Künstler Gunter Demnig Letzte Erinnerungen im Straßenpflaster

Memmingen/Saarbrücken · Künstler Gunter Demnig, dessen „Stolpersteine“ auch im Saarland zu sehen sind, hat jetzt das 75 000. Exemplar verlegt.

  Saarbrücken 2010: Gunter Demnig (l.) verlegt mit der damaligen Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) und Richard Bermann von der Synagogengemeinde Saar den ersten Saarbrücker „Stolperstein“. Am Rathausplatz 7 wohnten Paula Loeb und Emilie Kaiser, die von den Nazis ermordet wurden.

Saarbrücken 2010: Gunter Demnig (l.) verlegt mit der damaligen Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) und Richard Bermann von der Synagogengemeinde Saar den ersten Saarbrücker „Stolperstein“. Am Rathausplatz 7 wohnten Paula Loeb und Emilie Kaiser, die von den Nazis ermordet wurden.

Foto: Iris Maurer

Nach der Verlegung des 75 000. Exemplars in Memmingen möchte Künstler Gunter Demnig noch viele „Stolpersteine“ verlegen, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. „Wenn die Knie mal nicht mehr mitmachen, dann komme ich eben mit meinem Rollator und meinem eingebauten Hammer und verlege die Steine so“, sagte der 72-Jährige der „Augsburger Allgemeinen“.

„Auch wenn jeder Stolperstein ein Stein zu viel ist, freue ich mich über jeden Namen, den ich zurückbringen durfte“, betont Demnig: „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Die meisten Opfer hätten weder Grab noch Grabstein. Mit dem „Stolperstein“ hätten die Angehörigen wenigstens einen Ort, an dem sie trauern könnten. Der Künstler ist nach eigenen Angaben 270 Tage im Jahr unterwegs, um gegen das Vergessen zu kämpfen. Manchmal besuche er drei Orte an einem Tag. Bis heute fertige er jeden Stolperstein selbst an: „Mir ist das sehr wichtig, dass die Platten nicht in einer Fabrik hergestellt werden“, ergänzte der 72-Jährige: „Auschwitz war eine Fabrik. Wir machen das alles selbst.“

Demnigs 75 000. „Stolperstein“ erinnert an Martha und Benno Rosenbaum. Ihre Wohnung in Memmingen war 1938 von den Nationalsozialisten verwüstet worden. Vor einer möglichen Deportierung und Ermordung flohen sie 1941 nach Montevideo, wo sich Benno Rosenbaum 1944 das Leben nahm.

Die kleinen, ins Straßenpflaster eingelassenen Messingtafeln sind zehn mal zehn Zentimeter groß und sollen an von den Nationalsozialisten verfolgte und ermordete Menschen erinnern. Das Projekt gilt als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Ab 2020 sollen zwei Stolpersteine im Kunstmuseum in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ausgestellt werden.

Als er 1996 in Berlin mit der Aktion begonnen hatte, „dachte ich, dass es vielleicht 1000 Stolpersteine werden würden“, sagte Demnig 2018 anlässlich der Verlegung des 70 000. Steins in Frankfurt. Inzwischen liegen „Stolpersteine“ in fast 2000 Gemeinden in Deutschland und in mehr als 25 weiteren Ländern.

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