Spannender Ort für Musikfestspiel-Konzert Der Traum von der Erschaffung der Welt

Saarbrücken · Neue Orte für die Kultur zu „erobern“, das hat bei den Musikfestspielen Tradition. Auch jetzt wieder, da das Festival in einer Halle der früheren Saarbrücker Gusswerke zu Gast war. Doch nicht nur deshalb bewegte der Abend mit Haydns „Schöpfung“.

Fotos: Blick in die leeren Hallen von Halberg Guss
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In den leeren Hallen von Halberg Guss

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Foto: Robby Lorenz

Die Musikfestspiele Saar liegen im Trend, halten damit aber auch an einer langen Tradition des Festivals fest: Musik in Räume bringen, die nicht dafür geschaffen wurden. Zum Beispiel in alte Industriegebäude. Am Freitag war es die Gusshalle der stillgelegten Gusswerke in Brebach. „Mit Staunen“ sah man „das Wunderwerk“: Ein großes Podium, eine gute Lichtanlage, Bestuhlung der weitläufigen Halle – fertig ist der Konzertraum. Und dazu eine Akustik, die nicht gegen die Musik arbeitete, sondern sogar den hinten Platzierten ein befriedigendes, wenn auch etwas gedämpftes Klangerlebnis bescherte.

Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ hatte sich Festivalintendant Bernhard Leonardy vorgenommen, dafür sein Vocalensemble `83 zum Festivalchor erweitert und ein Orchester aus Mitgliedern des Staatsorchester (Konzertmeister Wolfgang Mertes) zusammengestellt. Kühle Nachtluft wehte herein, über die im Dunkeln und weit verstreut sitzenden Zuhörer. Das Orchester begann unter gedämpftem Licht das Chaos auf der Erde zu beschreiben, bis der Chor Gott sprechen ließ: „Es werde Licht“ – und „es ward Licht“, die Scheinwerfer strahlten auf.

„Die Schöpfung“ ist in vieler Hinsicht neu, revolutionär: Ihre knappe epische Vermittlung, die Synthese musikalischer Mittel, die Freiheit der Form. Die Handlung bleibt nie in langen Reflexionen stehen, die Bilder wechseln geschmeidig, standardisierte Formen der Vokalmusik werden überwunden. Das alles macht eine Aufführung einfach und schwierig zugleich.

Leonardy hatte dafür gute Voraussetzungen, die er mit sangbaren Tempi unterstützte: Der bestens vorbereitete Chor, der präzise, klangvoll und dynamisch auf sein Dirigat einging und ein Orchester, das zwar in den Streichern unterbesetzt war, was auch durch die meist um Zurückhaltung bemühten Bläser nicht auszugleichen war.

Das Vorantreiben der Handlung obliegt den Solisten, mit Rezitativen und liedhaften Arien. Olga Jelínková setzte dafür ihren strahlend-klaren Sopran ein (Uriel, Eva), Tenor Sung Min Song (Gabriel) forcierte im Forte etwas metallisch, konnte aber auch mit einem klangschönen Piano überzeugen, der international erfahrene Bariton Johannes Martin Kränzle (Raphael, Adam) meisterte den geforderten Tonumfang vor allem in der Mittel- und Höhenlage. Eine bewegende Aufführung. Gleiches hat ein Wiener einst so empfunden: …ich werd in meim Lebn kein so schöne Musik mehr hörn…und hab auch die ganze Nacht von der Erschaffung der Welt tramt.“ Leonardy und seinen Mitstreitern ist das gelungen.

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