Kunst und Musik in der Hütte Paradiesfest im Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Völklingen · Das sogenannte Paradies im Weltkulturerbe Völklinger Hütte wurde noch einmal erweitert. Wie, das kann man sich am Wochenende beim „Paradiesfest“ anschauen, begleitet von viel Kunst und Musik.

 Die King-Kong-Skulptur im Weltkulturerbe Völklinger Hütte.

Die King-Kong-Skulptur im Weltkulturerbe Völklinger Hütte.

Foto: Beil/ Weltkulturerbe Völklinger Hütte/Ralf Beil

Es hat sich während des Lockdowns einiges getan im Weltkulturerbe Völklinger Hütte: Das sogenannte Paradies wurde erweitert – jener Ort, der früher am ehesten der Hölle glich: In der ehemaligen Kokerei herrschten brutalste Arbeitsbedingungen der Hütte mit Feuer und Rauch wie in des Teufels Heimstätte. Dass man nach der Schließung der Hütte dort lange gar nichts tat, brachte eine eigene Pflanzenwelt hervor. Das führte zu der schönen Bezeichnung „Paradies“.

Dieser Teil des Geländes ist seit 2009 für Besucher zugänglich und wurde jetzt noch einmal erweitert um den „KingKong-Weg“. Auch ein Leoparden-Pfad ist in Planung. Raubkatzen sind dort eher nicht anzutreffen, aber King Kong gibt es wirklich: Als zehn Meter hohe Skulptur steht der von Ottmar Hörl gestaltete Riesengorilla seit 2019 auf dem Gelände. Er ist aber nicht die einzige Attraktion, die es im Paradies zu sehen gibt.

Bildergalerie: Wie die Natur die Völklinger Hütte zurückerobert
9 Bilder

Die Völklinger Hütte wird grüner

9 Bilder
Foto: dpa/Oliver Dietze

Studenten der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) haben sich mit der Natur beschäftigt. Sie haben das „Pangotop“ geschaffen, eine Art Natur-Atelier mit Pflanzungen, Interaktion mit Flora und Fauna und Schaffung neuer Biotope. Eines der Projekte besteht in einer Anpflanzung von Maulbeerbäumen, deren Blätter von der Seidenraupe gefressen werden. In etwa 30 Jahren möchte man mithilfe der so entstandenen Seide chinesische Instrumente, sogenannte Wölbbrettzithern, herstellen.

Unweit davon umfasst ein etwa fünf Meter breiter Ring aus Muttererde eine schlammige Masse: Hier ist ein kleines Hochmoor geschaffen worden. Dazu musste erstmal eine größere Menge Lehm eingestampft werden, sodass die Feuchtigkeit erhalten bleibt. HBK-Meisterschülerin Julia Rabusai hat damit etwas bewerkstelligt, das Joseph Beuys auch vorhatte, aber zu Lebzeiten nicht mehr hinbekam. So erzählte es jedenfalls HBK-Professor Georg Winter bei einem Presserundgang über das mit viel Wildwuchs versehene Gelände. Aufs Moor wird eine Moosart aufgebracht, die innerhalb von zehn Jahren gerade mal einen Zentimeter wächst, so Rabusai. Zusätzlich wurden kleine Hügel angelegt, die mit Kulturpflanzen versehen wurden. Vier Pfauen möchten die Studenten dort auch noch ansiedeln – einen Vorgeschmack darauf gab eine Klanginstallation mit verfremdeten Pfauenschreien.

Um all dies in angemessener Form der Öffentlichkeit zu präsentieren, veranstaltet die Völklinger Hütte an diesem Wochenende ein jeweils ganztägiges Paradiesfest. Am Samstag und Sonntag werden hauptsächlich Künstler des Netzwerks Freie Szene Saar verschiedene Darbietungen zeigen: Tanzperformances gibt es von Bérengère Brulebois und Samuel Meystre, Musik von Julien Blondel, Élodie Brochier, Johannes Schmitz, Martin Hennecke, Nils Kurzyca und der Band Nika & Karambolage. Die Schauspieler Peter Tiefenbrunner und Juliane Lang beteiligen sich ebenfalls am Programm.

Nachmittags bietet die Kunstschule Kassiopeia zum einen ein Kinderprogramm mit Basteln, Malen und Safaris durchs Paradies. Kinder können außerdem an einem Klangobjekt mitwirken. Zum anderen baut die Kunstschule eine Teeküche auf, in der aus frischen Kräutern kraftspendende Heißgetränke gebraut werden. Am Samstagabend legt DJ Henk de Tank mit einer ungewöhnlichen Aufgabe Platten auf: Es soll aufgrund der Coronabestimmungen eigentlich nicht getanzt werden. „Ob sich daran alle halten werden, wird man sehen“, meinte launig Ralf Beil, der Generaldirektor des Weltkulturerbes. Der Abend wurde dementsprechend „Tanzverbot“ getauft.

Corinna Preisberg vom Netzwerk Freie Szene Saar freute sich sehr über die Einladung, das Paradiesfest zu gestalten. „Wir werden das Gelände relativ frei bespielen. Für uns ist das ein Auftakt zu einer neuen Reihe des Netzwerks namens ‚Plop’. Ein Format mit kurzen künstlerischen Interventionen, die kurz aufploppen und dann wieder verschwinden.“

Tänzer Samuel Meystre gab zusammen mit Staatstheater-Percussionist Martin Hennecke einen kurzen Einblick darin, wie das aussehen wird: Während Hennecke mit seinen Stöcken alle möglichen Metallgegenstände bespielte, tanzte Meystre dazu eine Performance, die auf die harte körperliche Arbeit hinweisen sollte, die einst an diesem Ort geleistet wurde. Am Samstag wird Meystre zu Cello-Klängen von Julien Blondel tanzen. Beil bedankte sich für die Energie und die Lust, das Paradies zu bespielen. „Es ist wirklich beglückend zu sehen, wie viele Akteure im Saarland zusammenarbeiten können.“

Wo King Kong steht, kann der Dschungel nicht weit sein. Der Generaldirektor zeigte von einer Brücke aus auf ein besonders wild zugewuchertes Gelände. „Geplant ist, dass hier der zweite Weg durchgeht“, erklärte er. Im Gegensatz zum KingKong-Weg kann dieser aber leider nicht barrierefrei konstruiert werden. Das Paradies, so viel zeigte der Presserundgang, ist auch ohne Kunst-Interventionen schon ein spannender Ort innerhalb des Weltkulturerbes. Kommen diese am Wochenende jedoch noch hinzu, sollten sich Natur- und Kunstinteressierte das Spektakel nicht entgehen lassen. An beiden Tagen ist der Eintritt frei. Besucher müssen sich allerdings auf der Webseite voelklinger-huette.org anmelden und benötigen einen negativen Test oder einen Impfnachweis.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort