Aktion „Lausch Rausch“ Literaturfans sollen auf Bänken Platz nehmen

Saarbrücken · Vom Luisenbrunnen ibis zum Bruchhübel, von der unteren Feldmannstraße bis zum Kaninchenberg: Insgesamt zehn Parkbänke sind jetzt in Saarbrücken mit QR-Codes versehen, die zu Hörproben führen.

 Die Macherinnen der Aktion „Lausch-Rausch“ (von links): Marion Cziba von Arbeit und Kultur Saarland, Projektleiterin Jasmin Kaege und Ariana Emminghaus, eine der beteiligten Autorinnen.

Die Macherinnen der Aktion „Lausch-Rausch“ (von links): Marion Cziba von Arbeit und Kultur Saarland, Projektleiterin Jasmin Kaege und Ariana Emminghaus, eine der beteiligten Autorinnen.

Foto: Silvia Buss

Das Band, das Jasmin Kaege vor einer Bank neben dem Spielplatz an der Alten Brücke durchschneidet, ist nicht blau, sondern rot. Aber sonst stimmt alles, um den „internationalen Tag der Poesie“, den die Unesco zum Frühlingsbeginn ausgerufen hat, mit einem wunderbaren Projekt zu feiern. Seit Dienstag stehen auf einem Parcours rund um Saarbrücken-Mitte, vom Luisenbrunnen im Stengel-Viertel bis zum Bruchhübel, von der unteren Feldmannstraße bis zum Kaninchenberg. Insgesamt zehn Parkbänke, auf denen man sich nach Lust und Laune dem Lauschen von kurzen literarischen Texten hingeben kann. „Lausch-Rausch“, heißt diese originelle Aktion (wir berichteten), die sich Marion Cziba von Arbeit und Kultur Saarland (A+K) ausgedacht und zusammen mit Jasmin Kaege umgesetzt hat.

Aus der Ursprungsidee, den lokalen Schriftstellern und Dichtern, die ja in der Regel weniger im Scheinwerferlicht stehen als Künstler anderer Disziplinen, ein „Schaufenster“ zu bieten, ist nun viel mehr geworden. Auf städtischen Parkbänken, die mit auffälligen Haikus, also sehr kurzen Gedichten, und mit QR-Codes versehen sind, können, ja, sollten in den nächsten Monaten beliebig viele Saarbrücker Platz nehmen, um die zwei bis 15 Minuten langen gesprochenen Texte anzuhören und zu genießen. Fast 40 Autorinnen und Autoren, die alle einen Saarbrücken-Bezug haben mussten, hatten sich mit Texten beworben, sagt Jasmin Kaege. Zehn davon hat eine kleine Fachjury zur Umsetzung ausgewählt. „Umsetzung“ bedeutet hier, dass die Texte in einem SR-Tonstudio von den Autoren selbst oder professionellen Sprechern eingelesen wurden, jeder Text wurde so quasi auf Hochglanz gebracht.

Bei dem offiziellen Startschuss am Dienstag lesen zwei Autorinnen ihre Texte live vor. Die Zuhörer sind offizielle Vertreter von Stadt und Land, vom Kulturamt, dem Bildungsministerium, sowie einige weitere Autoren und Vertreter des Schriftstellerverbands. Den Auftakt macht Ariana Emminghaus auf der Parkbank unterhalb des Staatstheaters. Die gebürtige Saarbrückerin, die sowohl Schauspielerin als auch Schriftstellerin ist, stellt unter dem Titel „Das große Rad und die wehende Zeit“ eine herrlich kurzweilige, launige Erzählung vor, die viele schöne Erinnerungen aus dem direkten Umfeld geradezu szenisch aufgreift und literarisch vergrößert: An das Fahren mit dem Riesenrad Jupiter während des Weihnachtsmarktes, an die Spiele schaukelnder Kinder auf dem Spielplatz. Auch die Saar als Fluss, das Skaten und das Schloss kommen vor.

Gemeinsam geht es dann weiter zur anderen Saar-Seite auf den kleinen Platz, eine Ebene oberhalb des Luisenbrunnens. Dort liest die Wahl-Saarbrückerin Sonja Ruf ein Prosa-Gedicht mit dem Titel „Übrig bliebe“, in dem sie ausgesuchte Textzeilen der verstorbenen Dichterin Felicitas Frischmuth mit eigenen kongenial verwebt. Die QR-Codes auf den Bänken führen nicht nur einer Audiodatei, sondern auch zur jeweiligen Lausch-Rausch-Seite, auf der eine kurze Information zur Person der jeweiligen Autorin, ein Porträtfoto, ein Foto der Band mit Ortsangabe und der komplette Text zum Nachlesen eingestellt sind.

Um die Entdeckerfreude auszukosten, empfiehlt es sich aber, den Text immer erst anzuhören und in der jeweiligen Umgebung auf sich wirken zu lassen. Manche Bänke stehen an sehr ruhigen, idyllischen Orten, andere neben autoverkehrsreichen Ecken, nicht selten nehmen sie auf den konkreten Ort Bezug. Die Jury, deren Mitglieder namentlich nicht genannt werden, hat, wie unsere nachträgliche Hörpobe ergibt, eine wirklich interessante und vielfältige Auswahl getroffen.

Mit dabei ist etwa am Ophüls-Platz Sabine Göttel, mit – Achtung Spoiler! – dem köstlichen (und einzigen) Mundart-Text über Nauwieser-WGs in den 80er Jahren, als die Grenzpolizisten „Iwwerall Sympadisande“ der RAF vermuteten. Am Steg am Ruderclub Undine zu hören mit „Heimweh“ ist Anne-Marie Stöhr, am Spielplatz am Kaninchenberg Tanja Begon mit einem Beinahe-Flirt in „Sieben Minuten“, spooky wird es mit Frederik Dressels „Toter Brücke“ auf der Halbinsel an der Bismarckbrücke und bei Ralph Schocks Familiengeschichte aus den Kriegstagen an der Kreuzung Talstraße Präs.-Baltz-Straße. Isabell Schirra geht am Haupteingang zum Friedhof St. Johann auf faszinierende Distanz zu „Stadt.ich“, Florian Jäger lüftet am Steinhübel interessante Details über Zahnbürsten-Kommunikation und Natascha Denner nimmt uns in „Unter Mordmustern“ mit zu russischen Agenten.

In den nächsten zwei Monaten gibt es gemeinsame Spaziergänge zu den Bänken mit Live-Lesungen der Autoren. Termine und alle weiteren Infos auf www.lausch-rausch.de

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