaldirektor Ralf Beil (l.) und Ausstellungs-Kurator Professor Stefan Ochs hinter den Kräutern.

Ein Gewächshaus in der Völklinger Erzhalle: Das „Future Lab“ ist ein neues  Ausstellungsformat des Völklinger Weltkulturerbes. Es startet mit der „IBA Plant“. Hier Weltkulturerbe-Generaldirektor Ralf Beil (l.) und Ausstellungs-Kurator Professor Stefan Ochs hinter den Kräutern.

Foto: Thomas Wieck

Auf Holzstegen, zwischen den Eisenträgern der Erzhalle, stehen Pflanztöpfe in serieller Reihe: Tomaten, Kohlrabi, Paprika, Kräuter. Am Treppenaufgang grünen Hopfen-Pflanzen, vor der Tür finden sich zwei lange Hochbeete, und dann schwimmen da auch noch Wolfsbarsche in einem Aquarium und lassen durch ihre Exkremente Queller wachsen, für den Gourmets viel Geld auf den Tisch blättern. Ist das nun ein Industriearbeiter-Garten, ein Aquaponik-Labor oder eine künstlerische Großinstallation? Letzteres wohl am wenigsten. Ins Schema „neues Ausstellungsformat“, das der Weltkulturerbe-Chef Ralf Beil unter anderem für seine jüngste Reihe „Future Lab“ gewählt hat, lässt sich die „IBA Plant“, die am Donnerstag Medienvertretern vorgestellt wurde,  nicht einsortieren. Dafür ist die „neue Raumarchitektur“, die für die Erzhalle versprochen wurde, dann doch zu wenig ambitioniert. Immerhin wurde eine Art Besuchertribüne installiert, allerdings beim Presserundgang nicht enthüllt.

Womöglich trifft es folgende Einordnung ganz gut: IBA-Messehalle. Die „IBA Plant“ mit ihrer „Plant Factory“ im alten Eisenwerk ist eine ziemlich gute, abgedrehte Idee, um für die in Planung befindliche „Internationale Bauausstellung (IBA) der Großregion“, die das Thema Garten haben soll, die Werbetrommel zu rühren – an einem viel besuchten Ort wie dem Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Beim Rundgang wird der Besucher  – unverhofft – auf Beete mit Nutzpflanzen und die weit geöffnete Tür zur Erzhalle stoßen. Neugier wird sich kaum vermeiden lassen. Doch das ist nur eine Facette der Plant-Factory-Unternehmung, der eigentliche Kern etwas anderes: Kommunikation, Austausch, Begegnung. Geplant sind bis September elf Vorträge und fünf Open-Air-Partys mit Bands aus der Großregion. Der dritte Lockdown macht diesen Programmteil allerdings zur traurigen Makulatur. Zumindest geht die Hoffnung  dahin, dass die beiden letzten Konzerte werden stattfinden können, am 16. Juli und am 3. September. Die Vorträge, die jeden Mittwoch stattfinden, werden live gestreamt.  

 „Wir sagen mit der neuen Future-Lab-Reihe ‚Hello World’ und meinen das ernst“, so Generaldirektor Beil am Donnerstag zur SZ. Er versteht sie als eine Werkstatt für Zukunftsfragen, für die er die Hütte anderen saarländischen Akteuren und Gastkuratoren öffnet. Beleuchtet werden soziale, ökologische, urbane Gestaltungsaufgaben. Der nächste Kooperationspartner nach der IBA für Beils  „Future Lab“ ist die Hochschule der Bildenden Künste Saar; Thema: „Spekulative Nomaden“.

Freilich läuft die Future-Lab-Erstausgabe unter einem sperrigen Label: „Future Lab I – IBA Plant“. Der Mix aus Garten, Labor, Expertengespräch und Party ist tolldreist unkonventionell und ein bisschen verkopft und also ähnlich angreifbar wie die Vision einer „Internationalen  Bauausstellung der Großregion“, die, so die Idealvorstellung,  ein Katalysator werden könnte, um im Saarland qualitativ hochwertige Projekte zum Thema Inhouse-Farming, ökologisches Bauen oder innovative Lebensmittelproduktion anzuschieben, sprich einen Struktur-Wandel 3.0.

Ob es jemals soweit kommt? Zumindest steckt das IBA-Vorhaben bereits in einer Vorbereitungs-, Präfigurationsphase, die die Hürde zur politischen Unterstützung längst genommen hat. Dies bewies die Teilnahme von zwei Staatssekretären an der Pressekonferenz, von Jan Benedyczuk (SPD, Ministerium für Bildung und Kultur) und Roland Theis (CDU, Ministerium Finanzen und Europa). Letzter gilt als politischer Fürsprecher, ja als „Vater der IBA“. Wobei dieser Titel dem Saarbrücker Architektur-Professor Stefan Ochs von der Hochschule für Technik und WIrtschaft (HTW) gebührt,  der die Idee einer IBA seit rund zehn Jahren in alle nur erdenklichen Ministerien und Gremien getragen hat. 

„Wir sind ein Stück weit Hoffnungsträger“, meinte Ochs am Donnerstag. „Ich bin total happy“, sagte Staatssekretär Theis. In die  allgemeine Euphorie der Pressekonferenz  sei ein kleiner Wermutstropfen gemischt, der mit der besonderen Qualität des Weltkulturerbes zusammenhängt beziehungsweise mit dessen Erscheinungs-Wucht. Gegenüber den Dimensionen des Industrie-Dinosauriers nehmen sich die wenigen Garten-Elemente im Außenbereich  sehr, sehr schüchtern aus. 

Doch wie auch immer: Ein bedeutender Schritt ist fraglos getan. Das Weltkulturerbe macht die Arme weit auf für mehr Zeitgeist, für mehr Kooperation, für mehr Kultur-Partnerschaft. Und für die IBA, die immer noch eine Veranstaltung für Connaisseure ist,  ist es so weit: Die IBA goes Publikum, wird sichtbar für die Bürger.  Wenn das denn nur kommen dürfte.

 IBA

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Foto: Weltkulturerbe Völklinger Hütte

IBA-Plant, bis 5. September. Die Öffnungszeiten sind abhängig von den aktuellen Corona-Regeln. Ort: Erzhalle. Einmal pro Woche findet eine Veranstaltung statt: live, digital oder hybrid. Erster Termin: 5. Mai, 19 Uhr, mit der Diskussion „Energie & Mobilität“. Livestream auf www.iba-gr.eu.

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