„Monsieur Claude und sein großes Fest“ neu im Kino Ohne Verwandte wäre das Leben nur halb so schlimm

Saarbrücken · Die französische Komödie „Monsieur Claude und sein großes Fest“ eröffnet am Freitag und Samstag die Open-Air-Reihe im Saarbrücker Filmhaus.

 Erstmal herrscht dicke Luft in der Verwandtschaft, von links: die Koffis (Pascal N‘Zonzi und Salimata Kamate), daneben die Verneuils (Chantal Lauby und Christian Clavier).

Erstmal herrscht dicke Luft in der Verwandtschaft, von links: die Koffis (Pascal N‘Zonzi und Salimata Kamate), daneben die Verneuils (Chantal Lauby und Christian Clavier).

Foto: dpa/Arnaud_Borrel

Mon Dieu! Ist die deutsch-französische Freundschaft nun doch nicht so tief und innig, wie man sich das wünscht – und wie es die Politik so gerne beschwört? Zumindest im französischen Film „Monsieur Claude und sein großes Fest“ zeigt sich doch ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Nachbarn: Da braust der deutsche Kunstsammler Helmut Schäfer (gespielt von Jochen Hägele) protzig mit wechselnden Porsches und ledernen Fahrerhandschuhen durchs französische Grün; deklamiert, zumindest in der französischen Originalfassung, sprachlich knarzige Sätze wie „Nein! Nein! Je suis sérieux!“ und will, so viel darf verraten werden, eine der weiblichen Hauptfiguren nach Bayreuth entführen und dort Richard Wagner hören, bis es ins Lotterbett geht.

„Man kann den Deutschen einfach nicht trauen“ ist dann auch einer der letzten Sätze des Films – gesagt vom titelgebenden Herrn Claude, einem konservativen Gaullisten, der anfangs noch verkündete, Frankreich und Deutschland seien „der Motor Europas“, später den Nachbarn aber als „Westgoten“ geißelt.

Stereotypen, Ressentiments, Vorurteile, Rassismus – das sind die Triebfedern der mittlerweile drei Komödien um das Ehepaar Claude und Marie Verneuil (Christian Clavier und Chantal Lauby). Vor allem der Göttergatte Claude sieht seine wohlgeordnete gallische Welt unweit der Loire regelmäßig von den Unbilden der Moderne bedroht: Im ersten Film „Monsieur Claude und seine Töchter“  (2014) wird er mit Schwiegersöhnen konfrontiert, die mit Hautfarbe und/oder Religion nicht seinen sehr engen Erwartungen entsprechen;  in der Fortsetzung „Monsieur Claude 2“ (2019) erschrecken ihn die Pläne der Töchter, in Länder auszuwandern, die eben nicht Frankreich sind. Nun, in „Monsieur Claude und sein großes Fest“, wie die Vorgänger inszeniert von Ko-Autor Philippe de Chauveron, steht der 40. Hochzeitstag der Verneuils an. Den wollen die vier Töchter zelebrieren, indem sie die Familien ihrer Ehemänner einladen: aus Israel, von der Elfenbeinküste, aus Algerien und aus China. Verneuils Schwiegersöhne sind nicht entzückt, denn das Verhältnis zu den Eltern, in deren Ehen es mitunter kriselt, ist angespannt.

Es wird also ziemlich voll im Städtchen Chinon, und die gegenseitigen nationalen Ressentiments („ich liebe Frankreich – das Problem sind die Franzosen“ sagt ein Verwandter aus Afrika) machen dieses Familientreffen mit geplanter Erneuerung des Ehegelübdes bei den Jubilaren nicht leichter. Zumal die Familien der Verneuil-Töchter mittlerweile nebeneinander wohnen und sich etwas auf die Nerven gehen – da löst ein Bäumchen, dessen Äpfel jenseits der Gartengrenze auf zierliche Petersilie fallen, eine große Krise aus.

Mit Tempo und mal mehr, mal weniger subtilem Witz schnurrt diese Komödie vor sich hin und schneidet viel an – wie ist das, wenn man als Liebespaar langsam aber sicher in die Jahre kommt? Wie sehr stehen einem die eigenen Vorurteile, was andere Kulturkreise angeht, im Weg? Wie soll man reagieren, wenn man Künstlerin ist und der Gatte mit den Werken voller Blut und Gedärm wenig anfangen kann? Ziemlich episodisch ploppen da Probleme auf, die rasch zur Zufriedenheit aller gelöst werden – unter anderem der Alkoholismus einer der Schwiegermütter. Manche Gags sind etwas lahm – etwa der „running gag“ über vegetarische Küche – andere flotter: etwa eine „Jesus war blond!“-Demo vor dem Amateurtheater, wo der Gottessohn von einem der Schwiegersöhne mit dunkler Hautfarbe gespielt wird und man angesichts des Mobs vor der Tür überlegt, ihn noch schnell umzubesetzen: Judas wäre doch auch eine gute Rolle, oder?

Das alles bleibt heiter bis freundlich, die Frequenz der Scherze ist hoch, auch wenn wohl nur wenige im Langzeitgedächtnis verbleiben werden. Sommerkino mit der sympathischen Botschaft, dargebracht in einer finalen Ballade, dass wir ja alle verschieden sind, aber doch auch irgendwie alle gleich – abgesehen vielleicht vom „Westgoten“ Helmut Schäfer, der hier keine Heimat finden wird. Er kann sich nur mit seinen Porsches und seinem Handy-Klingelton von Wagners „Ritte der Walküren“ trösten.

„Monsieur Claude und sein großes Fest“ läuft als Vorpremiere beim Open-Air-Kino im Saarbrücker Filmhaus am Freitag und Samstag ab 22 Uhr. Regulär startet der Film am kommenden Donnerstag.

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