Maria Aljochina floh als Lieferantin verkleidet Nach spektakulärer Flucht aus Russland – Putin Gegnerin von Pussy Riot tritt in Völklingen auf
Völklingen · Als Lieferdienst-Mitarbeiterin verkleidet entkam sie gerade knapp Putins Sicherheitskräften. Jetzt wird Pussy-Riot-Frontfrau Maria Aljochina in Völklingen auftreten.
Ihre spektakuläre Flucht aus Russland ging in dieser Woche durch die Weltpresse – jetzt ist auch klar: Die Pussy-Riot-Frontfrau Maria Aljochina, die Putins Sicherheitskräfte in der Uniform eines Lieferdienstes foppte, rockt schon in zwei Wochen auf der Bühne der Völklinger Hütte in Völklingen. Das bestätigte am Donnerstag die Villa Lessing, Mitveranstalter des Konzerts der SZ. Zunächst hatte nach der Flucht bei den Veranstaltern Unsicherheit bestanden, ob das bekannteste Gesicht der Gruppe bereits jetzt am Auftritt teilnehmen wird. Die Putin-Gegnerin Maria Aljochina war in den vergangenen Tagen trotz polizeilicher Überwachung die Flucht aus Russland gelungen.
Punk-Video auf einem Altar
In Völklingen tritt „Pussy Riot“ am 28. Mai (20 Uhr) mit ihrem Programm „Rioitdays“ auf. Vorgesehen ist auch eine Diskussion mit den Akteurinnen über Kunst, Kritik und Widerstand. Das Konzert findet im Rahmen der Ausstellung „The World of Music Video“ statt, in der auch das Performance-Video zu sehen ist, das Pussy Riot überhaupt in Konflikt mit den russischen Behörden brachte und die Band weltbekannt machte: Im Februar 2012 wurden drei Mitglieder des feministischen Kunst-Performance-Kollektivs verhaftet, nachdem sie in der Christi-Erlöserkirche in Moskau in bunten Strumpfmasken mit einem Punk-Gebet für Freiheit gegen Putin protestiert hatten.
Verurteilt zu Straflager
Aljochina war deswegen 2012 mit ihrer Bandkollegin Nadeschda Tolokonnikowa zu zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Ende 2013 wurden sie begnadigt und kamen frei. Zuletzt geriet Aljochina aber immer wieder mit der russischen Justiz in Konflikt. Im Zusammenhang mit Aufrufen zu Demonstrationen für den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny wurde sie im September des Vorjahres zu einem Jahr Freiheitsbeschränkung verurteilt. So durfte sie ihre Wohnung nachts nicht verlassen.
Flucht über Belarus
Wie die Pussy-Riot-Frontfrau jetzt der „New York Times“ berichtete, gelang ihr aber die Flucht über Belarus nach Litauen. Um ihren Überwachern in Moskau zu entkommen, habe sie sich als Essens-Lieferantin verkleidet. Zur Ablenkung und um nicht geortet zu werden, habe sie zudem ihr Handy zurückgelassen.
Ein befreundeter Künstler aus Island habe ein nicht genanntes europäisches Land dazu gebracht, der 33-Jährigen - deren Pass von Russland beschlagnahmt worden sei - ein Reisedokument auszustellen, das ihr einen ähnlichen Status wie eine EU-Bürgerin verliehen habe. Dieses Dokument sei nach Belarus geschmuggelt worden. In dem Land habe Aljochina Hotels und andere Orte vermieden, wo sie sich hätte ausweisen müssen. Unterdessen hätten russische Behörden bereits nach ihr gefahndet.
Dass ihr die Flucht gelungen sei, zeige auch das Chaos der russischen Strafverfolgungsbehörden, sagte die Künstlerin der „New York Times“. „Von hier aus sieht es aus wie ein riesiger Dämon, aber von innen betrachtet ist es sehr unorganisiert. Die rechte Hand weiß nicht, was die linke Hand tut.“ Sie hoffe trotz allem, irgendwann nach Russland zurückkehren zu können.