Theater Le Carreau in Forbach Norwegische Kompagnie begeisterte mit Tanz und Stimme

Forbach · Die norwegische Tanzkompagnie „Carte blanche“ gastierte mit ihrem Stück „Soufflette“ am Freitagabend im Forbacher Theater Le Carreau – und begeisterte nicht nur tänzerisch, sondern auch musikalisch.

 Archaisch anmutender Tanz, starke Bilder. Die Tänzer der norwegischen Compagnie „Carte Blanche“ tanzten zu ihrem eigenen Gesang.

Archaisch anmutender Tanz, starke Bilder. Die Tänzer der norwegischen Compagnie „Carte Blanche“ tanzten zu ihrem eigenen Gesang.

Foto: BERGENS TIDENDE/Fred Ivar Utsi KLEMETSEN

Dafür lieben wir Saarländer das Forbacher Carreau: dass es uns einen Theaterabend, gerade in der Tanzsparte, beschert, wie wir ihn zuvor noch nie gesehen haben. „Du jamais vu“, wie die Franzosen sagen. Mit „Soufflette“, dem Gastspiel der norwegischen nationalen Tanzkompagnie „Carte blanche“ in einer Choreografie von François Chaignaud am Freitagabend, ist das geglückt. Das Stück lieferte Bilder, die noch nach Tagen im Kopf bleiben.

Tanzend im Halbdunkel

Mysteriös, vieldeutig, wie ein Gesamtkunstwerk, archaisch und doch auch zeitgenössisch kommt die 14-köpfige Truppe daher. Was zum Titel, den der französischen Choreograf François Chaignaud, der auch studierter Historiker und ein Musik-Nerd ist, seiner Arbeit gab, passt. Mit „Soufflette“ möchte er erreichen, dass sich der Odem der mittelalterlichen polyphonen Gesänge und der Tänzer(-Körper) von heute gegenseitig befruchten. Wenn sich anfangs im Bühnendunkel große Schrankkoffer öffnen, in denen Tänzer in schummriger Beleuchtung hocken, als hätten sie alle Zeit der Welt, lassen sie an alte, vergessene Dachbodengespenster denken. Das bläulich-fahle Halbdunkel, das man mit Morbidität und Traum verbinden kann und das unsere lichtverwöhnten Augen fordert, erhellt sich bis zum Ende nur minimal.

Strick-Kostüme und Pailletten

Doch in die Tanztruppe kommt bald richtig Leben. Im ersten Teil gekleidet in überdimensionale Strickware, verwandeln sie sich fast in eine Art vorzeitliche Horde. Sie stampfen sich selbst kraftvoll ihren Rhythmus mit den Füßen oder schlagen ihn mit  Schals wie Wäscherinnen die Wäsche, vermummeln sich zu kopflosen Einzellern und tanzen im Strick-Tellerrock wie ein Derwisch. Im zweiten Teil dann schälen sich aus dem Strick verletzlichere, scheinbar nackte Wesen, die mit glitzernden floralen Pailletten-Mustern „bestickt“ sind und schon mal mit typischen Volkstanz-Schritten wie „Hacke-Spitze“ und engem Paartanz mit formidablem Hüftschwung überraschen.

Bevor es bei „Souflette“ pathetisch werden könnte, würzt Choreograf Chaignaud das Treiben seiner Norweger immer rechtzeitig mit einer Prise mehr oder weniger offensichtlicher Skurriliät. Den ganz großen Auftritt reserviert er seinen fünf Tänzerinnen und neun Tänzern jedoch für den letzten Teil. Da treten sie buchstäblich wie Erscheinungen aus einer anderen Welt langsam aus dem Bühnendunkel hervor – mit überdimensionierten üppigen Blumengestecken, die sie sich wie Kopfschmuck oder Reifröcke überziehen. Manche stolzieren dabei noch zusätzlich auf schwindelerregend hohen Kothurnern.

Reizvolle Verbindung vieler Stile

Die Verbindung von Gesten, Bewegungen und Stilen aus verschiedensten Epochen erweist sich bei „Souflette“ als äußerst reizvoll, eröffnen sie doch beim Zuschauer vielfältige Assoziationsräume. Noch etwas anderes aber verleiht dem Tanzstück seine außerordentlich starke Wirkung: Die – sehr individuellen – Tänzerinnen und Tänzer tanzen nicht nur und machen sich ihre Musik dazu selbst, mit Füßen, Kostümen und einem indischen Harmonium, sie singen auch selbst die mittelalterlich-sakralen mehrstimmigen Melodien. Das machen sie so gut, dass man gar nicht glauben kann, dass sie keine ausgebildeten Sänger und Sängerinnen sind, wie Carreau-Chef Grégory Cauvin am Ende versichert. Im Tanz hat der Neue nun die Latte hoch gehängt. Das Publikum jubelte. Als nächstes zeigt das Le Carreau Schauspiel.

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