„Franito“ in Sarreguemines Burleske Szenen und viel Schabernack

Sarreguemines · Flamenco und pantomimischen Slapstick – wie kriegt man das zusammen? Indem man es in eine rustikale Wohnküche verlegt, auf zwei sehr unterschiedliche Personen verteilt, mit Geschlechterrollen jongliert und einen ebenso virtuosen wie stoischen Akustik-Gitarristen im Zorro-Kostüm dazu setzt.

 Pantomime Patrice Thibaud gibt in „Franito“ die Übermutter.

Pantomime Patrice Thibaud gibt in „Franito“ die Übermutter.

Foto: GMLR

Und bitte nicht mehr darin sehen will, als es ist: brillante Unterhaltung, hinreißend komisch, herrlich albern und kindlich verspielt. „Franito“ heißt das Stück, das diese erstaunliche Symbiose zuwege bringt und am Donnerstag im Hotel de Ville in Sarreguemines frenetisch beklatscht wurde.

Das clowneske Spektakel schildert die Beziehung zwischen dem kleinen Franito und seiner Mutter. Eine heikle Verbindung, zumal La Mamá auch erotisch anfällig ist und (nicht nur im verklemmten Flirt mit dem Gitarristen Cédric Diot) schnell entflammt. Als wahre Übermutter liefert der französische Schauspieler und Pantomime Patrice Thibaud eine bravouröse Travestieshow ab: Mit ausladenden Hüften, wogendem Busen und Dutt bebt er durch die Szenerie und ist dabei von grandios elefantastischer Grazie. Der passionierten Tanzwut ihres Söhnchens begegnet diese gluckende Wuchtbrumme mal bewundernd, mal genervt. Der temperamentvolle Pimpf nutzt jede Gelegenheit, laut aufzustampfen. Das tut er in so quietschbunten Klamotten, dass es auch im Auge mächtig knallt.

Den „Kleinen“ spielt, tanzt und singt der Spanier Fran Espinosa, und der ist figürlich eher ein Knubbel – unwillkürlich sieht man die ganze Zeit den Comedian Dirk Bach vor sich. Aber dass auch Körper abseits des ästhetischen Mainstreams zu solch geschmeidiger Bewegungsanmut fähig sind, allein dafür möchte man den beiden danken – zumindest jeder, der die brutale Grausamkeit neonkalter Umkleidehöllen fürchtet.

Hier also die Mutter, hin- und hergerissen zwischen zärtlichem Brutpflegetrieb und rigorosem Erziehungsauftrag; dort der Sohn, zwiegesteuert von kindlicher Rebellion und Fürsorge gegenüber seiner Mamá. Vor allem Letzteres bringt gegen Ende auch anrührende Bilder hervor. Dazwischen entzünden sich burleske Szenen und schaberneckische Spiele mit der Tücke des Objekts und mit Haushaltsgerät, das ein unerwartetes musikalisches Doppelleben entwickelt. Und wo Thibaut mit synchroner, präzis-kurioser Gestik, furiosen Parodien und oraler Untermalung (von wegen Pantomime ist lautlos!) punktet, zelebrieren Espinosa und Diot ergreifend authentischen Flamenco. Zum Finale tanzen Mutter und Sohn gemeinsam – olé!

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